Die kristalline Modedroge Crystal Meth – aufputschend und gefährlich Foto: dpa

Nur 17 Fälle von Crystal Meth seien 2013 festgestellt worden, teilt das Landeskriminalamt in seinem Jahresbericht mit. Folgerung: Die synthetische Killerdroge spielt hier kaum eine Rolle. Doch nun hat das LKA das erste Todesopfer aus der Region Stuttgart auf seiner Liste.

Nur 17 Fälle von Crystal Meth seien 2013 festgestellt worden, teilt das Landeskriminalamt in seinem Jahresbericht mit. Folgerung: Die synthetische Killerdroge spielt hier kaum eine Rolle. Doch nun hat das LKA das erste Todesopfer aus der Region Stuttgart auf seiner Liste.

Stuttgart - Für das Landeskriminalamt ist der junge Mann der erste Tote, der im Zusammenhang mit der synthetisch hergestellten Modedroge Crystal Meth ums Leben gekommen sein soll. Das Opfer habe den Stoff mit verschiedenen anderen Rauschgiften konsumiert, bestätigt ein LKA-Sprecher. Dabei handelt es sich nach Informationen unserer Zeitung um einen 20-Jährigen aus dem Kreis Ludwigsburg, der vor einigen Monaten im Raum Backnang starb. Ein toxikologisches Gutachten soll die genaue Todesursache klären.

Ein ehemaliger Konsument sagt: „Wenn die Polizei die Gefahren dieser Droge unterschätzt, ist sie dumm.“ Dumm ist freilich nicht der richtige Ausdruck für den Umgang der Behörden mit der künstlichen Killerdroge, die vor allem über Tschechien nach Deutschland gelangt. Der Begriff lückenhaft trifft eher zu: Denn die Datenbanken des baden-württembergischen LKA sind bisher mit zu niedrigen Zahlen zum Thema gespeist worden.

Kaum ein Polizeipräsidium im Land hat das Methamphetamin, so die chemisch korrekte Bezeichnung, im letzten Jahr gesondert katalogisiert – sondern dem Überbegriff Amphetamin zugerechnet. Der statistische Drogenmix hat das LKA aber nicht davon abgehalten, genaue Zahlen über Crystal Meth zu veröffentlichen: 17 Fälle im Jahr 2013.

Eine Stichprobe beim Polizeipräsidium Stuttgart ergibt nichts Konkretes: „Irgendwas im einstelligen Bereich“, sagt ein Sprecher und bestätigt, dass Crystal Meth auch erst seit 2014 katalogisiert wird. Weitere Stichproben in anderen Polizeipräsidien im Land ergeben meist einstellige Fundzahlen, an die sich die Rauschgiftdezernate jeweils für die vergangenen Jahre erinnern.

Das ist nicht präzise. Dafür ist Crystal Meth auch hier im Land auf dem Vormarsch. Das zeigt ein Drogenfund, den die Polizei im März in Ludwigsburg machte: 1,5 Kilo – die größte Menge, die bisher in Baden-Württemberg sichergestellt wurde. Der Stoff war von Tschechien auf dem Weg nach Karlsruhe. Laut Polizei sind die Drogenhändler asiatischen Tätergruppen zuzurechnen.

Verglichen mit Bayern, das an Tschechien angrenzt, ist die Lage im Land noch relativ ruhig. Dass sich die Rolle der neuen synthetischen Droge aber verändert, bestätigen Suchtberatungsstellen – wie Release. In Stuttgart soll jeder siebte Drogensüchtige, der die Anlaufstelle besucht, auch schon Erfahrungen mit Crystal Meth gemacht haben. „Meist betreiben die Menschen, die damit in Berührung kamen, einen exzessiven Mischkonsum mit vielen andere Drogen“, sagt Release-Geschäftsführer Ulrich Binder.

Die Polizei hält sich trotz bisheriger statistischer Unschärfen für gut vorbereitet. Zumindest die Datenlücken sollen geschlossen werden: „Auf Anstoß der betroffenen Bundesländer wird 2014 in der Polizeistatistik zwischen den verschiedenen Erscheinungsformen besser unterschieden,“ sagt LKA-Sprecher Ulrich Heffner. Für 2015 verspricht sich die Polizei einen präziseren Blick auf Methamphetamin. „Man muss auch bedenken, dass die Polizei flächendeckend geschult werden muss“, sagt Heffner.

Nachholbedarf beim Kampf gegen die Crystal-Meth-Welle sieht Frank Buckenhofer, Vorstand der Bezirksgruppe Zoll in der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Noch sind Sachsen und Bayern die Brennpunkte“, sagt er, „aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis Crystal auch in anderen Bundesländern zum Riesenproblem wird.“ Konkret müssten Zoll und Polizei enger verzahnt, die Verbindungen deutscher und tschechischer Behörden ausgebaut werden.

Dabei schwappen schon die nächsten Drogen ins Land: Kräutermischungen mit teils hochgiftigen Stoffen, sogenannte „Legal Highs“. Die Mischungen wirken wie Rauschgift, sind aber häufig noch nicht im Betäubungsmittelgesetz auf dem Index verbotener Substanzen gelandet. Bei diesen neuen psychoaktiven Substanzen hat das Landeskriminalamt in diesem Jahr bereits drei Tote im Land registriert.

Die Kripo hofft, dass es mit Crystal Meth so kommt wie in den 90er Jahren mit Crack – einer hochgefährliche Mischung aus Kokain und Backpulver, die damals die Vereinigten Staaten heimsuchte. Diese Drogen-Seuche immerhin kam in Baden-Württemberg nie so richtig an.