Zum Abschluss die Nationalhymne: Frauke Petry (l-r), Julian Flak, Albrecht Glaser und Beatrix von Storch vom Bundesvorstand der AfD. Foto: dpa

In der Flüchtlingsfrage halten die radikalen Kräfte auf dem Bundesparteitag der AfD in Hannover still. Doch das könnte sich in Zukunft ändern – Anzeichen dafür gibt es bereits.

Hannover - Wo steht die AfD – fünf Monate nachdem Parteigründer Bernd Lucke herausgedrängt wurde? Bei ihrem ersten Parteitag nach der Abspaltung des nationalkonservativen Flügels in Hannover war keine Wehmut zu spüren. Im Gegenteil: Die Delegierten haben die Partei nach ihrem Verständnis von Ballast aus der Phase befreit, die vom Hamburger Professor geprägt war.

Vor allem ist dies an der Satzung zu sehen. Recht diszipliniert haben die Delegierten die Satzung an der Stelle geändert, wo es um die Führungsspitze geht. In der Lucke-Version war noch bis Ende November eine Doppelspitze vorgesehen. Anfang Dezember, so sein Plan, wäre der Weg frei gewesen für ihn als alleiniger Vorsitzender.

Dieser Idee musste Lucke schon vor Monaten abschwören. Jetzt wurde aber auch die Satzung korrigiert: Das Tandem aus Frauke Petry aus Sachsen und Jörg Meuthen aus dem Südwesten strampelt vorerst zusammen weiter. Die AfD hat die Abwanderung von Bernd Lucke und seinen Truppen zahlenmäßig erstaunlich gut verkraftet. War unmittelbar nach dem Parteitag in Essen, wo Lucke den Machtkampf verlor, ein Viertel der 21 000 Mitglieder ausgetreten, so hat sich die Zahl der Mitglieder bei etwa 19 000 inzwischen wieder stabilisiert.

AfD ist zur Ein-Thema-Partei geworden

Der Aufschwung in den Umfragen ist beachtlich: Je nach Institut wird die AfD gerade bundesweit um die Zehn-Prozent-Marke gehandelt. Zwischenzeitlich lag sie sogar vor der Linkspartei und beanspruchte damit, drittstärkste Partei zu sein.

Die guten Zahlen der AfD in Umfragen und bei den Mitgliedern fallen in eine Phase, in der die Zuwanderung von Flüchtlingen nach Deutschland das alles beherrschende Thema geworden ist. Auch in Hannover wurde immer wieder deutlich, dass die AfD regelrecht zur Ein-Thema-Partei geworden ist. Während in der Gründungsphase noch die Sorge um den Euro im Mittelpunkt stand, ist es jetzt die Befürchtung, dass zu viele Zuwanderer kommen. Vordergründig sind die persönlichen Konflikte in der Führungsriege der jungen Partei beigelegt. Derzeit erhebt niemand den Anspruch, die derzeitigen Parteichefs zu verdrängen. Allerdings gibt es handfeste Meinungsunterschiede über Tonlage und politischen Kurs.

Immer wieder tauchte diese Unzufriedenheit auch in Hannover auf, allerdings nur in einzelnen Wortmeldungen. Die Partei war sichtlich bemüht, ein Bild der Geschlossenheit abzugeben. Das war in Hannover auch deswegen einfacher, da diesmal nicht alle Mitglieder kommen durften, sondern nur die Delegierten. Da wurde mancher Heißsporn vorher aussortiert. Bei Gesprächen hinter vorgehaltener Hand machten aber immer wieder Delegierte deutlich, dass sie Töne von Petry und Meuthen für zu moderat halten.

Riskante Strategie

Ein Delegierter sagte, was viele dachten: „Das erinnert mich hier aber ganz stark an die alte Lucke-Truppe.“ Strategie der Parteiführung ist aber offensichtlich, politisch nicht weiter zu polarisieren. Die Öffentlichkeit soll nicht verschreckt werden, etwa mit Forderungen nach Abschaffung des Grundrechts auf Asyl.

Diese Strategie ist riskant. In den ersten Umfragen bröckelt die Zustimmung zur AfD bereits. Wenn dies im Vorfeld der wichtigen Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz so weitergeht, dürften die radikaleren Kräfte nervös werden: Hier ist vor allem an den Brandenburger Landeschef Alexander Gauland zu denken, der sich beim Parteitreffen weitgehend zurückhielt, sowie an den Thüringer Landeschef Björn Höcke. Hinter ihm scharen sich jene, die parteiintern die härteste Gangart in der Flüchtlingsfrage verlangen. Nach Hannover war Höcke nur als Gast gekommen. Das dürfte beim nächsten Parteitag anders werden.