Will die Bundeswehr als Arbeitgeber attraktiver machen: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen Foto: dpa

Wochenlang musste sich Verteidigungsministerin von der Leyen mit Ausrüstungsproblemen der Bundeswehr herumschlagen. Jetzt will sie gleich mit zwei Themen in die Offensive gehen: Wohltaten für die Soldaten und ein neues Konzept für die Sicherheitspolitik.

Berlin - Schon wieder Alarm. Nach nur vier Minuten. Die Technik mal wieder, in diesem Fall aber keine Panne bei der Truppe. Feueralarm im Gebäude. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die gerade ihr Gesetz zur Steigerung der Attraktivität des Arbeitgebers Bundeswehr vorstellt, sagt mit einem Lächeln: „Wir waren’s nicht.“ Die Feuerwehr ist schnell zur Stelle. Fehlalarm.

Von der Leyen war gerade bei der „großen Folie“, der Weltkarte der Krisen und Kriege und der Einsätze der Bundeswehr. DieCDU-Politikerin ist jetzt gut zehn Monate oberste Befehlshaberin der Streitkräfte. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz Ende Januar hatte sie – gemeinsam mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) – den ersten großen Aufschlag gehabt. „Gleichgültigkeit ist keine Option“, hatte die Verteidigungsministerin damals gesagt und ein stärkeres Engagement Deutschlands in der Welt angekündigt. Von der Leyen hat Wort gehalten, womöglich mehr, als ihrenSoldaten lieb ist.

Sie listet die aktuellen Herausforderungen auf: Ukraine-Krise, Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat, Ebola-Einsatz in Westafrika. Was die Bundeswehr kann und macht? Luftbrücken aus dem Senegal nach Liberia sowie eine weitere Luftbrücke nach Erbil zur Unterstützung der kurdischen Peschmerga im Nordirak. Medizinische Notfallhilfe und Evakuierung sowie Ausbildung der Peschmerga für deren Kampf gegen den IS.

Doch von der Leyen hat noch andere Baustellen. Die Bundeswehr steht mit dem Ende der Wehrpflicht in direkter Konkurrenz mit der Wirtschaft, vor allem mit dem Mittelstand, „um die klügsten Köpfe und die geschicktesten Hände“, wie die Ministerin betont. Dieser Wettbewerb um Fachpersonal ist hart, und die Bundeswehr hat nach Befund ihrer Ministerin nur Chancen, wenn sie attraktiver wird. Eineinhalb Stunden zuvor hat von der Leyen ihr sogenanntes Artikelgesetz zur Attraktivitätssteigerung bei der Bundeswehr durch das Kabinett gebracht. Wohlgemerkt: mit der Zustimmung des Bundesfinanzministers. Höhere Attraktivität kostet Geld, in der Spitze bis zu 300 Millionen Euro jährlich.

Von der Leyen hatte schon früh im Jahr aufhorchen lassen, als sie eine bessere Vereinbarkeit von Soldatendienst und Familie und auch ansehnlichere Kasernen mit Flachbildschirmen in den Stuben ankündigte. Jetzt legt die CDU-Politikerin mit insgesamt 22 Maßnahmen nach, die ab Sommer 2015 den Dienst in der Truppe attraktiver machen sollen. Sie weiß: Mit Unterkünften, die „nicht einmal den Standard einer Monteursbaracke haben“, kann die Bundeswehr mögliche Anwärter kaum mehr locken. Mit dem neuen Gesetz soll es erstmals eine Regelarbeitszeit von 41 Wochenstunden für Soldaten geben. Überstunden darüber hinaus sollen künftig bezahlt werden. Für Soldaten mit bestimmten Aufgaben wie Informatiker oder Flugzeugmechaniker soll es einen „Personalbindungszuschlag“ geben können. Und für Zeitsoldaten plant die Ministerin eine bessere Altersversorgung in der Gesetzlichen Rentenversicherung.

Die Zeiten ändern sich. Von der Leyen will Reform und Modernisierung für die Bundeswehr. Sie ist wieder bei den diversen Krisenbögen. Es geht um Fähigkeiten und auch um (nationale) Interessen. Es gibt Bündnisverpflichtungen auch zur Krisenbewältigung. Zusammengefasst sind die außen- und sicherheitspolitischen Ansprüche und Herausforderungen Deutschlands im sogenannten Weißbuch. Das bislang letzte datiert aus dem Jahr 2006. Doch von der Leyen ist mit Außenminister Steinmeier zu der Erkenntnis gekommen: Nach knapp zehn Jahren ist es wieder an der Zeit für ein neues „Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“. Die Werte der Bundeswehr seien „universell: das Recht und die Freiheit tapfer zu verteidigen und dem Frieden in der Welt zu dienen“. Jetzt soll ein neues Weißbuch eine Welt mit veränderten Bedrohungen, von IS-Terror über Ebola bis hin zu Cyberkrieg, berücksichtigen.