Bundeskanzlerin Angela Merkel und Parteichef Thomas Thomas Strobl genießen den Beifall Foto: dpa

Von wegen Geschlossenheit: Beim Parteitag der Südwest-CDU wurde hart abgerechnet. Landeschef Thomas Strobl erhielt in Reutlingen nur 82 Prozent, Vize Winfried Mack wurde abgewählt.

Reutlingen - Das hatten sich die Organisatoren anders vorgestellt. Eigentlich sollte Gastrednerin Angela Merkel am Samstag der baden-württembergischen CDU noch einmal richtig Schwung für die letzte Phase des Bundestagswahlkampfs geben und Landeschef Thomas Strobl bei seiner turnusmäßigen Wiederwahl zu einem guten Ergebnis verhelfen. Doch eine Bemerkung der Kanzlerin verhagelte vielen der 340 Delegierten in der Reutlinger Stadthalle die Stimmung. Nach ihrer Rede, die mit viel Beifall quittiert wurde, hatte sie noch einmal um das Wort gebeten. Sie habe etwas vergessen, sagte sie ins Mikrofon. „Herr Caspary hat meine volle Unterstützung.“

Fassungslosigkeit zeigte sich in vielen Gesichtern. Denn die Kandidatur des Europaabgeordneten aus Karlsruhe als stellvertretender Landesvorsitzender hatte in den Tagen zuvor zu großer Unruhe in der Partei und unter den Landtagsabgeordneten geführt. Damit solle Nordbaden wieder einen Platz im engsten Führungskreis erhalten, hatte Bezirksverbandsvorsitzender Peter Hauk argumentiert – den hatte Nordbaden 2011 verloren. Landeschef Strobl und Vize Winfried Mack gehören zu Nordwürttemberg, die anderen Stellvertreter, Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz und der Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei, zu Württemberg-Hohenzollern und Südbaden.

Kampfkandidatur

Einige werteten Casparys Bewerbung als Attacke gegen den Landtagsabgeordneten Mack, hinter der sie Strobl vermuteten. Dieser habe die Kampfkandidatur nicht verhindert, weil er sich rächen wolle, sind sie überzeugt. Als Strobl nach der verlorenen Landtagswahl 2011 erstmals als Landeschef kandidierte, war Mack gegen ihn angetreten, bei der Auseinandersetzung um die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2016 hatte er Guido Wolf unterstützt.

Kaum hatte die Kanzlerin am Samstag den Saal verlassen, machten denn auch neue Vermutungen und Gerüchte die Runde: Caspary, seit Kurzem Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament und deshalb Mitglied im CDU-Bundesvorstand, habe die CDU-Chefin um Unterstützung gebeten; Strobl habe sie daran erinnert, als sie sich nach ihrer Rede neben ihn gesetzt habe. Dass Tagungspräsident Thomas Bareiß kurz darauf im Namen der Kanzlerin erklärte, bei ihrer Aussage habe es sich nicht um eine Wahlempfehlung gehandelt, half da wenig.

Merkel und Schäuble warnen vor Rot-Rot-Grün

Bei den Vorstandswahlen bekam Strobl die Quittung. Von den 338 anwesenden Delegierten blieben viele der Abstimmung fern oder enthielten sich. Unter den 302 gültigen Stimmen waren 247 Jastimmen (82 Prozent). Vor zwei Jahren hatte er 98 Prozent geholt. Als Stellvertreter wurden Annette Widmann-Mauz (73,6 Prozent), Thorsten Frei (69,1) und Daniel Caspary (55,9) gewählt. Winfried Mack erhielt 47,4 Prozent und verlor damit das Amt des Vizechefs, wurde aber später als Beisitzer in den 41-köpfigen Landesvorstand gewählt. Neu ins Präsidium kommt Kultusministerin Susanne Eisenmann (91,9 Prozent).

Strobl hatte in seiner Bewerbungsrede die Arbeit der CDU-geführten Ministerien und der Faktion gelobt. Die CDU habe sich durch die Niederlagen 2011 und 2016 nicht kleinkriegen lassen. Sie dürfe sich aber auch nicht an den guten Umfrageergebnissen – derzeit bei 42 Prozent – berauschen, sondern müsse um jede Stimmer kämpfen. „Dass es den Menschen in Deutschland gut geht, ist ein Ergebnis unserer Politik“, erklärte Merkel. Sie versprach mehr Geld für Forschung und Entwicklung, Bildung und Wohnungsbau sowie Entlastungen für Familien und attackierte gleich auch die SPD. Die könne es nicht ertragen, die Steuern für eine Gruppe zu senken, ohne sie gleichzeitig für eine andere Gruppe zu erhöhen. Wie später Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble warnte sie vor einem Bündnis aus SPD, Linken und Grünen. Wenn es eine rot-rot-grüne Regierung gebe, sei es mit solide Finanzpolitik und boomende Wirtschaft vorbei.

Darauf kontert SPD-Generalsekretärin Luisa Boos: „Wenn Frau Merkel mal wieder das angebliche Schreckgespenst Rot-Rot-Grün bemüht, dann erinnere ich nur an Schwarz-Gelb vor fünf Jahren: Das war nichts anderes als die Abrissbirne für soziale Gerechtigkeit in unserem Land.“