Dieses Gelände des Innenministeriums wird für 26,5 Millionen Euro an die Firma Breuninger verkauft und neu bebaut. Foto: Petsch

Das Neue Schloss könnte zum dauerhaften Regierungssitz des Ministerpräsident werden.

Stuttgart - Eine neue Staatskanzlei für Ministerpräsident Winfried Kretschmann und seine Mitarbeiter wird es am Karlsplatz nicht geben. Die früheren Überlegungen sind erledigt, weil das Land am Da-Vinci-Projekt der Firma Breuninger nur noch als Mieter beteiligt sein will.

Eine Staatskanzlei über Läden für Edelkleidung oder Luxushandtaschen und über einem Nobelrestaurant? So etwas kommt für Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und seine Berater offenbar nicht infrage. Da Breuninger-Chef Willem G. van Agtmael sich in den geplanten Neubaukomplexen am Karlsplatz aber eine Öffnung der Fassaden zum Karlsplatz hin durch Einzelhandel und Gastronomie wünschte, lag das Resultat nahe: Breuninger will das Quartier am Karlsplatz jetzt allein erneuern, das Land mietet in oberen Stockwerken Büros an.

Damit ist jetzt so gut wie sicher: Falls Kretschmann dauerhaft in der Innenstadt arbeiten will, wird das im Planieflügel des Neuen Schlosses sein, den das Kultusministerium frei macht. Im Planieflügel werden Teile des Staatsministeriums, kurz Stami genannt, um Kretschmann wohl schon im Herbst 2012 einziehen. Die Villa Reitzenstein auf der Gänsheide muss saniert werden, und der Erweiterungsbau kann in der jetzigen Form auch nicht mehr genutzt werden. Offen ist, ob Kretschmann wieder auf die Gänsheide zurückkehren wird.

Markenzeichen des Bauwesens in Stuttgart

"Wir prüfen jetzt zwei Lösungen", sagte Staatssekretär Klaus-Peter Murawski am Freitag auf Anfrage. Die eine Variante ist, dass der Ministerpräsident im Planieflügel bleibt. Die Alternative: Der Regierungschef kehrt in die Villa Reitzenstein zurück, und der einst nach Plänen von Peter Conradi entstandene Erweiterungsbau ist durch einen Neubau ersetzt. Nicht durch einen x-beliebigen Bau, sondern durch ein Holzgebäude, das ohne fossile Energie auskommt, keine schädlichen Emissionen abgibt und dessen Baumaterialien wieder verwendbar sind. "Triple Zero" nennt OB Wolfgang Schuster diesen Dreifacheffekt, den er mit Bauingenieur Werner Sobek zu einem Markenzeichen des Bauwesens in Stuttgart machen will.

Möglichst noch im Dezember, spätestens aber im Frühjahr will Kretschmann eine Entscheidung treffen. Das Ergebnis beeinflusst nämlich den Umzug. Falls Kretschmann auf die Höhe zurückkehren wird, können vier Stami-Abteilungen gleich auf der Gänsheide bleiben. Falls Kretschmann nicht zurückkehrt, soll das halbe Dutzend Stami-Standorte auf der Gänsheide im Herbst 2012 komplett geräumt werden.

Wer dann nicht im Neuen Schloss unterkommt, könnte im Commerzbank-Gebäude (früher Dresdner Bank) am Schlossplatz einen Arbeitsplatz finden, später vielleicht auch einmal im Neubau am Karlsplatz. "Normale Büros über Läden und Lokalen wären dort vertretbar", sagt Murawski. Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid will sich noch nicht auf ein bestimmtes Ministerium festlegen.

Neues Gebäude in 1-a-Lage

Am Karlsplatz könnten "fußläufig zum Landtag weitere Ministerien untergebracht werden", hatte er am Donnerstag erklärt. Beim Verkauf des Innenministerium-Gebäudes Dorotheenstraße6, das der Neuordnung weichen muss, sichere man sich die spätere Anmietung von neu gebauten Büros.

Was von Schmids Ministerium zunächst noch als "Mietoption" bezeichnet worden war, ist nach dem Eindruck einiger Landtagsabgeordneter und in Aktennotizen der Landesverwaltung aber sehr viel mehr. Dort ist von einem "Mietvorvertrag über 20.000 Quadratmeter zu einem fixierten Preis" die Rede. Dabei handelt es sich nach Informationen unserer Zeitung um 20 Euro pro Quadratmeter und Monat. Im Finanzausschuss des Landtags entspann sich in nichtöffentlicher Sitzung eine Diskussion darüber. Der Aufhänger: Das Kultusministerium soll für rund 14.000 Quadratmeter an der Lautenschlagerstraße nur je 14 Euro bezahlen. Die Finanzverwaltung gab Entwarnung. Im Postquartier handle es sich nicht um einen kompletten Neubau. Am Karlsplatz entstehe ein ganz neues Gebäude in 1-a-Lage. In beiden Fällen handle es sich um Bruttopreise. Breuninger müsse noch Mehrwertsteuer abführen. Der Landesrechnungshof soll auch grünes Licht gegeben haben,

Anders als der Mietpreis sei der Kaufpreis von 26,5 Millionen Euro für den Sitz des Innenministers unstrittig gewesen, verlautete aus dem Finanzausschuss. Hier geht es um 3900 Quadratmeter. 6800 Euro pro Quadratmeter entsprächen dem Verkehrswert, hieß es. Vom Maß der baulichen Nutzung, den Breuninger mit der Stadt aushandeln muss, hänge der Kaufpreis nicht ab, meinen die Abgeordneten. Die Firma Breuninger äußerte sich auf Anfrage nicht.