Joseph Diebold bei der täglichen Wartung des Fahrgeschäfts. Foto: Lichtgut/Oliver Willikonsky

Um zwölf Uhr öffnet der Wasen jeden Tag seine Pforten, am Wochenende schon um elf. Bevor die Besucher kommen, muss der Festplatz vorbereitet werden, jeden Tag aufs neue. Ein Riss genügt, dann steht das Karussel still.

Stuttgart - Wenn Matthias Schubert um neun Uhr vormittags den Wasen betritt, erinnert wenig an das rauschende Fest vom Vortag. Höchstens der Geruch nach verschüttetem Bier, heißem Fett und gebratenen Mandeln, der sich in den Wegen des Volksfestgeländes gehalten hat. Aber auch der paart sich mehr und mehr mit dem beißenden Geruch von Wasch- und Reinigungsmitteln, die die Schausteller nach und nach vor ihren Buden verteilen. Und auch für Schubert beginnt jetzt der Arbeitstag am 80 Meter hohen Kettenkarussell The Flyer.

Erst die Kontrolle, dann das Vergnügen

In der rechten Hand hält er ein Klemmbrett, darauf eine dicht beschriebene Liste. Arbeitsaufträge für den Morgen. „Diese Punkte müssen wir jeden Tag abarbeiten. Da wird das Fahrgeschäft noch einmal von Grund auf durchgecheckt“, sagt der 29-Jährige. Als leitender Mitarbeiter wird er in der folgenden Stunde vier Angestellte koordinieren und am Ende für die Kontrolle unterschreiben. „Wichtig ist, dass keine Routine aufkommt“, sagt er. „Das Karussell ist jeden Tag zehn Stunden mit einer Drehgeschwindigkeit von 70 Kilometern pro Stunde in Betrieb. Wenn wir auch nur einen Riss feststellen, geht das Ding nicht in Betrieb.“ Vorgekommen ist das bisher aber noch nie. Während Schubert erzählt, beginnt das Team mit dem Service. Mit fachmännischen Griffen öffnen sie die Gurte von jedem Sitz, prüfen die Sitzschale und die Aufhängung. Dann geht es auf den Schlitten, daran hängen die Sitze. „Wir kontrollieren jeden der 16 Ausleger einzeln. Sitzen die Bolzen? Ist ein Splint locker?“, erklärt Schubert. Danach werden Mast und Seilwinde einer ähnlich gewissenhaften Prüfung unterzogen.

Während man sich am Flyer noch auf den heutigen Tag vorbereitet, ist ein paar Stände weiter am Kinderkarussell Orient-Express schon alles startklar. „Wir beginnen jeden Tag um 8.30 Uhr. Da muss man das Karussell natürlich erst mal von Grund auf reinigen“, sagt Joseph Diebold. Ihm gehört das Fahrgeschäft, das er zusammen mit drei Mitarbeitern und seiner Frau betreibt. „Es passiert schon oft, dass Kinder einmal eine Limo verschütten oder Ketchup irgendwo hintropft. Das darf da am nächsten Tag nicht mehr sein.“ Aber reinigen ist nicht alles, die Technik will auch gewartet werden. „Alles was sich dreht, muss täglich überprüft werden“, sagt Joseph Diebold, während er routiniert eine Abdeckung abschraubt. Hier überprüft er die Kohlen, die als Stromschleifer fungieren. Wenn die zu sehr abgeschliffen sind, steht das Karussell. „Das muss man schon sehr gewissenhaft machen,“, sagt der 52-Jährige, „denn die Kinder sind die Kunden von morgen.“

Anderswo kümmert man sich derweil um das leibliche Wohl

Um die Kunden von heute kümmert man sich währenddessen im Klauss-und-Klauss-Festzelt. Seit sechs Uhr morgens bereitet man in der Küche die Gerichte vor, in der Nacht wurde das Zelt schon komplett gereinigt. Dimitrios Papadopoulos ist sei 7.30 Uhr vor Ort. Als Oberkellner heißt es zunächst Reservierungen aushängen und die ersten Vorbereitungen für den Tag treffen. „Um zehn Uhr kommen dann die restlichen Kellner. Dann machen wir meistens ein kurzes Briefing, und dann muss der Gastraum vorbereitet werden. Dazu gehört zum Beispiel, dass Besteck schon einmal vorzuwickeln“, sagt Papadopoulos. 150 Kellner beschäftigt man hier, das will gut koordiniert sein.

Deutlich ruhiger geht es hingegen in der Volksfestbude von Christian von Berg zu. Der 39-Jährige besitzt den Schaustellerbetrieb Candy Schokofrüchte. Seit neun Uhr ist man hier zugange, da kommt die Lieferung vom Großmarkt. „Jeden Tag ungefähr eine Palette Obst“, sagt von Berg. Die wird dann hier weiterverarbeitet. Im Geruch von süßlich-geschmolzener Schokolade und gekühlt-frischen Früchten tunkt ein Mitarbeiter die vorbereiteten Spieße in Zartbitterschokolade, besprenkelt das überzogene Obst dann mit Vollmilchschokolade. „Im Grunde genommen ist das hier ein großer Kreislauf. Wir produzieren und verkaufen nahezu zeitgleich, da braucht es nicht wirklich ein spezielles Morgenritual“, sagt von Berg. „Außer natürlich die gründliche Reinigung, aber die haben hier ja alle.“ Dann muss er wieder weiter, zwei Lampen müssen noch getauscht werden. Auch das gehört zur täglichen Vorbereitung.