Gestrandet in Marseille: Ariane Ascaride in „Café Olympique“ Foto: Verleih

Eine Liebeserklärung an das Frankreich vor der Krise: Eine ganz besondere Atmosphäre erfüllt dieses Bewegtbild-Märchen des französischen Regisseurs Robert Guédiguian.

Filmkritik und Trailer zum Kinofilm "Café Olympique"

Da sitzt Ariane nun mit ihrem Kuchen und den brennenden Kerzen, und die Einzigen, die zum Geburtstag kommen, sind Nachrichten: Ihr vielbeschäftigter Mann und die Kinder teilen ihr nacheinander mit, sie seien leider verhindert. Also fährt Ariane einfach los, ohne Ziel, und entdeckt das Abenteuer Leben neu.

» Trailer zum Kinofilm "Café Olympique"

Eine ganz besondere Atmosphäre erfüllt dieses Bewegtbild-Märchen des französischen Regisseurs Robert Guédiguian. Wie alle seine Filme, die Romanze „Marius et Jeanette“ (1997) zum Beispiel oder das Gewerkschafts-Drama „Les Neiges du Kilimandjaro“ (2011), hat er wieder in seiner Heimatstadt Marseille gedreht. Und er hat erneut seine Lieblingsschauspieler um sich versammelt, allen voran seine Frau und Muse Ariane Ascaride in der Hauptrolle.

Die Ariane im Film landet in einem Café am Strand, das seine besten Tage hinter sich hat und in dem vor allem Seniorengruppen verkehren. Der Wirt Denis (Gérard Meylan) bietet Gestrandeten Zuflucht, dem nur verwirrt erscheinenden Philosophen Jack (Jacques Boudet), der Hure Lola (Lola Naymark) oder dem ehemaligen Wärter des Naturkundemuseums (Youssouf Djaoro), der in Albträumen eine Zukunft sieht, in der kein Platz mehr ist für das Strandgut der Natur – wie die Bewohner des Café Olympique selbst welches sind. Ariane darf im Boot des Wirtes nächtigen, das azurblaue Mittelmeer bleibt als Ort der Sehnsucht im Hintergrund all gegenwärtig.

Die anarchischen Verweigerer im Café wandeln sich zur Befreiungsbewegung, der Film ist eine wehmütige Liebeserklärung an das Frankreich vor der Krise. Er erinnert an schwindende Gewissheiten und Lebensqualitäten sowie an eine Geborgenheit, die der globalisierte Neoliberalismus nur noch denen bietet, die sie sich leisten können.

Am Ende schießt Guédiguian ein wenig übers Ziel hinaus und verirrt sich in einen Theatertraum. Eines gelingt ihm aber auf jeden Fall: Er ruft in Erinnerung, wie bereichernd und was für ein großes Vergnügen es sein kann, sich mit den nicht immer auf Anhieb nahbaren Einwohnern der großen Kulturnation Frankreich ein bisschen ausgiebiger zu beschäftigen. In puncto Widerstand könnten die Deutschen nach wie vor viel lernen vom Land des verstorbenen Stéphane Hessel, dessen Büchlein „Empört Euch!“ aus gutem Grund ein internationaler Bestseller war.

Was sonst noch im Kino in Stuttgart läuft, finden Sie in unserem Kino-Programm.