Die Kontrolleure sind in der Asien-Perle Backnang auf Ratten gestoßen – zuletzt im Januar (Symbolbild). Foto: Zoologische Staatssammlung

Ein asiatisches Lokal im Rems-Murr-Kreis kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus. Erst durch ein Gewaltverbrechen, jetzt durch eine Gerichtsverhandlung wegen äußerst unappetitlicher Zustände.

Backnang - Die Zustände, welche die Lebensmittelkontrolleure des Landratsamts bei ihrem unangekündigten Besuch im August des vergangenen Jahres in dem Backnanger China-Restaurant Asien-Perle vorgefunden haben, müssen mehr als unappetitlich gewesen sein: Nahezu der gesamte Betrieb, der zuletzt wegen der Ermordung seiner Seniorchefin in die Schlagzeilen geraten war, sei von Ratten befallen gewesen. In der Küche, in Lager-, Kühl- und Nebenräumen fanden sich Exkremente und andere Spuren der Nager. Auch ansonsten hatte man es mit der Hygiene offenkundig nicht so genau genommen.

Missstände beseitigt – aber nur vorübergehend

Der Betrieb reagierte mit einer Grundreinigung, eine Nachkontrolle wenige Tage danach zeigte, dass die Verantwortlichen die Missstände beseitigt hatten. Doch schon zwei Monate später offenbarte sich den Kontrolleuren erneut ein derart verheerendes Bild, dass sie sich zu einer sofortigen, wenn auch vorübergehenden Schließung des Restaurants veranlasst sahen. Wieder waren Exkremente, Dreck und Schimmel gefunden worden – sowie Lebensmittel, die angebrochen und offen gelagert worden waren. Erneut wurde ein beanstandungsfreier Zustand hergestellt. Doch wieder, im Januar dieses Jahres, gab es einen Rückfall in alte Zustände.

Dem Geschäftsführer des Restaurants hat das einen Strafbefehl über 140 Tagessätze zu je 40 Euro eingebracht. Weil er dagegen Widerspruch eingelegt hatte, wurde die Angelegenheit am Montag im Amtsgericht Backnang verhandelt. Die Anklage der Staatsanwaltschaft lautete auf ein „vorsätzliches Vergehen nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetz“. In der Verhandlung sprach der Staatsanwalt von „drei Fällen, in denen Lebensmittel in einem ekelerregenden Zustand in den Verkehr gebracht“ worden seien.

Richter: Mordfall eine Erklärung, aber keine Entschuldigung

Lange dauerte der Prozess allerdings nicht. Der 31-jährige Angeklagte ließ durch seinen Verteidiger verlauten, dass er die ihm vorgeworfenen Sachverhalte gar nicht bestreite, er aber die Höhe der Strafe für nicht angemessen halte. Der Rechtsbeistand bat um Verständnis für die besonders schwierige Lebenssituation seines Mandanten. Dessen Mutter und frühere Seniorchefin des Unternehmens war im vergangenen Jahr ermordet worden. Dies, die Vernehmungen der Polizei und der aktuell laufende Landgerichtsprozess gegen die mutmaßlichen Mörder hätten ihn so in Anspruch genommen und traumatisiert, dass er sich nicht in ausreichendem Maße um die Geschäfte habe kümmern können.

Dieser Umstand sei sowohl dem Gericht als auch der Staatsanwaltschaft bewusst, erwiderte der Amtsrichter Marco Siever. In dem Strafbefehl schwinge wohl auch deshalb „sehr viel Wohlwollen mit“. Aber man müsse die Dinge trennen: Die Traumatisierung des Angeklagten sei vielleicht eine Erklärung, wie es über einen so langen Zeitraum wiederholt zu derart gravierenden Verstößen habe kommen können, nicht aber eine Entschuldigung dafür.

Er sehe bei dem Strafmaß „keinerlei Spielraum nach unten“, stellte Siever in einer vorläufigen Bewertung der Anklage klar und warnte, dass man für die Taten durchaus auch eine Freiheitsstrafe als angemessen ansehen könnte. Nach einer Beratung mit seinem Rechtsbeistand folgte der Angeklagte der unterschwelligen Empfehlung des Richters und zog seinen Einspruch gegen den Strafbefehl zurück.