Tedros Teclebrhan auf der Bühne Foto: Frank Dicks/ZDF

Ein Youtube-Video hat Tedros Teclebrhan bekannt gemacht. Nun startet der Schauspieler durch.

Köln - Das Internetvideo "Integrationstest" und sein Spruch "Was labersch du" machten Tedros Teclebrhan dieses Jahr berühmt. Viele sehen seine Comedy als Statement zur Integrationsdebatte. "Völlig überinterpretiert", sagt der Schauspieler aus dem schwäbischen Mössingen, der nicht als Vorzeigemigrant herhalten will.

Es gibt Journalistenfragen, auf die will Tedros Teclebrhan nicht mehr antworten. Auf Fragen nach seiner Biografie zum Beispiel. Wie es war, als Flüchtlingskind aus Eritrea in Mössingen aufzuwachsen, am Rande der Schwäbischen Alb. Dann wendet der sonst so Verbindliche und Lockere seinen Körper vom Gegenüber ab, guckt in eine andere Richtung, wird einsilbig, weil er zu wissen meint, worauf die Frage abzielt. "Wenn jetzt wieder das Thema Integration kommt, werde ich nicht darauf antworten", sagt er. Kürzlich sei ein Porträt über ihn erschienen, "ein sehr schönes", aber als er das Wort Asylbewerber gelesen habe, dachte er: "Krass, so sehe ich mich gar nicht mehr."

You-Tube-Video macht ihn bekannt

Nein, die Aufsteigergeschichte vom vaterlosen Migrantenkind zwischen zwei Kulturen, das nach der Hauptschule nicht wusste, wohin mit sich und schließlich dank Freunden, die sein spielerisches Talent erkannten, seinen Weg auf der Stuttgarter Schauspielakademie Crearte fand, will Teclebrhan nicht mehr erzählen. Er, heute 27, will nicht als Vorzeigemigrant gesehen werden: "Jeder hat doch mal Schwierigkeiten. Jeder muss gucken, wie er zurechtkommt. Jeder muss sich einfach mal entscheiden." Vielleicht hat er auch nur an diesem Tag keine Lust auf solche Themen. Er ist mit dem Zug von seiner Wahlheimat Köln nach Stuttgart gekommen. Er wird eine Episodenrolle für "Soko Stuttgart" drehen. Jetzt sitzt er, der sich als Teddy vorstellt, in der Herbstsonne - roter Pulli, Jeans, Schiebermütze - und findet alles "total entspannt". "Mir geht's gut, ich bin glücklich in Deutschland. Jedes Mal dieses Thema, das ist einfach anstrengend. In meinem Leben ist ja viel mehr passiert."

Das stimmt, vor allem im letzten halben Jahr. Aber eben deshalb drängt sich das Integrationsthema auf. Denn Teddy Teclebrhan wurde mit einem You-Tube-Video bekannt, in dem er Antoine, den Deutschen mit Migrationshintergrund - wieder so ein Wort, das er nicht mag -, spielt. Auch wenn er vorher schon in der SWR-Serie "Laible & Frisch" den Tankstellenpächter Peter Gesesse gab. Auch wenn ihn seine Rolle als Seaweed J. Stubbs in "Hairspray" dem Musical-Publikum bekannt machte. Täglich auf der Straße angesprochen und um Fotos gebeten wird er erst, seit sein Video "Umfrage zum Integrationstest (was nicht gesendet wurde)" auf der Internetplattform You Tube steht. Von Mai bis heute wurde es mehr als zehn Millionen Mal geklickt.

Der Inhalt: Antoine, ein Typ mit weißem Muskelshirt und blondiertem Oberlippenbärtchen, beantwortet einem Fernsehteam Fragen zu Deutschland. Angelo Merte heißt bei ihm der amtierende Bundeskanzler, dessen Vorgänger Hitler, und Luxemburg ist die Hauptstadt von Deutschland. Teclebrhan spielt die Figur so überzeugend - von der Art, sich das Handy schräg unters Kinn zu halten, über den "Was labersch du"-Refrain, bis zu den federnden Bewegungen -, dass viele das Video anfangs für echt hielten. Und das ist vielleicht das Interessanteste und Überraschendste daran. Denn Comedy auf Kosten der vermeintlichen Multikultigesellschaft gab es auch schon vorher.

Antoine ist nicht seine einzige Rolle

Einige Journalisten sahen das Video und die Reaktionen darauf denn auch als Spiegel für die deutsche Integrationspolitik. "Völlig überinterpretiert", sagt Teclebrhan und betont schnell - und wieder mit jener Abkehrbewegung -, dass er kein politisch denkender Mensch sei. "Ich wollte einfach nur Leute zum Lachen bringen. Der Integrationstest war der Rahmen, um Comedy zu machen. Ich hätte auch eine Szene in einer Bäckerei nehmen können."

Dass das nicht nur Koketterie ist, dafür spricht, dass Teclebrhan in seinen Filmchen, die er regelmäßig ins Internet stellt, noch andere Charaktere gibt. Er ist Ringo Fleischer, ein rechter Prolet aus dem Osten ("Wer ist denn die schöne Frau?"), Ernst Riedler, der Urschwabe ("Sarrazin hat recht") oder Lohan Cohan, ein grenzdebiler englischsprachiger Superstar aus dem Musikgeschäft ("Ich liebe euch"). Die Figuren schwadronieren über sich und die anderen. Das ist oft, jedoch nicht immer überzeugend gespielt, aber immer gut beobachtet.

Teddys Zeit ist gekommen

Menschen und ihre Eigenheiten habe er schon als Jugendlicher beobachtet und versucht nachzumachen, sagt Teclebrhan. "Das ist ein innerliches Ding, das dich ruft." Vorhin im Zug habe er einen Typ im Anzug am Laptop beobachtet, den ein paar kreischende Kinder störten, der sich aber nichts zu sagen traute. Nur immer wieder ganz nervös seinen Nacken kratzte. Teddy guckte einfach zu. Er sei kein Begutachter, er wolle nicht werten, erklären, sondern - man ahnt es - nur unterhalten. Auch sein Gegenüber scheint Teclebrhan ständig zu beobachten, unverwandt blickt er einem ins Gesicht. Aber seine Aufmerksamkeit hat Lücken. Ab und an taucht er plötzlich wie aus einem Wachtraum auf ("Wie war die Frage?", "Wie heißt du noch mal?"). Man nimmt es ihm in seiner Mischung aus Dandy, Kumpel und großem Jungen nicht übel.

Ganz da ist er hingegen, wenn es um die Schauspielerei geht, über die er angenehm pragmatisch spricht: "Absurdes Theater ist halt schon geil." Er scheut sich auch nicht, auf die Frage nach Vorbildern erst mal jene Stars zu nennen, die jeder kennt, wie Anthony Hopkins, Robert de Niro, Denzel Washington, bevor er zu Ulrich Tukur kommt und den jungen Theaterschauspielern, deren Namen er sich nicht merken kann.

Momentan - so lässt es sich zumindest an - ist die Zeit des Teddy Teclebrhan gekommen. Der Internetrummel hat ihm allerhand Schauspielangebote gebracht, auch ein Kinoprojekt, über das er noch nicht sprechen kann. Im kommenden Jahr soll die "Teddy's Show" starten, ein Fernsehformat mit Livepublikum, -musik und all seinen Charakteren. Mit dem Piloten hat er kürzlich einen Wettbewerb auf dem Digitalkanal ZDFneo gewonnen, bei dem die Zuschauer abstimmen konnten. Manche Kritiker haben diesen Erfolg nur auf seine Internetbekanntheit zurückgeführt, die "FAZ" bezeichnete seine Performance als "Schmalspurausgabe der Gags, mit denen Kaya Yaner einmal angefangen hat". Mit Kritik könne er leben, sagt Teclebrhan. Denn die zehn Millionen Klicks hätten ihm die Erlaubnis gegeben, er selbst zu sein. "Die Leute haben gelacht", sagt er. Und mehr wollte er ja auch nicht.