Farbenfrohe Fassaden: Die Häuser von Willemstad leuchten in der karibischen Sonne. Foto: Tilo Grellmann/Fotolia

Auf der Karibikinsel Curaçao treffen Europa, Afrika und Südamerika, Natur und Kultur, Urlaub und Alltag aufeinander - der Mix macht’s.

Willemstad - „Kon ta bai?“ - „Bon, danki!“ Das klingt, als habe jemand Brocken der niederländischen, portugiesischen, spanischen und englischen Sprache sowie etliche Wörter aus westafrikanischen und indianischen Sprachen in einen Topf geschüttet und das Ganze unter kräftigem Rühren fünf Jahrhunderte lang leise köcheln lassen. „Kon ta bai?“ - „Bon, danki!“ („Wie geht es dir?“ - „Danke, gut!“): Auch wenn man auf Curaçao mit fast allen Menschen Englisch sprechen kann, sollte man doch auch ein paar Wörter und Sätze der so wundervoll bunten Sprache Papiamentu sagen und verstehen können. Denn allein deren Klang, Charakter und Zusammensetzung verrät viel über die etwa 40 Nationen, die hier auf der Karibikinsel zusammenleben. Auch sonst sollte man das Vermischte mögen, das dieses etwa 61 Kilometer lange und zwischen fünf und 14 Kilometer breite Land ausmacht.

Zum Beispiel in der Küche: Da finden sich neben der Frikandel (Frikadelle), einer Hinterlassenschaft der prägenden einstigen Kolonialmacht Niederlande, einfache afrikanische Gerichte wie etwa Maisbrei in den wildesten Varianten, außerdem Kreolisches, Asiatisches, Südamerikanisches, europäische Mittelmeerküche, außerdem inseltypische Spezialitäten wie etwa Leguan- oder schleimige Kaktussuppe. Dass die Fische, die rings um die Insel leben, auf den Speisekarten der Restaurants nicht besonders reichlich vorkommen, ist eine der erstaunlichsten Eigenarten der größten Insel der Niederländischen Antillen. Curaçao, neben den beiden weiteren der sogenannten ABC-Inseln, Aruba und Bonnaire, in Sachen Tourismus am ambitioniertesten, lebt vom Nebeneinander der Kontraste.

Wer zehn Flugstunden von Deutschland und 60 Kilometer vom venezolanischen Festland entfernt europäische Standards (und Sicherheit!) neben einem 27 Grad warmen Meer und bei nahezu konstanten 28 bis 32 Grad Lufttemperatur haben will, der ist auf Curaçao richtig. Er bezahlt dafür allerdings (mit niederländischen Antillengulden oder mit amerikanischen Dollar) etwa ebenso viel wie daheim. Sogar das Preisniveau der Supermärkte bewegt sich auf deutschem Niveau. Für Einheimische mit einem monatlichen Durchschnittseinkommen von etwa 1000 Dollar ist das eine echte Herausforderung. Europäer hingegen dürfen sich darüber freuen, dass sie hier auch im ewigen Hochsommer Spekulaas (Spekulatius) sowie Gouda-Käse in fast allen Reifegraden bekommen. Erst 2010 trat Curaçao aus dem Verband der Niederländischen Antillen aus, dem es seit 1954 angehört hatte, wird außenpolitisch aber immer noch von der einstigen Kolonialmacht vertreten.

Überall blättert der Putz

Jeder Einwohner von Curaçao hat einen niederländischen Pass - und dieselben Rechte wie EU-Mitglieder. Die amtierende Gouverneurin der Insel ist vom holländischen König ernannt worden. Passenderweise heißt die Hauptstadt der zurzeit von gut 153 000 Menschen bewohnten Insel Willemstad und sieht aus wie Amsterdam in sehr klein und sehr bunt. Ein früherer Gouverneur hat diese Lust an der Farbe gesetzlich angeordnet; ob er dies tat, weil er außerdem Eigentümer der örtlichen Farbenfabrik war, ist bis heute umstritten. Auch der Zustand der Gebäude in Willemstad erinnert nicht unbedingt an die niederländische Metropole: Überall blättert der Putz; die Gründe für den Verfall, den die Einheimischen als „Mauerkrankheit“ bezeichnen, kann man sogar schmecken - salzig sind die Häuser dort. Bunt ist im Übrigen nur die eine Seite der Stadt, die 1998 den Status Unesco-Weltkulturerbe erhielt.

Auf dieser Seite legen die Kreuzfahrtschiffe an, die vor allem in der Hauptsaison zwischen Ende November und Ende April jährlich etwa eine halbe Million Touristen, darunter ein Drittel aus den Niederlanden, auf die Insel bringen. Die bleiben meist nur einen Tag, gehen einkaufen und fotografieren: die riesige Königin-Emma-Brücke, die weltweit einzige fahrbare Pontonbrücke aus Holz, die repräsentativen Häuser der Handelskade oder den schwimmenden Markt mit den Schiffen der Obst- und Gemüsehändler aus Venezuela. Manche trinken einen der mit (Kondens-)Milch und Zucker versetzten Frucht-Smoothies, die an Ständen als Batidos verkauft werden. Manche dringen sogar vor bis zu den Garküchen in der alten Markthalle, wo auf Holzbänken gesessen, Ziegenfleisch gegessen und sehr viel und laut gelacht wird. Das andere Curaçao ist auf der anderen Seite der Brücke.

Den blauen Likör trinken nur Touristen

Es dampft aus hohen Schloten, es riecht nach Öl, fetten Gewinnen und ausgeprägter Landflucht. Seit 1918 gibt es die Erdölraffinerie auf der Insel, seit 1985 gehört sie einer venezolanischen Firma, und die Arbeitsmöglichkeiten auf dem 440 Hektar großen Gelände haben mit dafür gesorgt, dass auf Curaçao mittlerweile kaum mehr Landwirtschaft und Fischfang betrieben werden. Jede Zitrone, die für das erfrischende Awa di lamunchi (Zitronenwasser) ausgepresst wird, ist importiert, ebenso fast jeder Fisch. Je nach Richtung und Stärke des Windes kriecht einem die Industrie auch an den touristischen Orten der Umgebung regelrecht in die Nase - am wenigsten sicherlich an den kleinen Stränden der sogenannten Banda Abou im Nordwesten der Insel, die mit Vorliebe von bizarren Felsen umsäumt sind. Dort erlebt man dann Natur pur: mit kristallklarem Wasser, in dem sich ein Himmel spiegelt, der fast so blau ist wie jener Likör, den hier aber nur Touristen trinken. Im Wasser kann man schnorchelnd und tauchend Fischschwärme entdecken.

Man kann sich aber auch einfach von den sanften Wellen schaukeln lassen - und dabei vergessen, wie sehr man an Land eben noch unter der hohen Luftfeuchtigkeit gelitten hat, die nach den kurzen, aber heftigen Regenfällen im Winter auf über 75 Prozent ansteigen kann. Von den Tierarten, die - teils ausschließlich - auf Curaçao beheimatet sind, machen sich vor allem die kleinen gelb-schwarzen Zuckervögel bemerkbar, die sich in Cafés oft in Scharen auf Kuchenteller stürzen. Auch dem Trupial mit seiner orangefarbenen Brust und den schwarz-weißen Flügeln begegnet man häufig. Flamingos findet man an den Staubecken unweit der Küste, an denen seinerzeit Sklaven Meersalz gewannen. Am Meer selbst sieht man Pelikane, und vor allem in den Gärten der Hotelanlagen fühlt sich der schmetterlingsgroße Kolibri zu Hause. Neben Wassersportlern trifft man auf Curaçao - vor allem in den beiden Nationalparks - auch einige Wanderer.

Wer sich für die Rolle der Insel als Zwischenstation der Sklavenhändler interessiert, sollte sich Zeit nehmen für das Kura-Hulanda-Museum. Und wer Lust hat, den heutigen Alltag auf der Insel kennenzulernen, der kann eine Aloe-vera-Plantage besuchen oder durch den Kräutergarten von Dinah Veeris spazieren. Er kann auch beim Schlagzeuger Pernell karibische Rhythmen und Trommeln kennenlernen. Oder das Instituto Buena Vista besuchen, das auf dem Gelände einer psychiatrischen Klinik Jugendliche mit Kunst oder auch Kunst und Gesellschaft zusammenbringt. Ähnlich ambitioniert ist Serena’s Art Factory, wo junge Frauen dralle Figuren (Chichis) bunt und individuell bemalen, die den Nanas der Malerin und Bildhauerin Niki de Saint Phalle ähneln. Auch diese Projekte passen zu einer Insel, die immer wieder von neuem den Beweis antritt, dass sich Gegensätze anziehen.

So wird das Wetter für die Weltreise

Infos zu Curaçao

Anreise
Air Berlin fliegt jeden Dienstag nonstop von Düsseldorf nach Curaçao und zurück, www.airberlin.com . Oder mit der Lufthansa von Frankfurt a. Main, www.lufthansa.de

Unterkunft
Blue Bay Curaçao Golf & Beach Resort, www.bluebay-curacao.com : Suite je nach Saison 168-232 Euro/Nacht; kleines Haus mit 3 Schlafräumen 232-296 Euro pro Nacht.

Stadthotel Bijblaauw in Willemstad, www.bijblauw.com : DZ ca. 100 Euro, Suite mit Terrasse und Meerblick 210 Euro.

Allgemeine Informationen
http://urlaub-curacao.net/

Preise
Hauptgericht im Restaurant: 7-25 Euro. Bier: 2-3 Euro. Cappuccino 2,50-3 Euro. Taxipreise vergleichbar mit deutschen Tarifen.