Im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge arbeiten derzeit viele Aushilfskräfte. Foto: dpa

Um Asylverfahren zu beschleunigen, hat das Flüchtlings-Bundesamt seine Mitarbeiterzahl fast verdoppelt. Viele der neuen Kollegen würden jedoch viel zu schlecht geschult, meinen Kritiker. Ein Urteil aus Karlsruhe scheint ihnen Recht zu geben.

Nürnberg/Karlsruhe - Zunächst will man gar nicht glauben, dass es sich bei dem Schriftstück um einen offiziellen Asylbescheid handelt. In dem zwölfseitigen Papier wimmelt es nur so von Doppelungen, internen Hinweisen und Platzhaltern. Doch der ablehnende Bescheid an einen Asylbewerber aus Albanien wurde genau so zugestellt - und vom Verwaltungsgericht Karlsruhe prompt wieder aufgehoben. Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl, Grünen-Politiker und langjährige Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bezweifeln, dass es sich um einen Einzelfall handelt. Sie beklagen seit langem, dass die Qualität der Entscheidungen leide, seit die Behörde neue Mitarbeiter im „Hau-Ruck-Verfahren“ einstelle.

„Peinlich für das Bundesamt, was da so in die Post gesteckt wird“, kommentiert Bernd Mesovic von Pro Asyl den BAMF-Bescheid. Jutta Graf von den Grünen nennt das Papier „unterirdisch von vorne bis hinten“. Im Februar hatte die zuständige Karlsruher Richterin in ihrem Urteil festgestellt, der Entscheid sei „formell rechtswidrig“ und „unzumutbar“. Er enthalte ein riesiges „Durcheinander von für den Sachbearbeiter bestimmten Hinweisen auf Textbausteine und wohl für den Adressaten bestimmten Textpassagen“. Zuerst hatten die „Nürnberger Nachrichten“ über das Karlsruher Urteil berichtet.

BAMF steht unter immensem Druck

BAMF-Sprecherin Andrea Brinkmann betont, es handele sich hier um einen Einzelfall: „Verborgener Text aus dem Texthandbuch ist hier fälschlicherweise in der Druckversion des Bescheides erschienen.“ Eigentlich gebe es gegen so etwas „Sicherheitsvorkehrungen“. Grundsätzlich sei der Bescheid auch nicht falsch, sagt Brinkmann. Die „Regieanleitungen“ mitten im Text seien aber „natürlich eine Zumutung für jeden Leser und absolut nicht im Einklang mit unseren Qualitätsstandards“. Die Behörde nehme den Fall daher sehr ernst.

Das BAMF steht seit Monaten unter immensem Druck. Es soll Asylverfahren schneller bearbeiten - und so stellte die Nürnberger Behörde zuletzt Hunderte neue Mitarbeiter ein. Anfang 2015 hatten noch 2350 Menschen beim Bundesamt gearbeitet, inzwischen sind es knapp 4800. Bis Mitte des Jahres sollen es 6300 sein.

Brinkmann zufolge arbeitet der betroffene Entscheider erst seit kurzem im Bundesamt. Der Bescheid wurde in einem der vier „Entscheidungszentren“ erstellt, diesmal in Berlin. In den Zentren sollen vor allem unkomplizierte Fälle abgearbeitet werden - also von Menschen aus Ländern mit hoher Anerkennungsquote wie Syrien, Irak und Eritrea, oder aus sicheren Herkunftsländern, etwa vom Balkan.

Aushilfskräfte entscheiden über Schicksale

Viele der neuen Kollegen - gerade in den Entscheidungszentren - würden jedoch zu schlecht für ihre Aufgabe geschult, kritisieren Mesovic und Graf. Dabei entschieden sie schon nach wenigen Tagen über Menschenschicksale. Auch aus Behördenkreisen heißt es, in den Zentren seien meist keine erfahrenen Entscheider im Einsatz, sondern Aushilfskräfte. Das BAMF gibt die Einarbeitungszeit für Entscheider mit vier bis acht Wochen an. Früher dauerte das immer drei Monate.

Durch Entscheide wie den aus Berlin gehe das Abarbeiten der Asylverfahren nicht schneller voran, stattdessen falle letztlich Mehrarbeit für die Behörde und auch die Gerichte an, meinen die Kritiker. Doch momentan gehe Schnelligkeit vor Qualität. Gefährlich werde es vor allem in Zukunft, wenn der BAMF-Nachwuchs auch über die schwierigen Fälle entscheide. „Auch wir sind für zügige Verfahren“, sagt Graf. „Aber wir wollen, dass es faire und unvoreingenommene Anhörungen gibt. Das funktioniert unter diesem Zeitdruck nicht mehr.“