Die Wasen-Maß kostet in diesem Jahr bis zu 9,50 Euro Foto: dpa

Mittlerweile werden die Plätze auf dem Volksfest fast wie Karten für die Rolling Stones gehandelt. Wer samstagabends ins Zelt wollte, musste schnell sein: Binnen Stunden waren via Internet alle Plätze reserviert. Das Publikum lässt sich offenbar nicht beeindrucken von dem stetig steigenden Bierpreis.

Stuttgart - Der Autofahrer und der Biertrinker sind geduldige Wesen. Auch wenn man ihnen tief in die Tasche greift, so tanken sie doch unverdrossen. Der Benzinpreis ist seit 1969 um 540 Prozent gestiegen, von 0,56 Mark auf 3 Mark (1,54 Euro), der Bierpreis beim Volksfest sogar um 750 Prozent, von 2,50 Mark auf 18,60 Mark (9,50 Euro). Doch Auto gefahren wird weiterhin – und Bier getrunken auch.

Um 30 Cent haben die meisten Wirte den Preis für die Maß Bier erhöht. So zahlt man dieses Jahr während des Cannstatter Volksfests (26. September bis 12. Oktober) im Dinkelacker-Zelt der Brüder Klauss 9,10 Euro, im Hofbräu-Zelt von Hans Peter Grandl und in Wilhelmers Schwabenwelt 9,20 Euro, beim Wasenwirt der Familie Weeber 9,30 Euro, beim Göckelesmaier und im Fürstenberg-Zelt von Peter Brandl 9,40 Euro, bei der Cannstatter Wasenwelt von Sonja Merz 9,50 Euro.

Auf dem Oktoberfest kostet die Maß bis zu 10,10 Euro

Wenn man allerdings nach München zum Oktoberfest schaut, muss man feststellen: Cannstatter Zecher, du hast es besser! Bei den bayrischen Brüdern und Schwestern zahlt man für die Maß Bier bis zu 10,10 Euro. In einem Zelt verlangt man für einen Liter Weizenbier sogar 15,20 Euro. Eigentlich verbittet man sich auf dem Wasen ja seit längerem die Vergleiche mit der Wiesn. In dem Falle allerdings darf man schon mal nach München schauen. „Wir bewegen uns im Rahmen, wenn man schaut, was beim Oktoberfest verlangt wird“, sagt Andreas Kroll, Chef der Volksfest-Veranstalterin in.Stuttgart. Und man bewege sich auch im Rahmen, wenn man bedenke, „dass der Aufwand für jeden einzelnen Wirt viel größer ist als für den Betreiber einer Festgastronomie“. Der muss seinen Laden anders als die Wasenwirte nicht aufbauen und abbauen. Kroll: „Und das wird durch den Mindestlohn auch nicht billiger werden.“ Allerdings sorgt auch in.Stuttgart, respektive der Gemeinderat für höhere Kosten: Im Vorjahr hat man das Platzgeld erhöht.

Mit der Folge, dass das Platzgeld für Bierzelte von 80 000 Euro auf 100 000 Euro gestiegen ist. Diese Erhöhung habe man so spät erfahren, dass man sie nicht mehr habe umlegen können, sagt Wirtesprecher Werner Klauss. Er betreibt gemeinsam mit seinem Bruder Dieter das Dinkelacker-Zelt. Nun hätte man dies nachgeholt. Zudem hätten die Brauereien den Preis fürs Bier erhöht, und es stiegen ständig die Anforderungen der Ämter an die Sicherheit. „Wir haben jetzt zwei zusätzliche Notausgangstüren gebraucht“, sagt er, „die uns aber auch Sitzplätze kosten.“ Ganz zu schweigen für die Investitionen in den Lärmschutz. Klauss: „Wir arbeiten ständig an der Qualität und bieten ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.“

Die Abende sind in fast allen Zelten ausgebucht

Dies betont auch Kollege Karl Maier vom Göckelesmaier. „Wir sind absolut preiswert“, sagt er, die Leistung, die man biete, sei also ihren Preis wert. „Bei mir hat sich noch nie jemand beschwert, dass es teuer wäre“, sagt er. Im Gegenteil, so manche Firma, die ihre Mitarbeiter oder Kunden einlade, stelle fest, dass sie dreimal mehr zahlen müsste, wenn sie so einen Abend selbst organisieren müsste. „Bei uns bekommen sie nicht nur Essen und Getränke, sondern auch das Ambiente, die Atmosphäre, den Service, die Musik und die Party.“ Der Aufwand dafür sei nun einmal groß, „man braucht viel Personal und investiert ständig“. So leistet er sich heuer eine neue Fassade für 250 000 Euro. Geld, das er nicht auf den Bierpreis umlegen könne. „Wir können den Bogen nicht überspannen“, sagt er, „das ist ja klar, das ist ein Volksfest und soll ein Volksfest bleiben.“

Dass dem so ist, daran hat er keinen Zweifel. Rennen die Leute doch den Wirten die Bude ein. Die Abende sind in fast allen Zelten ausgebucht. Und zwar seit Monaten. „Die Plätze an den drei Samstagen waren innerhalb von anderthalb Stunden weg“, sagt Maier. Und da in zwei Schichten reserviert wird, sind das deutlich mehr als 20 000 Plätze.

Einen Platz finden kann man noch zur Mittagszeit. Da werben die Wirte offensiv um Kundschaft. Und da kann man auch ein Schnäppchen machen. Da gibt’s das Bier deutlich billiger oder ein Mittagsmenü samt Getränk unter zehn Euro. Denn eines sollte man nicht vergessen: Teurer als das Bier ist nämlich das halbe Göckele auf dem Wasen. da zahlt man bis zu 9,80 Euro. Da kommt man ins Grübeln, ob ein Veggie-Day wirklich eine so schlechte Idee war.