Steht erneut in der Kritik: Verkehrsminister Winfried Hermann. Foto: dpa

Weitgehend ohne Ausschreibung habe der Verkehrsminister Winfried Hermann Berateraufträge in Sachen Schienennahverkehr an einen Bekannten und Stuttgart-21-Gegner gegeben, so die Verkehrsexpertin der CDU am Donnerstag im Landtag.

Weitgehend ohne Ausschreibung habe der Verkehrsminister Winfried Hermann Berateraufträge in Sachen Schienennahverkehr an einen Bekannten und Stuttgart-21-Gegner gegeben, so die Verkehrsexpertin der CDU am Donnerstag im Landtag.

Stuttgart - Die CDU-Fraktion wirft Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) „Günstlingswirtschaft“ und Untreue bei der Vergabe von Beratungsaufträgen vor. Der Minister habe seinem Bekannten und Stuttgart-21-Gegner Michael Holzhey Aufträge weitgehend ohne Ausschreibung zugeschustert, kritisierte die Verkehrsexpertin der CDU, Nicole Razavi, am Donnerstag im Stuttgarter Landtag. Das Auftragsvolumen von 500.000 Euro für die Berliner Firma KCW sei in fünf Teile gestückelt worden, wobei nur ein Auftrag von knapp 200.000 europaweit ausgeschrieben worden sei. Vier Aufträge hatten den Schienenpersonennahverkehr zum Thema, einer das Bahnvorhaben Stuttgart 21.

Minister Hermann wies die Vorwürfe als „haltlose, böswillige Unterstellungen“ zurück und rechtfertigte den Einsatz von professionellen Controllern bei Ausschreibungen für den Schienennahverkehr. „Das macht sich bezahlt.“ Auch unter Schwarz-Gelb habe die landeseigene Nahverkehrsgesellschaft sich externen Rat geholt. Die Kritik der Opposition zeige, dass sie keine Vorstellung von Verkehrspolitik habe und sich nicht für das Landesgeld verantwortlich fühle.

Hermann: Vergabe rechtlich einwandfrei

Die Vergaben seien rechtlich einwandfrei, versicherten Hermann und der SPD-Verkehrsexperte Hans-Martin Haller. Dieser listete die Volumen von Gutachten auf, die unter CDU-Ägide vergeben worden seien: 2004 seien es 880.000 Euro, 2006 rund 2,4 Millionen Euro und 2010 schon 9,7 Millionen Euro gewesen - viele davon ohne Ausschreibung. Haller: „Diesbezüglich sitzen Sie im Glashaus und dürfen nicht mit Steinen werfen.“

Razavi nahm vor allem den Auftrag Hermanns zum Thema ökonomische Bewertung von Kosten und Risiken des Bahnprojektes Stuttgart 21 ins Visier. Zu diesem Komplex habe Holzhey in der S-21-Schlichtung referiert - ein halbes Jahr, bevor der den Auftrag für 60.000 Euro erhalten habe. Es stelle sich die Frage, ob Hermann dieses Engagement für das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 im Nachhinein habe vergolden wollen. Hermann sei nicht nur Informationen über die Ergebnisse dieses Gutachtens, sondern aller an KCW vergebenen Aufträge schuldig. Es sei eine Missachtung des Parlaments, wenn der Minister diesem mit dem Hinweis auf eine Zusammenstellung für den Landesrechnungshof Angaben über weitere Aufträge an Externe verweigere.

Misstrauisch mache sie auch, so Razavi, dass die KCW bei dem einzigen im Wettbewerb ausgeschriebenen Auftrag zunächst unterlegen gewesen sei und den Zuschlag erst bekommen habe, nachdem die Kriterien zugunsten der Berliner Firma verändert worden seien. Razavi sieht in der Vergabepraxis einen Beleg für „grünen Filz“.

Versorgungsanstalt von „amigos verdes“

Nach den Worten des FDP-Verkehrsfachmanns Jochen Haußmann hat die Vorgehensweise des Ministeriums ein „Geschmäckle“. Überdies warf er Hermann vor, etliche Personalentscheidungen zugunsten des „Umfelds der Bewegung gegen Stuttgart 21“ gefällt zu haben. Er stellte die rhetorische Frage: „Verkommt das Verkehrsministerium zur Versorgungsanstalt von „amigos verdes“ (grünen Freunden)?“

Der Grünen-Verkehrsexperte Andreas Schwarz sowie Hermann betonten, der eigentliche Skandal sei, dass die schwarz-gelbe Vorgängerregierung den fünf Milliarden Euro teuren großen Verkehrsvertrag 2003 ohne öffentliche Ausschreibung mit der Deutschen Bahn ausgehandelt habe. Hermann hielt den 20 Seiten starken Verkehrsvertrag der CDU-geführten Vorgängerregierung im Plenum hoch und dagegen einen prall gefüllten dicken Ordner seines Ressorts, der die Ausschreibung nur eines Vierzigstel des Netzes enthalte. Der alte 2016 auslaufende Vertrag sei eine „lächerliche Nummer“.

Schwarz machte die alte Vereinbarung dafür verantwortlich, dass „immer noch Silberlinge hier rumhumpeln“. Andererseits seien die Kilometerpreise, die das Land der Bahn zahlen müsse, die bundesweit teuersten: „Das ist, wie wenn man für eine Rikscha Stuttgarter Taxipreise bezahlen müsste.“