Großer Andrang: Am Samstag war nicht mehr viel Platz auf dem Wasen. Foto: Lichtgut - Oliver Willikonsky

Das Cannstatter Volksfest geht in die zweite Woche. Zeit, Bilanz zu ziehen. Und die fällt erfreulich aus. Zwei Millionen Menschen kamen bisher, die Zahl der Straftaten sank.

Stuttgart - Den Wasen zu sehen heißt noch lang nicht, dort zu sein. Diese Erfahrung mussten viele Autofahrer machen, die partout mit dem Wagen zum Volksfest fahren wollten. An den Wochenenden geht nichts mehr rund um den Wasen. Am gestrigen Sonntag war um 10 Uhr das Parkhaus bei der Wilhelma belegt, um 12 Uhr auch die 2500 Parkplätze auf dem Wasen. „Das Gelände des Güterbahnhofs wird mittlerweile bebaut“, sagt Andreas Kroll, Chef der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart, „damit fehlen uns 3000 Parkplätze, die wir die letzten Jahre dort zur Verfügung hatten.“

Anwohner ärgern sich über rücksichtslose Parker

Sein Appell: „Zumindest die Besucher aus der Region Stuttgart sollen bitte die öffentlichen Verkehrsmittel nehmen.“ Die Anwohner würden es ihnen danken. Im Stuttgarter Osten, besonders in Berg, ist an den Wochenenden alles zugeparkt. Im Gebiet am Veielbrunnen in Bad Cannstatt zahlen Wirte und in.Stuttgart sogar Ordner, die nur Anwohner ins Quartier lassen. Allerdings scheint das nicht immer zu funktionieren. Eine Anwohnerin beschwert sich, dass am Freitagabend wieder alles vollgeparkt gewesen sei. Man selbst müsse dann „nach einer Stunde Suche sein Auto schlussendlich an Ecken parken“. Die Krönung sei dann, dass „nachdem der ganze Wahnsinn vorbei ist, die Polizei hier Streife fährt und alle Pkws abschleppen lässt, die falsch stehen“. Das seien, „nachdem alle Besucher ja nun fort sind, die Anwohner, die keinen Parkplatz gefunden haben“. Mehr Kontrollen und endlich Anwohnerparken seien vonnöten.

Das ist eine der Kehrseiten des Ansturms auf den Wasen. Am Samstag warteten die ersten sieben Gäste bereits um 7.30 Uhr darauf, dass sie ins Hofbräu-Zelt durften. Geöffnet wird um 11 Uhr. Auch am Sonntag strömten die Besucher bereits um 10 Uhr auf den Platz. „Wir erleben einen sehr gut besuchten Sonntag, der wohl noch stärker sein wird als der am Auftaktwochenende“, sagte Kroll. „Wir konnten bislang mehr als zwei Millionen Besucher auf dem Cannstatter Volksfest begrüßen.“ Das sind etwa so viele wie im Vorjahr.

Besucher trinken weniger

Die haben allerdings weniger Durst mitgebracht, sagen die Wirte. „Das ist ja kein Phänomen des Volksfestes“, sagt Werner Klauss, Sprecher der Wirte und Wirt im Dinkelacker-Zelt, „das beobachten wir überall in der Gesellschaft.“ Der Gesundheit und des Führerscheins wegen hält man sich mehr zurück als früher. Wenn die Fluktuation gering, das Zelt also ausreserviert ist, „haben wir Umsatzeinbußen“. Das Geschäft laufe zwar ordentlich, aber pro Kopf eine Maß weniger, das schmerzt. Wenn man weiß, dass etwa Hofbräu-Wirt Hans-Peter Grandl Fixkosten von 2,3 Millionen Euro zu bedienen hat. Dazu kommen Löhne, Energie und Warenumsatz. „Ich weiß, dass die Leute glauben, wir verdienen uns eine goldene Nase“, sagt Grandl, „aber sie vergessen dabei, wie hoch unsere Kosten und unser Risiko sind.“

Das dies nicht nur dahergesagt ist, zeigte letztes Jahr die Pleite von Schmidts Wasen-Alm. Derzeit hat in.Stuttgart keine Absicht, wieder ein neuntes Zelt zuzulassen. Kroll: „2018 ist Landwirtschaftliches Hauptfest, da gibt es keinen Platz dafür.“ Danach werde man prüfen, ob es Bedarf dafür gebe.

Anfragen aus Neuseeland und Indien

Attraktiv scheint das Volksfest in jedem Fall zu sein. Dass Schweizer und Italiener zuhauf kommen, ist Alltag. Aber Anfragen aus Neuseeland und Indien sind dann doch außergewöhnlich. Auch bei den Nachbarn in Frankreich ist Stuttgart im Herbst ein Reiseziel geworden. „Sehr viele Franzosen kommen mittlerweile“, hat Kroll beobachtet.

Das freut auch die Schausteller. Mark Roschmann vom Schaustellerverband Südwest sagt, seine Kollegen seien zufrieden. „Der Platz ist voll. Die Leute kommen. Essen, Trinken und Süßwaren funktioniert prima, bei den Kinderfahrgeschäften ist man auf die Sonntage und Familientage angewiesen.“ Und er lobt die entspannte Atmosphäre auf dem Platz, die dazu beitrage, „dass sich gerade Familien wohlfühlen“. Das liegt auch daran, dass die Polizei sich zeigt. Eine Streife ist nirgends weit entfernt. „Die Leute sprechen uns an und sagen: Schön, dass ihr da seid“, berichtet Polizeisprecher Jens Lauer. Diese Präsenz gewährleistet wohl auch, dass das Volksfest sicherer ist als im Vorjahr. „Die Tendenz ist erfreulich“, sagt Lauer, genaue Zahlen mag er nicht nennen, aber „durch die Bank sinkt die Zahl der Delikte“. Das Volksfest endet am Sonntag, 8. Oktober.