Investoren versorgen die Proficlubs mit immer mehr Geld Foto: gena96/Fotolia

Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) schränkt die Mehrfachbeteiligung und damit den Einfluss finanzstarker Investoren auf die Proficlubs ein. Zugleich zementiert sie die Vormachtstellung des Volkswagen-Konzerns. Vereine wie der VfB Stuttgart geraten zunehmend ins Hintertreffen.

Stuttgart - Sieht so die Zukunft der Bundesliga aus? VW Wolfsburg spielt gegen Bayer Leverkusen, die vom Mäzen Dietmar Hopp beherrschte TSG Hoffenheim trifft auf Red Bull Leipzig. Oder, auf die Spitze getrieben: VW Wolfsburg empfängt Audi Ingolstadt – entscheidet dann der Volkswagen-Konzern, ob er selbst oder seine Tochter Audi die Begegnung gewinnt?

Die Bundesliga – gesteuert von allzu ambitionierten Investoren? Dieses Szenario hatte gedroht, bevor die Deutsche Fußball-Liga (DFL) nun festlegte: Künftig dürfen Unternehmen und Mäzene an maximal drei Kapitalgesellschaften der Lizenzligen und nur an einer davon mit zehn Prozent oder mehr beteiligt sein. „Das Ziel ist der Schutz der Integrität und der Glaubwürdigkeit des sportlichen Wettbewerbs“, sagt Ligapräsident Reinhard Rauball.

Allerdings: keine Regel ohne Ausnahme. Der Volkswagen-Konzern hält Beteiligungen an den Bundesligisten Bayern München und VfL Wolfsburg sowie am Zweitligisten Ingolstadt – zweimal mit mehr als zehn Prozent. „Diese Beteiligungen wurden erworben, als die neuen Statuten noch nicht gegriffen haben“, sagt DFL-Geschäftsführer Christian Seifert.

Die Kapitalisierung ist weit fortgeschritten

Deshalb genießen sie Bestandsschutz, was Kritiker wie den Frankfurter Sportrechtler Thomas Dehesselles bestärkt: „Innerhalb einer Liga sind Mehrfachbeteiligungen sportpolitisch höchst bedenklich.“ Davon abgesehen öffnen die Beispiele Wolfsburg, Hoffenheim, Leipzig und Ingolstadt aber auch den Blick auf die Geldströme innerhalb der Bundesliga, in der die wirtschaftliche Schere zunehmend auseinanderklafft – je mehr Geld die Konzerne in den Fußball stopfen.

Offiziell tragen die Vereine verklärende Namen wie VfL, TSG, Rasenballsport und FC. Sie alle sagen nichts aus über deren finanzielles Potenzial. Dabei ist die Kapitalisierung der Liga weit fortgeschritten – auf Kosten von Traditionsvereinen wie dem Hamburger SV und dem VfB Stuttgart, der den Zug der Zeit verpasst hat und sich erst 2016 als Kapitalgesellschaft neu aufstellen will. Sie alle haben zunehmend Mühe, sich der wirtschaftlichen und sportlichen Dominanz der Investorenclubs zu erwehren.

Die Konzerne drängen in die Champions League, die Altmeister zehren von vergilbten Fotos vergangener Triumphe und mühen sich mehr schlecht als recht, sich in der Bundesliga zu behaupten. Auf Mitleid dürfen sie nicht hoffen. „Ich sehe einzelne Traditionsclubs, die aus sich selbst heraus Probleme haben. Aber ich sehe keine Gesamtkrise der Traditionsclubs“, sagt Christian Seifert.

Einzelschicksale also, die darin begründet sind, dass das Modell des eingetragenen Vereins (e. V.) ausgedient hat. Längst reichen Sponsoren, TV-Gelder, Dauerkartenverkauf, Logen und Merchandising bei weitem nicht mehr, um mit den neureichen Clubs Schritt zu halten. „Die Organisation als Verein ist schon seit Jahren nicht mehr tragfähig“, sagt Martin Kind, der Präsident von Hannover 96.

Die mühsame Eröffnung neuer Geldquellen

Borussia Dortmund hatte die neuen Anforderungen am schnellsten erkannt. Als Vorreiter bei der Eröffnung neuer Geldquellen ging der BVB schon 2001 an die Börse und nahm durch die Ausgabe von Aktien 130 Millionen Euro ein. Heutzutage versprechen nur noch Finanzierungsformen wie Börsengänge, Kapitalerhöhungen, Fananleihen oder der Einstieg von Investoren wie Dietrich Mateschitz ausreichenden Nachschub an frischem Kapital.

Vor sechs Jahren gründete – Kritiker sagen: erfand – der Besitzer des österreichischen Brauseherstellers Red Bull mit dem Startrecht des damaligen Nordost-Oberligisten SSV Markranstädt einen Club, den er RasenBallsport (RB) Leipzig nannte. Seither hat Mateschitz angeblich rund 100 Millionen Euro in den Verein gesteckt, der nun an der Schwelle zur Bundesliga steht. Einziger Zweck war und ist das Marketing des Getränke-Giganten Red Bull (RB). Je bekannter und erfolgreicher der Club, so das Kalkül von Mateschitz, desto mehr Dosen seiner Brause bringt er unters Volk.

Größer und mächtiger ist selbst in der Bundesliga nur das Wolfsburger Modell. Der dort ansässige Volkswagen-Konzern sponsert mit seinen Marken VW, Audi und Seat 16 der 36 deutschen Profivereine, darunter Schalke 04, Werder Bremen und Eintracht Braunschweig. Seit 2012 ist VW für rund 3,5 Millionen Euro pro Saison offizieller Partner des DFB-Pokals.

100 Millionen Euro pro Saison

An den VfL Wolfsburg, der dem Konzern zu 100 Prozent gehört, überweist VW rund 100 Millionen Euro pro Saison – rund zwei Drittel des VfL-Gesamtetats. Die VW-Bank hilft dem VfL gern mal mit einem Kredit aus. Einem internen Prüfbericht zufolge betrug schon 2010 der Darlehensrahmen 51 Millionen Euro. Damit lässt sich auf dem Transfermarkt einiges bewegen – siehe zuletzt der Winter-Transfer von Weltmeister André Schürrle für eine Ablöse von 32 Millionen Euro.

Mit den finanziellen Zuwendungen verknüpfen VW und andere Konzerne nicht selten ein Mitspracherecht und Einflussnahme auf sportliche Belange – frei nach dem Motto: Wer zahlt, bestimmt. So fallen beim VfL Wolfsburg die wichtigen Entscheidungen nicht auf der Geschäftsstelle in der VW-Arena. Trainer und Manager werden nebenan im zwölften und 13. Stock des VW-Verwaltungshochhauses verpflichtet oder entlassen.

Hier haben die VW-Vorstände Francisco Javier Garcia Sanz und Hans Dieter Pötsch ihre Büros. Beide sitzen im VfL-Aufsichtsrat – ebenso wie Stephan Grühsem, Leiter der Konzern-Kommunikation, und Bernd Osterloh, der VW-Betriebsratschef. Diese vier haben Sitz und Stimme im Präsidium und Aufsichtsrat des VfL, sie sind die wichtigsten Geldgeber der Fußballer und zugleich deren Kontrolleure.

Im Aufsichtsrat: Audi, Adidas, Allianz

Eng ist VW auch mit Bayern München verflochten. Über Audi ist das Unternehmen zu 8,33 Prozent an der AG des Rekordmeisters beteiligt, in dessen Aufsichtsrat der VW-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn sitzt. Auch Adidas und die Allianz halten je 8,33 Prozent Anteile. Zusammen zahlten die drei Unternehmen 275 Millionen Euro für insgesamt 24,9 Prozent der Anteile. Auch Adidas und die Allianz sind im Aufsichtsrat der Münchner vertreten. Dass die Bayern nun auch noch die Allianz-Arena 16 Jahre früher als geplant abbezahlt haben, verschafft ihnen einen zusätzlichen Vorteil gegenüber der sportlich wie finanziell ohnehin heillos unterlegenen Konkurrenz: Dadurch nehmen sie noch einmal rund 25 Millionen Euro pro Jahr mehr ein.

Ein wichtiges Standbein von VW ist auch der FC Ingolstadt. Über die VW-Tochter Audi hält deren Tochter Quattro GmbH 19,94 Prozent an der Fußball GmbH des Zweitligisten, der nicht von ungefähr an der Tabellenspitze steht und in die Bundesliga strebt. Der Audi Immobilien Verwaltung gehören das Ingolstädter Stadion (Audi-Park) und das Trainingsgelände. Im sechsköpfigen Aufsichtsrat des FCI saßen bisweilen bis zu vier Audi-Manager. Heute sind es zwei ehemalige und zwei aktive Audi-Entsandte wie Martin Wagener, der schon 2011 verkündet hatte, die zweite Liga sei „nicht der Anspruch von Audi“.

Vier Jahre später ist das Ziel zum Greifen nahe. Gelingt der Aufstieg, knallen auch im fernen Wolfsburg die Sektkorken.