Ute Vogt auf dem Wilhelmsplatz: Früher mischte sie ganz oben mit, heute genießt sie es, sich als einfache Abgeordnete wieder tief in Themen einarbeiten zu können und häufiger in der Stadt präsent zu sein. Foto: Max Kovalenko

Am 22. September ist Bundestagswahl. Wen schicken die Stuttgarter nach Berlin? Wir stellen die Kandidaten der fünf im Bundestag vertretenen Parteien in Kürze vor. Heute: Ute Vogt (SPD).

Stuttgart - Festen Boden unter den Füßen hat Vogt seit 2009 wieder. Damals eröffneten ihr die Stuttgarter Sozialdemokraten die Möglichkeit, nach Berlin zurückzukehren. „Ich bin der Stuttgarter SPD dankbar für diese zweite Chance, sonst hätte ich die Politik drangegeben und wäre in meinen Beruf als Rechtsanwältin zurückgekehrt“, sagt Vogt heute.

Dem Bundestag hatte sie schon von 1994 bis 2005 angehört. In der rot-grünen Regierung war die Badenerin zur Staatssekretärin bei Innenminister Otto Schily aufgestiegen. Gerhard Schröder zählte sie nach einer höchst respektabel bewältigten Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 2001 gegen Erwin Teufel zur Führungsreserve der Genossen. Die junge Frau galt als jederzeit für höhere Aufgaben verwendbar.

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Nach 2001 aber folgte eine Achterbahnfahrt mit zuletzt miserablen Werten bei der Landtags- und Bundestagswahl. Dazu kam das Mobbing der alternden Alpha-Männchen in der eigenen Landtagsfraktion. Vogt konnte mit ihrer schnoddrig-frechen Art keinen Meter Boden gut machen. Schließlich schmiss sie als Fraktions- und Landesvorsitzende hin und ging zurück nach Berlin.

Fälschlicherweise verorten sie viele noch immer in Pforzheim

Heute genießt es die passionierte Motorradfahrerin (BMW GS 1150), sich als einfache Abgeordnete wieder tief in Themen einarbeiten zu können und häufiger in der Stadt präsent zu sein. „Als Landesvorsitzende musste ich zu allem sofort ansprechbar sein“, sagt Vogt. Mit ihrem Partner, der Motorradreisen veranstaltet, hat sie ein altes Häuschen in Botnang instand gesetzt. Seit vier Jahren ist sie Stuttgarterin, fühlt sich hier heimisch. Fälschlicherweise verorten sie viele noch immer in Pforzheim.

Gerechte Löhne und bezahlbarer Wohnraum beschäftigen die Stuttgarter. „Das sind unsere Themen, das ist unser sozialdemokratisches Profil, damit können wir stärker werden“, hofft Vogt. Sie hofft auch darauf, dass Stuttgart 21 nicht noch hochploppt. Die Genossen gelten zwar als die Erfinder der Volksabstimmung, sind aber noch immer über den Tiefbahnhof zerstritten.

Gut möglich, dass die SPD am 23. September vor der Wahl steht, mit dieser CDU eine große Koalition zu bilden. „Opposition ist Mist“, den alten Müntefering-Spruch will Vogt nicht absolut setzen. Im Parlament auf der falschen Bankseite zu sitzen, sei jedenfalls unbefriedigend. Die Option, wieder als Juniorpartner mit der CDU zu regieren, sieht Vogt aber als noch größeren Mist an. Die Gefahr sei groß, „dass sich die SPD damit erneut kaputt macht“. Die Demoskopen haben Rot-Grün nicht völlig abgeschrieben. Auch sie versuchen sich, wie Vogt mit abgedunkelter Brille und Langstock, in unbekanntem Terrain voranzutasten. Verlassen kann sich auf die Umfragewerte keiner.

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