Die Fruchtsäule steht schon auf dem Cannstatter Wasen. Foto: Leif Piechowski

Am Freitag beginnt das 167. Cannstatter Volksfest. 321 Betriebe bauen ihre Geschäfte auf dem Wasen auf. OB Wolfgang Schuster, der sein 16. und letztes Volksfest eröffnet, muss den Hammer an seinen Nachfolger weiterreichen.

Stuttgart - Hämmern, zapfen, Possen reißen, das steht im Pflichtenheft eines Stuttgarter Oberbürgermeisters. Aber, liebe Kandidaten, keine Sorge, man muss nicht alles können. Alt-OB Manfred Rommel spritzte die Ehrengäste nass, konnte dafür prima Witze erzählen. Schuster hingegen ist mit dem Hammer flotter als mit dem Mundwerk. Das wird sich wohl auch bei seinem letzten Auftritt am Freitag um 19 Uhr nicht ändern. Immerhin könnte er jetzt frei von der Leber reden und den Aspiranten noch einen Seitenhieb verpassen. Angekündigt haben sich fast alle seine potenziellen Nachfolger: Im Wahlkampf darf man auf Schaulaufen nicht verzichten. Zumal vor der Kamera, das SWR-Fernsehen überträgt ab 20.15 Uhr zeitversetzt die Eröffnungsfeier.

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Der Rummel selbst allerdings wartet nicht auf die Prominenz und den ersten Hieb des Stadtoberhaupts. Am Freitag um 15 Uhr öffnen die 321 Buden, Karussells, Imbisse und Zelte. 17 Tage lang wird bis zum Sonntag 14. Oktober, 23 Uhr, gefeiert. Und glaubt man allen Beteiligten, dann muss man zwingend aufs Volksfest gehen. Andreas Kroll, Chef der Wasen-Veranstalterin in.Stuttgart, sagt: „Das Volksfest ist in aller Munde“; Wirtesprecher Werner Klauss sagt: „Der Wirtschaft geht’s gut, die Leute sind bereit zu feiern. Wir merken das an den Reservierungen“; Schaustellervertreter Nico Lustnauer hat ein spezielles Argument für Schwaben parat: „Wir haben seit der Euro-Umstellung die Preise nicht mehr erhöht.“ Damit meint er wohlgemerkt das Fahren im Karussell.

Der Zecher wird’s wie immer schlucken

Denn der Bierpreis war 2001 im letzten Jahr der Mark bei 13,20 Mark, umgerechnet also 6,75 Euro. Elf Jahre später muss man bis zu 8,90 Euro für eine Maß Bier zahlen. Weil Werner Klauss selbst Schwabe ist und rechnen kann, ist er vorbereitet auf jene, die die Wirte des Wuchers bezichtigen. „Ich habe mal einige Zahlen aufgeschrieben“, sagt er und liest seine Ausgaben vor. Etwa den Posten für den Ordnungsdienst, der auf 70.000 Euro gestiegen sei. Summa summarum kämen er und sein Bruder und Kompagnon Dieter auf 800.000 Euro Kosten, ohne Wareneinsatz und bevor überhaupt etwas verdient sei. Und würde die Musikverwertungsgesellschaft Gema ihre Drohung wahr machen und mehr Geld für das Abspielen von Liedern verlangen, „müssten wir zwölf Cent mehr pro Krug Bier verlangen“.

Der Zecher wird’s wie immer schlucken. Gleich wie viel es kostet. Das Volksfest ist gefragt wie nie, in Italien wirbt man nun, war in den Thermen in Mailand, trieb Reiseveranstalter mit Partyhits made in Germany auf die Bänke. „Das zahlt sich aus“, sagt Marcus Christen, bei in.Stuttgart zuständig für den Wasen, „wir haben viele italienische Gäste, die nicht mehr oder nicht nur aufs Münchner Oktoberfest gehen, sondern zu uns kommen.“ Gerne mit dem Wohnmobil. „Wir mussten dieses Jahr wieder mehr Stellplätze für Wohnmobile ausweisen. An manchen Tagen haben wir 200 Anfragen.“

Familie Stamer betrieb das erste Weinzelt auf dem Platz, doch diese Tradition hat sie nicht geschützt

Neu sind nicht nur die Gäste aus dem Süden, sondern auch der Wirt der Alten Kanzlei, Marco Grenz, mit seinem Württemberg-Haus. Den Vertrag mit seiner Vorgängerin Henny Stamer hat in.Stuttgart nach vier Jahrzehnten nicht verlängert. Die Familie Stamer betrieb das erste Weinzelt auf dem Platz, doch diese Tradition hat sie nicht geschützt. Mehrfach habe man Henny Stamer und ihren Bruder darauf hingewiesen, dass sie „etwas tun“ müssten, um weiterhin auf dem Volksfest präsent zu sein. Das haben sie getan, aber für in.Stuttgart offenbar nicht genug. „Das Konzept von Herr Grenz hat uns am meisten überzeugt“, heißt es bei in.Stuttgart. „In unserem Punktesystem, in dem wir Ausstattung, Angebot, Fassade und andere Kriterien der Zelte bewerten, hat die Alte Kanzlei einfach besser abgeschnitten.“ Also darf sich nun Grenz versuchen, bieten will er „schwäbische Tradition mit modernem Schliff“. Und einen bekannten Discjockey. Andreas „Bär“ Läsker, Manager der Fantastischen Vier, wird Musik auflegen.

Neu ist auch das 3-D-Kino „The Game“ sowie die Familienachterbahn „Willy der Wurm“, und die Looping-Karussells „Gladiator“ und „Flasher“, mit Gondeln, die sich in einer Höhe von 60 Metern mit bis zu 75 Stundenkilometern drehen.

Höher, schneller, leiser! Denn bei der Lautstärke muss das Volksfest abrüsten. Bei der Veranstaltung „Mittendrin“ unserer Zeitung im Neckarpark wurde das Thema erstmals öffentlich diskutiert, beim Frühlingsfest hat man bereits reagiert und die Grenzwerte von 80 Dezibel in der Mitte der Straßen eingehalten. Nun haben alle Schausteller in ihren Geschäften Lärmbegrenzer eingebaut, die die Lautstärke automatisch drosseln. Ähnlich arbeiten auch die Wirte. Bei Karl Maier vom Göckelesmaier war am Montag Robert Reichle zugange. Er hat im Computer in einer dreidimensionalen Darstellung getestet, wie man die Boxen aufhängen muss, damit die Besucher und nicht die Umgebung beschallt wird. Zudem gibt es für den Mann am Mischpult eine Ampel. Sieht er rot, ist es zu laut. Er muss die Lautstärke reduzieren.

Das Volksfest geht von Freitag, 29. September, bis Sonntag, 14. Oktober. Es ist Montag bis Donnerstag von 12 bis 23 Uhr geöffnet, Freitag und vor Feiertagen von 12 bis 24 Uhr, Samstag von 11 bis 24 Uhr, sonntags und feiertags von 11 bis 23 Uhr.