Das Transportschiff hat Obrigheim erreicht. Foto: dpa

Die Leerfahrt nach Obrigheim ist am Montag ohne Probleme verlaufen. Atomkraftgegner wollen die Rückfahrt mit Aktionen begleiten.

Stuttgart - Herbert Würth traut dem Braten nicht. Allgemein wird damit gerechnet, dass die drei Castoren am Dienstag in Obrigheim auf das Schiff verfrachtet werden und sich der Lastkahn am Mittwoch auf den Weg nach Neckarwestheim macht. Der Sprecher des Aktionsbündnisses „Neckar castorfrei“ glaubt das nicht so recht. „Wir können uns nicht vorstellen“, sagt er, „dass die EnBW das beladene Schiff einen ganzen Tag lang am Neckar herumstehen lassen.“ Würth schließt deshalb nicht aus, dass die Neckarschifffahrt für die drei mit alten Brennelementen beladenen Castoren schon am Dienstag beginnt.

Am Tag X werden die Atomkraftgegner mit einer Mahnwache bei der Heilbronner Theresienwiese und Protestaktionen entlang der Strecke gegen die Transporte mobil machen. Die Polizei und die EnBW Kernkraft GmbH (EnKK), die den stillgelegten Meiler in Obrigheim ebenso wie das Gemeinschaftskernkraftwerk Neckar in Neckarwestheim (GKN) betreibt, behalten den geplanten Transporttermin aus Sicherheitsgründen für sich.

Der erste Transport auf einem Binnengewässer

Sicher ist: Die Castoren kommen. Zum ersten Mal in Deutschland sollen die Behälter mit ihrer radioaktiven Fracht auf einem Binnengewässer von einem Schiff von A nach B gebracht werden. Am Montag ist ein sogenannte Schubleichter – das ist ein Lastschiff ohne eigenen Antrieb, das von einem Motorschiff geschoben wird – mit dem Namen Lastdrager 40 begleitet von Polizeischiffen um 5.20 Uhr in Neckarwestheim gestartet. In der Mittagszeit passierte der Konvoi die Schleuse in Gundelsheim (Kreis Heilbronn), wo sich einige Atomkraftgegner zur Mahnwache versammelt hatten. Am Nachmittag landete Lastdrager nach neuneinhalb Stunden Fahrt im 50 Kilometer entfernten Obrigheim. „Aus unserer Sicht war das ein guter und reibungsloser Einsatz“, sagt der Polizeisprecher Roland Fleischer. Noch hatte das Schiff seine strahlende Fracht aber auch nicht an Bord. Im Realbetrieb dauert die Fahrt nach Angaben der EnBW einen Tag. Die Lastzüge mit den Castoren werden über eine spezielle Rampe in Obrigheim auf den Schubverband aufgefahren und in Neckarwestheim das Schiff auf dieselbe Weise verlassen. Der Transport muss sechs Schleusen passieren.

Die Gegner der insgesamt fünf geplanten Neckarfahrten halten die Transporte für ebenso unnötig wie riskant. Unnötig deshalb, weil es die EnKK versäumt habe, für die 342 abgebrannten Brennelemente, die in 15 Castoren und auf fünf Etappen nach Neckarwestheim verschifft werden sollen, in Obrigheim ein eigenes Zwischenlager zu bauen, wie etwa die Arbeitsgemeinschaft Atomerbe Neckarwestheim kritisiert. Und riskant schon deshalb, weil man mit Castorschifffahrten keinerlei Erfahrung habe. Allein in den vergangenen vier Wochen seien in Neckarschleusen vier Unfälle passiert.

Es gab Unfälle an Neckarschleusen

Das stimmt. In Neckarsteinach klemmte sich am 1. Juni ein Steuermann beim Festmachen des Schiffs die rechte Hand zwischen Tau und Poller und verlor dabei zwei Finger. Eine Woche später kollidierten in der Schleuse Neckargemünd zwei Schiffe. Am 12. und am 16. Juni stießen zwei Schiffe in Schwabenheim und in der Schleuse Hirschhorn gegen die Schutzvorrichtung der Schleusentore. Bei diesen drei Unfällen gab es aber weder Verletzte – noch ist ein Schiff gesunken.

EnBW und Polizei argumentieren, dass eine Beförderung auf der Schiene oder auf der Straße aufwendiger sei als auf dem Wasser. Der EnKK-Chef Jörg Michels hat die doppelwandige Lastdrager beim Testlauf im Februar als praktisch unsinkbar bezeichnet. „Wir haben schon unsinkbare Schiffe sinken sehen“, sagt Heinz Smital von Greenpeace dazu und verweist auf die Titanic. Bei Castoren gebe es „immer Transportrisiken“. Die Behälter könnten etwa durch hohe Temperaturen beschädigt werden, falls auf dem Schiff ein Brand ausbreche. Andererseits sei die geringe Geschwindigkeit eines Schiffs eher von Vorteil, falls es zu einer Kollision komme. Je stärker der Aufprall, desto größer die Gefahr, dass er beschädigt werde. „Es gibt keine gute Lösung bei Atommüll“, sagt der Experte der Umweltorganisation. „Das Problem ist, dass es Atommüll gibt.“