Trotz oder gerade wegen voller Hörsäle an den Unis kommt sich mancher Student verloren vor. Vor allem dann, wenn das Studienfach nicht dem entspricht, was man sich vorgestellt hat. Ein Studienwechsel ist dann oft unausweichlich. Foto: dpa

Das Richtige studieren: nicht immer funktioniert das im ersten Anlauf. Manchmal fehlt die Motivation, manchmal ist das berufliche Ziel unklar.

Die 29-jährige Julia Novak hat inzwischen den Bachelorstudiengang International Business Communication an der Akad University Stuttgart erfolgreich abgeschlossen. Doch das Fernstudium war nicht ihr erster Versuch. So hat sie an der Universität Mainz Medienmanagement und an der Wirtschaftsuniversität Wien Internationale Betriebswirtschaft studiert, ihre Studien aber abgebrochen. 'In beiden Fällen habe ich erlebt, wie ich an diesen Massenunis nur eine Studentin unter Tausenden war.

Ich saß in Vorlesungen mit 500 anderen und fühlte mich total alleingelassen.' Während ihr die praktische Arbeit in einer Mediaagentur, in der sie zuerst Praktikantin und später studentische Hilfskraft war, viel Spaß machte, konnte sie sich mit den Studieninhalten nicht anfreunden. 'Das Studium war mir viel zu theoretisch. Ich sah keinen Sinn darin, mich vertieft mit Statistik auseinanderzusetzen. Denn ich wusste, dass ich das für den Berufsalltag nicht brauche.' Nach einer Auszeit, in der Novak wiederum in einer Mediaagentur in Wien beschäftigt war, zog sie der Liebe wegen nach Ingolstadt und entschied sich für ein Fernstudium. 'Der Vorteil war nun, dass ich mir die Zeit selbst einteilen konnte und dass ich viel mehr Betreuung und Hilfe bekam als an den Massenunis', erklärt Novak. Während der Präsenzphasen saß sie mit höchstens 20 Leuten in den Lehrveranstaltungen und nicht mit 50 Studierenden oder mehr.

Ihr Studium finanzierte sie durch eine freiberufliche Dozentenstelle im Bereich 'Deutsch als Fremdsprache' an der Audi-Akademie. 'Meine durch das Studium erworbene interkulturelle Kompetenz kam mir dabei sehr zugute.' Studienberater Ulrich Krieger von der Universität Hohenheim kennt die Gründe, warum junge Leute ihr erstes Studium abbrechen: 'Oft sind die Studierenden zu Beginn des Studiums nicht gut informiert. Viele kommen mit ganz anderen Erwartungen und sind dann enttäuscht.' Manchmal liegen die Gründe auch in der Familie.

'Einige Abiturienten wollen ihren Eltern einen Gefallen tun und studieren dann zum Beispiel Wirtschaftswissenschaften, obwohl sie sich eher für den kreativen Bereich interessieren.' Krieger weiß auch um den Fall, dass Hochschüler sich ihre Studienwahl sehr genau überlegt haben, aber dann in einem Praktikum merken, dass der angestrebte Beruf nichts für sie ist. Aber es gibt noch viele andere Gründe für einen Abbruch: 'Ein persönlicher Schicksalsschlag wie eine Krankheit oder ein Pflegefall in der Familie verhindern manchmal die Fortführung des Studiums. Andere wollen nach einer Familienphase weiterstudieren und suchen nach einer passenden Möglichkeit', betont Hannes Hoffmann, Studienberater an der Akad University Stuttgart.

Arbeitgeber wollen nicht mit der Stellenbesetzung warten

'Wieder andere Hochschüler bekommen schon während ihres Studiums die Chance auf eine Festanstellung. Aber meist müssen sie dafür ihr Studium abbrechen, weil ihr Arbeitgeber nicht mit der Stellenbesetzung warten will, bis sie den Abschluss in der Tasche haben.' In diesen Fällen wechseln viele in ein Fernstudium, weil es sich flexibler mit anderen Verpflichtungen vereinbaren lässt. Oft ist auch die Motivation ein Problem für Studierende. 'Gerade in Massenfächern wie zum Beispiel Betriebswirtschaft oder Jura erlebe ich das immer wieder', erklärt Angela Schönbrodt, Beraterin für akademische Berufe bei der Arbeitsagentur Stuttgart. Studierende an großen Universitäten haben eher Schwierigkeiten, sich vom geregelten Schulalltag auf den Unialltag umzustellen. Dieser erfordert neben einer hohen Selbstorganisationskompetenz auch Lernstrategien, um sich gut auf Prüfungen vorzubereiten.

Häufig wird das von Studierenden unterschätzt und führt unter Umständen zum Nichtbestehen. Wer ernsthafte Probleme im Studium hat, sollte sich frühzeitig die Frage stellen, ob es nicht besser wäre, wenn er das Studienfach wechselt. 'Handeln Sie nicht nach der Vogel-Strauß-Politik, sondern seien Sie ehrlich zu sich selbst', betont Schönbrodt. Sie empfiehlt, genau zu beobachten, wie massiv die Leistungs- und Motivationsprobleme sind, und sich in einem zweiten Schritt zu überlegen, welche Studienalternativen es gibt. 'Werden Sie sich Ihrer eigenen Fähigkeiten und Interessen bewusst, und nehmen Sie diese als Kriterien für Ihre neue Studienwahl. Hilfreich ist es auch, mit Freunden zu sprechen.

Schnuppertage helfen bei der Entscheidung

Aber vergessen Sie nicht, sich auch mit neutralen Beratern auszutauschen, zum Beispiel mit den Studienberatern der Hochschulen oder den akademischen Beratern der Arbeitsagentur.' Krieger weiß, wie inspirierend ein Praktikum sein kann. Deshalb rät er, bereits im Vorfeld eines Studienwechsels ein Praktikum zu machen. So kommen Wechselwillige leichter zu einer Entscheidung. 'Denn im Praktikum erfahren Studierende, welche konkrete Berufstätigkeit hinter einem Studium steckt.' Auch Workshops für Studienabbrecher oder Schnuppertage an den Hochschulen helfen bei der Entscheidung. Studienabbrecher sollten zudem herausfinden, welcher Lerntyp sie sind, betont Studienberater Hoffmann: 'Fragen Sie sich, welcher Hochschultyp zu Ihnen passt und ob Ihnen eher ein Präsenz- oder ein Fernstudium liegt. Auch unter den Fernstudiengängen gibt es verschiedene Varianten mit unterschiedlich großen Präsenzanteilen.' Studierwillige sollten außerdem klären, wie viel Zeit sie für einen berufsbegleitenden Studiengang erübrigen können.

'Wer ein Fernstudium beginnen will, sollte dafür mindestens zehn Stunden in der Woche investieren.' Die Erfahrung zeige, dass es mit weniger Lernaufwand nur schwer möglich sei, das Studium erfolgreich abzuschließen, so Hoffmann. Angst vor einem Studienabbruch braucht kein Studierender zu haben. Krieger: 'Ein Studienabbruch ist kein Drama . . . im Gegenteil: er birgt oft Chancen. Denn so machen Hochschüler eine wichtige Lebenserfahrung, die ihnen hilft, sich besser kennenzulernen.'