Martin Schulz will die SPD in den Debatten zurück ins Spiel bringen, deshalb formuliert er Bedingungen für Koalitionen. Foto: dpa

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz stellt Bedingungen für Koalitionen und muss angesichts schwacher Umfragen hoffen, dass dies überhaupt noch jemanden interessiert. Ihm bleibt derzeit nur die Fortführung der großen Koalition.

Berlin - SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz versucht auf den letzten Metern vor der Bundestagswahl, angesichts schwacher Umfragewerte das Ruder noch einmal herumzureißen. Er spitzt altbekannte Forderungen zu, er wendet sich per Livestream ans Volk, lässt Briefe verschicken, Anzeigen schalten. Wenig lässt er unversucht, um rauszukommen aus dem Funkloch, in das die SPD nach dem TV-Duell mit der Kanzlerin gefallen ist.

Schulz müsse handeln, bevor für seine Partei alles zu spät ist und die SPD womöglich noch unter 20 Prozent rutscht, so die Einschätzung der Parteistrategen. Denn es werde zwar über vieles in der Republik derzeit geredet: über den Kampf der kleineren Parteien um Platz drei, das Erstarken der AfD, die Frage, wer diesmal Kanzlerin Angela Merkel den Steigbügel halten wird. Allein die SPD komme in all diesen Erzählungen kaum noch vor. Also geht Schulz in die Offensive, bemüht sich um inhaltliche Abgrenzung.

„Gern als Vizekanzlerin“

Also zieht Schulz auf allen verfügbaren Kanälen rote Linien für eine Koalition mit der SPD. In ganzseitigen Anzeigen verspricht er handschriftlich, sich „als Bundeskanzler“ für gerechte Löhne für Frauen und Männer, die Abschaffung der „willkürlichen Befristung“ oder ein Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit einzusetzen. Die entscheidende Frage, mit wem er denn nach der Bundestagswahl „keine Kompromisse“ eingehen will, lässt Schulz allerdings auch auf einer Pressekonferenz am Montag unbeantwortet, auch wenn er tapfer behauptet, nach der Wahl mit „Prozessionen“ der anderen Parteien Richtung Willy-Brandt-Haus zu rechnen. Denn für die SPD ist derzeit die einzig realistische Machtperspektive die Fortführung der innerparteilich so verhassten großen Koalition – und zwar als Juniorpartner. Sowohl Dreibündnisse mit FDP und Grünen, als auch mit Linken und Grünen sind rechnerisch weit entfernt von der Chance auf Realisierung. Gleichwohl hält Schulz seinen Anspruch aufs Kanzleramt aufrecht. „Wer Merkel ablösen will, der muss Schulz wählen“, sagt er. Und: „Wenn Frau Merkel in mein Kabinett eintreten will, kann sie das gerne als Vizekanzlerin tun.“

Münteferings Leitsatz wird gern zitiert

Schulz sagt zwar: „Diese große Koalition möchte ich ablösen.“ Aber auch wenn Schulz anderes behauptet: Keine seiner Forderungen ist für die Union ein absolutes Ausschlusskriterium und zumindest in der SPD-Führung wird außerdem noch immer gern der Leitsatz des ehemaligen SPD-Chefs Franz Müntefering zitiert: „Opposition ist Mist“. Merkel wäre ihrerseits wohl nur zu gern bereit, wieder mit den Genossen zu regieren. Die SPD-Basis ist dies aber ganz sicher nicht. Deshalb wird in der Partei auch ausgeschlossen, dass Schulz bei einem Ergebnis unterhalb des historischen, 2009 von Frank-Walter Steinmeier eingefahrenen Tiefststandes von 23 Prozent überhaupt noch das Mandat bekommt, Verhandlungen mit der Union zu führen. Dann, so heißt es, bleibe in der SPD „kein Stein auf dem anderen.“