Viele Menschen, große Lärmkulisse: Das Volksfest auf dem Cannstatter Wasen muss etwas leiser werden. Die Frage ist nur: wie? Foto: dpa

Nach Jahren mit einigen Lärmschutzmaßnahmen sollen in den Festzelten die Bässe wieder hochgedreht werden dürfen. Das ruft jetzt aber die Bürgerinitiative Veielbrunnen auf den Plan: Wenn die Stadt das nicht schlüssig erklären könne, werde man sie auf Einhaltung von Lärmgrenzwerten verklagen.

Stuttgart - Regine Herdecker und ihre Mitstreiter von der Bürgerinitiative Veielbrunnen (BIV) in Bad Cannstatt sind „zutiefst verwundert“, einige „stinksauer“. Das liegt daran, dass die Stadt die Festwirte auf dem Cannstatter Wasen die Basstöne in den Zelten künftig drei Dezibel höher drehen lässt.

„Wir dachten, die Stadt würde die Begrenzung des Lärms vorantreiben“, sagte Herdecker am Montag. Nach den jüngsten Nachrichten aus dem Rathaus war dieser Glauben aber infrage gestellt, als die Bürgerinitiative sich am Freitag turnusmäßig tagte.

Schon 2011 war es in dieser Sache ganz schön heiß hergegangen. Schon damals hatte die Bürgerinitiative im Interesse von Anwohnern eine Klage gegen die Stadt angedroht. Sie stellte sie aber wieder zurück, weil einige Maßnahmen in Gang kamen. Beispielsweise wurden sogenannte Limiter eingeführt, die das übermäßige Hochfahren der Lautsprecheranlagen technisch beschränken.

Drei Dezibel mehr sollen den Lärmpegel nicht erhöhen

Es seien durchaus Fortschritte erzielt worden, sagte Herdecker. Jetzt aber steht die sogenannte Verpflichtungsklage gegen die Stadt wieder auf der Tagesordnung. Wenn sich der Bezirksbeirat am 29. April mit der Situation befasst, wollen die Mitglieder der Bürgerinitiative ganz genau hinhören. Sie wollen eine schlüssige technische Erklärung, warum drei Dezibel mehr bei den Basstönen den Lärmpegel insgesamt angeblich nicht erhöhen sollen.

Genau dies hatten die Stadtverwaltung um Wirtschaftsbürgermeister Michael Föll (CDU) und ihre Experten signalisiert: dass die am menschlichen Hörvermögen orientierten Messverfahren keine höheren Dezibel-Werte ergeben werden. Auf Vorschlag von Umweltbürgermeister Matthias Hahn (SPD) lassen die Stadträte in dieser Woche beim Frühlingsfest sicherheitshalber erstmals auch innerhalb von Nachbargebäuden des Wasens den Lärm messen.

Die Bürgerinitiative hat am Freitag gleich Vorkehrungen getroffen, damit der Stuttgarter Rechtsanwalt Roland Kugler schnell die Klage vorbereiten kann. Würden am Mittwoch die Bedenken nicht zerstreut, brauche man keine weiteren Beratungen mehr, sagte BI-Sprecherin Regine Herdecker.

In 2,5 Kilometer Entfernung kann man Festzelt-Musik noch hören

Dann gehe man direkt zu Kugler. Dann müsse man die Stadt und ihre Veranstaltungsgesellschaft, die den Wasen betreibt, eben „zu ihrem Glück zwingen“. Es sei nicht einzusehen, dass die Wirte sich goldene Nasen verdienen dürften und man ihnen die Lärmdämmung an den Zeltdächern erspare.

Dabei weiß eigentlich auch die Stadtverwaltung, was nötig ist: Für den Bau neuer Wohnungen im Neckarpark müsse der Lärm vom Volksfest noch um drei Dezibel gesenkt werden, hatte die Verwaltung nach dem Volksfest 2014 erklärt.

„Die Stadt hat die Pflicht, bei den Neubauten für die Einhaltung der Grenzwerte zu sorgen“, sagt der Anwalt Roland Kugler. Dieselben Werte seien im Fall der bestehenden Wohnbebauung heranzuziehen. Er selbst hat am Samstag im Stuttgarter Osten deutlich Lautsprecheransagen und Musik aus einem Festzelt gehört – „in 2,5 Kilometer Entfernung vom Wasen“.