Roland Schmid und Olaf Schulze (rechts) präsentieren die neue Tafel. Foto: Georg Linsenmann

Ein Monument der Zeit: Der Burgholzhofturm ist heuer 125 Jahre alt. Der Verein Pro Alt-Cannstatt hat eine Tafel mit der Geschichte des Bauwerks erstellt.

Bad Cannstatt - Mit 358 Metern über dem Meeresspiegel ist die Stelle der höchste Punkt von ganz Bad Cannstatt. Er allein schon bietet einen schönen Ausblick über das Neckartal, und durch die Rebhänge auch hübsche Ausschnitte zur unten lagernden Stadt. Kein Wunder, dass hier schon früh Aussichtsbänkle platziert wurden: „Und dann haben die Cannstatter aus dem Bänkle einen Turm gemacht“, merkt Olaf Schulze vom Verein Pro Alt-Cannstatt vor Ort launig an. Und weil Schulze zum eben gefeierten 125. Geburtstag der Eröffnung des Burgholzhofturmes auch die Turmgeschichte recherchiert hat, weiß er, dass es am Standort einen Vorläufer gab: „Der war aber sehr bescheiden. Eine Holzgerüst im Stile eines Jägerstandes, mit einer Linde verbunden.“

Form eines altertümlichen Kastells

Die Cannstatter wollten aber höher hinauf. Eine Gedanke, der in dem 1880 gegründeten „Verschönerungsverein Cannstatt“ seit 1881 sprießte und der die Sache dann vorantrieb. Stattlich und repräsentativ sollte es zudem sein, entsprechend des gewachsenen bürgerlichen Selbstbewusstseins und gründerzeitlichen Elans im Zuge der Reichsgründung von 1871. Realisiert wurde so der Entwurf des Oberamtsbaumeisters Friedrich Keppler, seines Zeichens auch Schriftführers des Verschönerungsvereins.

Besonders gefiel an dem Plan die „Form eines altertümlichen Kastells“. So ist der Turm auch ein bauliches Dokument des Historismus. Und sein altdeutscher Stil macht heute, im Abstand der Zeit, auch das Pittoreske des Bauwerkes aus. Bemerkenswert war übrigens der Instinkt, während des Baues eine um anderthalb Meter größere Höhe zu beschließen. Der Effekt an dem so 27 Meter hoch gewordenen Turm ist beachtlich, denn die Erhöhung hat der kernigen Kombination von Travertin-Blöcken und rotem Ziegelstein eine leichtere, schlankere Anmutung beschert.

Kronprinz Wilhelm von Württemberg war nicht bei der Einweihung

Zum Geburtstag ist Schulze übrigens einer Legende auf die Spur gekommen: „Kronprinz Wilhelm von Württemberg war nicht, wie bisher kolportiert, bei der Einweihung. Zu der Zeit war er, von der Jagd im Schönbuch kommend, auf dem Rückweg ins Schloss Ludwigsburg.“ Immerhin hatte er mit einer Spende zur Realisierung beigetragen, wie auch der Cannstatter Gottlieb Daimler. Den Hauptteil der Baukosten stemmte freilich die Bürgerschaft: mittels Spenden und Anteilsscheinen.

In dieser Linie steht auch das Bemühen von Pro Alt-Cannstatt, den Turm, der wundersamerweise den Bombenhagel des zweiten Weltkrieges überstanden hatte und im Gegensatz zu anderen Stuttgarter Türmen auch nicht gesprengt wurde als vermeintlicher Orientierungspunkt für Alliierte Bombenflieger, in den 1980-er Jahren zu restaurieren und wieder allgemein zugänglich zu machen. Zwar hat die Stadt Stuttgart, in deren Eigentum der Turm seit 1937 ist, den Hauptteil der Sanierung gestemmt. Doch auch die hiesigen Vereine haben ein erkleckliches Sümmchen beigetragen. Und legendär ist die Aktion, den angesammelten Taubenmist in Zwei-Kilo-Portionen zu verscherbeln. Heute bewirtschaften diverse Vereine in der Saison den Turm wochenends, parallel sorgt der Förderverein Burgholzhofturm für freien Zugang – und fühlt sich auch dem Unterhalt des Turmes verpflichtet. Der Verein hat nun auch eine große Tafel bewerkstelligt, mit der anschaulich dargestellten Turmgeschichte. Sie wird demnächst beim Turm platziert: Gut sichtbar, am höchsten Punkt von Cannstatt.

Tipp
Der Förderverein des Ferienwaldheims Steinhaldenfeld bewirtet am Wochenende, 1. und 2. Oktober, den Burgholzhofturm. Die Hocketse beginnt am Samstag um 12 Uhr und am Sonntag um 10 Uhr. Es gibt Leckereien vom Grill sowie Kaffee, Kuchen und Waffeln. Der Erlös kommt dem Ferienwaldheim Steinhaldenfeld für die nächste Ferienwaldheim-Saison zugute.