"Je suis Charlie" - in ganz Frankreich gingen Menschen am Mittwochabend auf die Straße, um ihre Solidarität mit den Redakteuren von "Charlie Hebdo" zu bekunden. Foto: EPA

Schock und Bestürzung sind groß in Frankreich nach dem blutigen Attentat auf die Redaktion von "Charlie Hebdo", bei dem zwölf Menschen starben. Ein mutmaßlicher Helfer meldet sich bei der Polizei und beteuert seine Unschuld. Die Haupttäter sind noch immer auf der Flucht.

Paris - Nach dem Anschlag auf das religionskritische Satiremagazin "Charlie Hebdo" in Paris sind die beiden mutmaßlichen Attentäter weiter auf der Flucht. Es mehren sich die Anzeichen, dass es sich um ein Attentat mit islamistischen Hintergrund handelt.

Die französische Polizei fahndet mit tausenden Beamten und Spezialkräften in mehreren Städten nach den Brüdern Said (34) und Chérif K. (32). Ein mutmaßlicher Helfer der beiden Brüder stellte sich nach knapp zwölf Stunden freiwillig der Polizei.

Zwölf Menschen sterben im Kugelhagel

Die Brüder sollen am Mittwochvormittag schwarz vermummt die Redaktion des Magazins mitten in der Hauptstadt gestürmt und unter anderem mit einer Kalaschnikow um sich geschossen haben. Im Kugelhagel waren zwölf Menschen getötet worden, darunter acht Journalisten. Elf Menschen wurden verletzt.

Die Terroristen riefen während des Anschlags "Allah ist groß" und "Wir haben den Propheten gerächt" und "Wir haben Charlie Hebdo getötet". Zudem hätten sie behauptet, zur Terrororganisation Al-Kaida zu gehören.

Die Sicherheitsmaßnahmen im Großraum Paris wurden massiv verschärft. Der französische Staatspräsident François Hollande ordnete am Donnerstag einen Tag der nationalen Trauer an. Er forderte die Franzosen auf, in dieser schweren Zeit zusammenzustehen.

Die Polizei war mit mehr als 3000 Beamten im Einsatz, um die Flüchtigen zu finden. Spezialkräfte umstellten in der Nacht ein Haus im ostfranzösischen Reims. Der 18-Jährige wurde ebenso verhört wie das Umfeld der verdächtigen Brüder. Die Behörden veröffentlichten im Internet ein Fahndungsplakat, um Zeugen zu finden.

Personalausweis im Fluchtwagen vergessen

Die Attentäter haben auf der Flucht offenbar einen schweren Fehler gemacht und die Polizei so auf ihre Spur gebracht. Wie die Zeitschrift "Le Point" und die Zeitung "Le Monde" schreiben, vergaß einer der Brüder seinen Personalausweis im Fluchtwagen, als die Attentäter am Rande der Hauptstadt das Auto wechselten.

Chérif K. soll 2008 verurteilt worden sein, weil er im Irak gekämpft haben soll. Die drei Männer sollen aus Paris kommen und die französische Staatsbürgerschaft haben.

Der 18-jährige mutmaßliche Helfer sei in der Kleinstadt Charleville-Mézière nahe der belgischen Grenze in Polizeigewahrsam, hieß es am frühen Donnerstagmorgen in übereinstimmenden Medienberichten. Er heiße Hamyd M. und soll seine Unschuld beteuert haben. Er habe sich gestellt, weil sein Name in den sozialen Netzwerken genannt worden sei. Mitschüler in Charleville-Mézière sollen Medien zufolge erklärt haben, er sei am Morgen in der Schule gewesen.

"Charlie Hebdo" war mehrfach wegen Mohammed-Karikaturen in die Kritik geraten und angefeindet worden. Erst am Dienstag hatte die Zeitschrift eine Karikatur veröffentlicht, auf der ein islamistischer Terrorist mit einer umgehängten Kalaschnikow auf dem Rücken sagt: "Noch immer kein Attentat in Frankreich, aber man darf sich ja bis Ende Januar was wünschen."

"Je suis Charlie": Zehntausende auf den Straßen

Das Blutbad löste Entsetzen und Abscheu aus. Mehr als 100.000 Franzosen gingen am Mittwochabend landesweit auf die Straßen, um sich mit "Charlie Hebdo" zu solidarisieren. Auch in weltweit bekundeten Tausende in Städten ihre Solidarität, so etwa in Berlin. US-Präsident Barack Obama, Papst Franziskus und Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigten sich erschüttert. Auch islamische Staaten wie Katar und Muslimverbände verurteilten die Tat.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière warnte vor populistischen Brandstiftern in Deutschland. "Terroristische Anschläge haben nichts mit dem Islam zu tun", sagte der CDU-Politiker der "Süddeutschen Zeitung". Attentate wie das von Paris richteten sich gegen die gesamte Gesellschaft und ihre Werteordnung. In Deutschland sahen Sicherheitskreise keine Anzeichen für erhöhte Terrorgefahr; es herrsche eine "abstrakt hohe" Gefährdung.

Schwarze Seite eins

Mehrere französische Blätter druckten am Donnerstag eine fast schwarze Seite Eins. Die eher linke "Libération" schrieb auf schwarzem Grund: "Nous sommes tous Charlie" (Wir sind alle Charlie). Die konservative Zeitung "Le Figaro" titelt: "La Liberté assassiné" (Die ermordete Freiheit). Das Blatt "Le Parisien" schrieb auf der Eins: "Ils ne tueront pas la liberté" (Sie werden die Freiheit nicht töten).

Eine Reihe deutscher Zeitungen druckte Mohammed-Karikaturen und andere religionskritische "Charlie Hebdo"-Zeichnungen nach. Unter der Schlagzeile "Vive la liberté" ("Es lebe die Freiheit") bestreitet die Berliner Zeitung "B.Z." die gesamte Titelseite ihrer Donnerstagausgabe mit Titelbildern des Magazins. "Wir veröffentlichen die Satire von Charlie Hebdo aus Respekt vor den Ermordeten, die die Meinungsfreiheit verteidigten", heißt es in einer Erklärung der Zeitung an ihre Leser. Auch andere Blätter zeigen Zeichnungen.

Drei französische Medienhäuser sagten der Satirezeitschrift Hilfe zu. Der staatliche Hörfunk und das Fernsehen sowie die Tageszeitung "Le Monde" erklärten, sie wollten dem Magazin das notwendige Personal und Sachmittel zur Verfügung stellen. Ihre Mitteilung trägt die Überschrift: "Damit Charlie lebt."