Bundesratspräsident Winfried Kretschmann (Grüne, links) und sein Vorgänger Horst Seehofer (CSU). Foto: dpa

Die Länderkammer wählte am Freitag einstimmig den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann zu ihrem Präsidenten.

Berlin - Winfried Kretschmann schreibt ein zweites Mal Geschichte: Als erster Grünen-Politiker steht der Ministerpräsident Baden-Württembergs für ein Jahr an der Spitze des Bundesrats. Die Länderkammer wählte ihn am Freitag einstimmig zum neuen Präsidenten. Im vergangenen Jahr war der 64-Jährige als erster Grüner zum Regierungschef eines Bundeslandes gewählt worden. Kretschmann folgt als Bundesratspräsident auf Bayerns Regierungschef Horst Seehofer (CSU). Offizieller Beginn seiner Amtszeit ist am 1. November. Seehofer sagte zu dem Stabwechsel von Bayern an Baden-Württemberg: „Es bleibt also im Süden.“

Kretschmann bezeichnete seine neue Aufgabe als Herausforderung. „Ich bin natürlich ein wenig aufgeregt“, sagte er dem Fernsehsender Phoenix. „Die Erwartungen sind sehr groß und sicher nicht erfüllbar.“ Er wolle das Amt aber gut ausfüllen - und den Föderalismus in Deutschland etwas populärer machen. „Die Länderkammer hat einen gewaltigen Einfluss“, betonte der Grünen-Politiker. „Das ist zu wenig bekannt.“ Daran wolle er etwas ändern und die Arbeit des Bundesrates transparenter machen.

Endlagersuche als wichtigste Aufgabe

Dem neuen Bundesratspräsidenten dürften einige Debatten zur Energiewende und zum Problem eines Atommüllendlagers bevorstehen. Kretschmann betonte, er wolle bei der Energiewende eine moderierende Rolle einnehmen und die unterschiedlichen Interessen zusammenbringen. Es sei eines der herausragenden Projekte, die Chancen seien größer als die Risiken. Kretschmann beklagte aber: „Zurzeit wird zu viel über die Risiken und zu wenig über die Chancen geredet.“

Auch bei der Endlagerfrage will der neue Chef der Länderkammer auf einen Kompromiss hinarbeiten. „Da geht es um 100.000 Jahre und nicht um den nächsten Wahltermin“, mahnte er. Das müssten alle Beteiligten vor Augen haben, andernfalls sei keine Einigung möglich. „Wir brauchen einen nationalen Konsens“, sagte er. „Dafür setze ich mich mit aller Kraft ein.“

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte dem Sender Phoenix, er hoffe, dass es Kretschmann gelinge, die Blockade der rot-grünen Länder aufzubrechen. Dass nun einen Grünen-Politiker den Bundesrat führe, sei in der Sache aber nichts Besonderes.

Der Bundesratspräsident leitet die Sitzungen der Länderkammer und vertritt den Bundespräsidenten, wenn das Staatsoberhaupt sein Amt nicht ausüben kann. Die Ministerpräsidenten lösen sich in dieser Funktion in der Reihenfolge der Einwohnerzahl ihrer Länder ab. Im kommenden Jahr wird Niedersachsen den Chefsessel im Bundesrat einnehmen. Da dort im Januar eine Landtagswahl ansteht, ist noch unklar, wer auf Kretschmann folgen wird.

Der baden-württembergische Europaminister und EU-Ausschussvorsitzende Peter Friedrich (SPD) wird nun auch den Vorsitz der Europakammer des Bundesrates übernehmen.