Im Exorzistenprozess stellt die Verteidigung zusätzliche Anträge. Foto: Pascal Thiel

Im Vergewaltigungsprozess gegen einen 55-jährigen islamischen Heiler hält die Verteidigung eine Sachverständige für befangen. Die Richterin beraumt drei weitere Verhandlungstage an.

Schorndorf - Im Prozess gegen einen 55-jährigen Religionsgelehrten aus Bosnien, dem vor dem Landgericht in Stuttgart vorgeworfen wird, eine 17-jährige Frau in Schorndorf und Stuttgart bei einer Art Dämonenaustreibung sexuell missbraucht, vergewaltigt und verletzt zu haben, wird es voraussichtlich drei weitere Verhandlungstage geben. Bei der jüngsten Verhandlung hat der Verteidiger des vermeintlichen Heilers von Besessenheit verschiedene Anträge gestellt. Unter anderem hält er eine Sachverständige für befangen, die ein Gutachten über Aussage und Glaubhaftigkeit des Opfers gestellt hat, das bei dem Prozess als Nebenklägerin beteiligt ist. Er fordert ein neues Gutachten.

Diagnose: gefährlicher Dämon

Die 17-jährige Tochter eines in Stuttgart lebenden muslimischen Paares hatte offenbar von Kindestagen an Herzprobleme, die sich trotz ärztlicher Behandlung nicht besserten. Über eine Cousine, die der Verteidiger nun in einem weiteren Antrag als zusätzliche Zeugin vor Gericht befragen will, waren die Eltern in Kontakt mit dem islamischen Heiler aus Bosnien gekommen. Über das Internet-Bildtelefon Skype hatte dieser die 17-Jährige Ende 2015 erstmals in Augenschein genommen. Seine Diagnose: Sie sei von einem gefährlichen Dämon besessen, der sie – so auch die Beschreibung des Opfers – ständig vergewaltige.

Bei der „Dämonenaustreibung“ im Januar ist es dann offenbar zu den nun angeklagten massiven sexuellen Übergriffen des 55-Jährigen gekommen. Unter anderem hat es der Exorzist – auch nach eigener Aussage – für notwendig befunden, eine rituelle Gebärmutterdrehung per manuellem Eingriff vorzunehmen, um den Verbleib des Dämons zu unterbinden.

Staastsanwalt: Befangenheitsantrag ist „ein starkes Stück“

Am jüngsten Prozesstag hat nun der Verteidiger einen Befangenheitsantrag gegen die Gutachterin gestellt, die zur Glaubhaftigkeit der Aussage des Opfers Stellung genommen hatte. Diese sei mit vorgefasster Schuldannahme gegen seinen Mandaten in die Begutachtung gegangen. Außerdem entspreche ihr Gutachten in keiner Weise den Anforderungen. Letztlich sei nicht auszuschließen, dass es sich bei den Vorwürfen um eine „Falschbeschuldigung“ wegen der mit den Maßnahmen einhergehenden und in islamischen Kreisen als katastrophal empfundenen Entjungferung gehe. Der Staatsanwalt nannte den wortreichen Befangenheitsantrag schlicht „ein starkes Stück“ und lehnt ihn ebenso ab wie eine weitere Zeugenbefragung. Der Prozess wird am 28. Oktober fortgesetzt.