Die Calaxico-Köpfe: John Convertino (links) und Joey Burns, der beim Konzert im Wizemann verraten hat, dass er Vorfahren aus dem Stuttgarter Stadtteil Sillenbuch hat. Foto: Jairo Zavala

So geht richtig gediegene Unterhaltungsmusik: Die amerikanische Band Calexico hat in Stuttgart gespielt.

Stuttgart - Als der Frontmann Joey Burns sich nach knapp einem Drittel der Show am Freitagabend im nahezu ausverkauften Stuttgarter Wizemann wie so viele Male für den tobenden Applaus bedankt, der auf jedes der Stücke folgt, fügt er hinzu, dass es in Zeiten wie diesen auf dieser Welt viel zu viele Menschen gäbe, die beständig neue Feindbilder aufbauen wollten. Und dass doch die beste Methode sei, denen mit einem Abend völkerverbindender Musik zu begegnen. Gut gesprochen und gut gesagt. Das bis auf wenige Ausnahmen mit der Band mitgereifte Publikum hat da schon längst begonnen, den nach anfänglicher Übersteuerung satt und wohlklingenden Sound auf geradezu symbiotische Weise mitzuerleben. Keine Spur von penetrant knipsend emporgereckten Mobiltelefonen, stattdessen eine miterlebende und glänzend gelaunte Gemeinde, die zu Beginn des Abends vom sehr leutseligen Burns auch noch beiläufig über den Umstand aufgeklärt wird, dass er erst vor kurzem Ahnenforschung betrieb und über seine Vorfahren aus dem Stuttgarter Stadtteil Sillenbuch erfahren habe.

Instrumentaleinwürfe und ausgefeilte Arrangements kommen, vorgetragen mal mit gediegenstem Alternativesound, mal mit drei Gitarristen und einer Bombastik samt Mariachibläsern und Akkordeon aus der üppig besetzten Begleitband, dass man sich im Ohrenkino beinahe den passenden Roadmovie oder Neo-Western zu imaginieren vermag. Sie wechseln sich ab mit den grandiosen Gesangsstücken, überwiegend von den beiden letzten Alben „Algiers“ und „Edge of the Sun“, und betören das Publikum mit einem fruchtigen Calexico-Cocktail aus Burns‘ fein timbriertem Gesang und dem charakteristischen, die Stilgrenzen weit sprengenden Americanarock der Band.

Hier wird vorgeführt, wie großes Songwriting funktioniert

Vor allem für die ganz alten Fans ist der wohl bewegendste Moment des Abends jener Augenblick, als zur enthusiastisch eingeforderten Zugabe zunächst nur Joey Burns und John Convertino, die beiden Gründer und Köpfe der Band, alleine auf die Bühne zurückkehren und an Schlagzeug und Gitarre auf eine wunderbar intime Art vorführen, wie großes Songwriting funktioniert. Allenfalls hätte man sich noch den dritten im Bunde herbeisehnt, den experimentierfreudigen Howe Gelb, aus dessen Wüstencombo Giant Sand sich die beiden Calexicaner Mitte der neunziger Jahre verabschiedet haben.

Am Ende eines wirklich vorzüglichen Konzerts dürfen dann doch noch die I-Phones hochgehalten werden – von den Roadies der Band, die bei der kollektiven Verneigung zum Abschied die Zuhörer beim Applaudieren filmen. Eine schöne Geste auch das, als Abschluss eines Abends, der wunderbar vorgeführt hat, wie richtig ausgereifte Unterhaltungsmusik funktionieren kann.