Die Porsches sind erfüllte Männerträume oder reine Wertanlagen. Foto: privat

In einem Plieninger Gewerbegebiet betreibt Bernd Rapp ein Carhotel. Das bedeutet, dass er dort für seine in der Regel gut betuchten Kunden deren Nobelkarossen beherbergt. Weil sie selbst keinen Platz haben oder die Autos verstecken wollen.

Plieningen - Die Flitzer ruhen. Blitzblank poliert, die Räder auf Unterlegplättchen gebettet und ohne Nummernschilder sehen sie aus, als warteten sie auf einen neuen Besitzer. Doch die meisten stehen mitnichten zum Verkauf. Ihre Eigentümer lassen es sich richtig etwas kosten, dass ihre Autos hier gut aufgehoben sind und hofiert werden. Sie sind Hotelgäste.

Auch wenn die Porsches, Ferraris und Lamborghinis auf den ersten Blick eine andere Geschichte erzählen: Das Carhotel in Plieningen ist nichts für Protzer. Wer sein Auto in die Obhut von Bernd Rapp gibt, mag es am liebsten diskret. Deshalb werden die Nummernschilder entfernt und die Umweltplaketten überklebt. „Hier fallen auch keine Namen“, sagt er. Und wer das Carhotel betreten will, braucht einen Termin. Einfach mal durchlaufen und Autosgucken ist nicht. „Viele meiner Kunden wollen nicht, dass der Nachbar den Porsche sieht“, sagt der Inhaber des Gästehauses fürs heilige Blechle. Sie haben keine Lust auf neidvolle Blicke. Andere haben schlicht keinen Platz für ihren vierrädrigen Liebling, weil schon der Jaguar und der SUV in der heimischen Garage stehen. Deshalb leisten sich die zahlungskräftigen Kunden einen Dauerparkplatz in Rapps Carhotel im Gewerbegebiet Entenäcker. Die Autos schlummern dort bis der viel beschäftigte Besitzer die Zeit für eine Spritztour findet. Zurzeit sei es ruhig. „Im Frühjahr weiß ich nicht, wo mir der Kopf steht“, sagt Rapp.

Geld spielt keine Rolle

Die Fahrzeughalter sind alle männlich und kommen größtenteils aus Baden-Württemberg. Sie sind Autonarren, für die Geld keine Rolle spielt. Über Preise verhandelt hier keiner, „es geht ums Vertrauen“. Mit vielen ist Rapp per Du, entsprechend locker geht es zu. „Die Leute wollen das so“, sagt er. Dass der Boden des Carhotels aus Marmorgranulat besteht, wirkt widersprüchlich zu Rapps legerer Aufmachung. Er trägt einen Strickpullover, Jeans und Schuhe Typ Wanderstiefel. „Wir wollten einen Boden haben, den nicht jeder hat“, sagt er. Das passt zu den exklusiven Gästen.

Der 46-Jährige ist Kfz-Mechaniker und Industriekaufmann. Er hat als Angestellter lang Porsches und Maseratis verkauft. „Im Autohaus haben die ja alle keine Zeit mehr“, sagt er. Doch die wohlhabenden Kunden wünschen sich Zuwendung. „Die haben so wenig Zeit, wenn sie dann Zeit haben, dann läuft die Kiste nicht oder ist dreckig“, sagt Rapp. Und genau das brachte ihn vor zwei Jahren auf seine Geschäftsidee. Rapp hat rund 50 Stellplätze. „Ich schau’, dass alles picco ist“, sagt er. Er putzt und poliert, lädt die Batterie, prüft den Reifendruck, schiebt die Autos alle zwei Wochen einen halben Meter nach vorn, damit sie keinen Standplatten bekommen, macht mit ihnen auf Wunsch eine kleine Spritztour, damit sie durchgepustet werden, und er liefert seinen Kunden den geliebten Flitzer auch an den Gardasee.

Es gibt Leute, die befriedigt es, wenn sie wissen: Sie besitzen einen Porsche. Der Geschäftsführer einer ausländischen Firma etwa kommt ab und zu nach Stuttgart, trinkt einen Kaffee mit ihm „und streichelt sein Auto“, erzählt Rapp .

Manche Gefährte sind reine Wertanlagen. Die besten Beispiele parken auf der untersten Etage. Dort stehen die Autos, die niemand außer den Besitzern zu Gesicht bekommen soll. Zwei Porsches sind sogar abgedeckt. Über sie ist etwas gestülpt, das aussieht wie eine Bademütze für Autos. Die Fahrzeuge haben einen Gesamtwert von anderthalb Millionen Euro.

Der Hotelier muss auf Nummer sicher gehen

Die Autos, die zum Rasen konstruiert worden sind, sind zum ewigen Parken verbannt. „So ein Auto fährt man nicht“, sagt Rapp. „Wenn Sie mit dem im normalen Straßenverkehr fahren, flippen die Leute aus.“ Jeder würde den Seltenheitswert erkennen, weil von der Sorte weniger als 1000 weltweit vom Band gelaufen sind. Um welche Typen es sich handelt, ist aus Rapp nicht herauszubekommen. Verschwiegenheit gehört zu seinem Alltag. Wer solche Werte bei sich hütet, muss freilich auf Nummer sicher gehen. Er hat eine Gesamtversicherung abgeschlossen, zudem brauchen die Autos eine Ruheversicherung gegen Brand und Diebstahl. Und für die besonders teuren Gäste schließt der Hotelinhaber Extra-Versicherungen ab.

Rapp selbst fährt übrigens Jeep, auch wenn sein Herz für Porsche schlägt. „Seit ich 22 bin, bin ich so viele schöne Autos gefahren. Außerdem muss ich auf dem Boden bleiben.“ Schließlich habe er sich erst selbstständig gemacht. Irgendwann will er sich einen Porsche Cayenne leisten, erzählt er. „Man muss auch Träume haben.“