In Weilimdorf ist der Ausstieg aus dem Kreisverband beschlossene Sache, sagt Eckhardt Binder, Vorsitzender des BDS Weilimdorf. Foto: Bloch

Bei Handels- und Gewerbevereinen herrscht Unmut über den Bund der Selbstständigen, dem sie angehören und an den sie einen Teil der Mitgliedsbeiträge abführen. Wir haben uns bei den HGV-Vorsitzenden nach der Stimmung erkundigt.

Stuttgarter Norden - In Weilimdorf ist der Ausstieg aus dem BDS Kreisverband Stuttgart beschlossene Sache: Bei der Hauptversammlung im September hat die Mehrheit der rund 100 Mitglieder beschlossen, die Mitgliedschaft zu kündigen. „Wir haben keinen Vorteil mehr darin gesehen, im Verband zu bleiben“, erklärt der Vorsitzende Eckhardt Binder. „Wir hatten nicht den Eindruck, dass das Geld, das wir für die Mitgliedschaft zahlen, sich lohnt.“ Der Jahresbetrag schlage mit rund 5000 Euro zu Buche. Zuschüsse von ein paar Hundert Euro für einzelne Veranstaltungen hätten diesen Betrag nicht gerechtfertigt. Lieber wolle die Summe künftig in zusätzliche Aktivitäten in Weilimdorf gesteckt werden.

Erstmal will man es alleine versuchen

Abgesehen von dem Jahresbeitrag kann Binder in einer Mitgliedschaft keine weiteren Vorteile erkennen. Eine Vernetzung mit anderen Gewerbe- und Handelsvereinen habe man ohnehin bereits, zum Beispiel mit den Feuerbachern oder den Stammheimern. Und auch Rabatte etwa bei Versicherungen seien kein Argument mehr, denn Preisvorteile bekomme man ohnehin über die Verbände der jeweiligen Branche. „Da sind Unternehmen besser aufgehoben. Auch bei Problemen wissen sie in den speziellen Verbänden besser, wovon man spricht“, sagt Binder. Die Kündigung der Mitgliedschaft des Weilimdorfer BDS wird erst Ende 2015 rechtskräftig. Ein Beitritt bei dem sich neu gründenden Verein „Aktive Stuttgarter“ wird laut Binder vorerst nicht angestrebt. „Wir wollen dann erstmal schauen, ob wir es alleine schaffen, ehe wir gleich in den nächsten Verein eintreten“, sagt er.

Ein anderes Projekt solle im Laufe des nächsten Jahres vorbereitet werden: die Fusion des örtlichen BDS und der „Aktionsgemeinschaft Weilimdorf – Am Fuße der Solitude“, in der vorwiegend Händler von Geschäften rund um den Löwen-Markt beigetreten sind. „Wir wollen dann ein gemeinsamer Verein sein mit dem gleichen Ziel: Weilimdorf weiterzubringen.“

Bei den Versäumnissen der Vergangenheit ansetzten

Momentan, so erläutert Martin Schaaf, der Vorsitzende des Bundes der Selbstständigen/Gewerbe- und Handlesverein, plane man in Zuffenhausen keinen Austritt aus dem BDS. Allerdings befinde man sich in einer Zwickmühle, denn der im November gegründete Verein „Aktive Stuttgarter“, ein Zusammenschluss, dem auch zahlreiche HGVs angehören, biete durchaus positive Alternativen. „Wir Außenbezirke brauchen ein Sprachrohr“, sagt Schaaf. Dies, so ist aus seinen Worten herauszuhören, scheint der BDS-Kreisverband in letzter Zeit nicht mehr gewesen zu sein. Vielmehr seien dort in der Vergangenheit zum Teil Schwerpunkte gesetzt worden, die den Gewerbetreibenden nicht wirklich Vorteile gebracht hätten. Momentan, so Schaaf, habe man einfach keine Lobby bei der Stadt – im Gegensatz zu den Gewerbetreibenden aus der Innenstadt. Genau hier, so hofft Schaaf, könne der Verein „Aktive Stuttgarter“ ansetzen. Wie der BDS Zuffenhausen, der momentan rund 100 Mitglieder hat, künftig verfahren will, dass soll bei einer Mitgliederversammlung geklärt werden.

Ob man bei „Aktive Stuttgarter“ eintritt, muss auch der HGV Rot noch klären. Laut dem Vorsitzenden Matthias Walter soll dies Anfang nächsten Jahres entschieden werden. Im BDS sind die Roter kein Mitglied, und sie waren es auch nie. Dafür, so Walter, wäre der HGV Rot mit seinem guten Dutzend Mitgliedern einfach zu klein, um Einfluss nehmen zu können. Stattdessen hatte man in der Vergangenheit mit dem HGV Stuttgart/Stadt kooperiert.

Die Entwicklung des BDS und seine Zukunft

„Wir gehören zu den letzten Mohikanern, die die Flagge des BDS hoch halten“, sagt Axel Ueberschär vom HGV in Stammheim. Doch auch er hält einen Austritt für wahrscheinlich. Im Vorstand habe man sich bereits darüber verständigt und von einem Anwalt das Prozedere prüfen lassen. „Wir werden einen Beschlussantrag formulieren und bei der Mitgliederversammlung im März darüber abstimmen.“ Weil die Mitgliedschaft im Dachverband in der Satzung des HGV festgeschrieben ist und der BDS auch im Namen auftaucht, müsste die Satzung geändert werden. Ueberschär persönlich sieht wenig Vorteile darin, weiter Mitglied zu bleiben: „Für unsere praktische Arbeit ist der BDS kaum spürbar, dabei könnte der BDS die Gewerbevereine in vielen Bereichen unterstützen; etwa wenn es darum geht, Genehmigungen bei der Stadt einzuholen oder Mitglieder zu werben, dafür fehlt uns die Zeit.“ Für den Mitgliedsbeitrag beim BDS bekomme man zu wenig geboten: „Wir haben 70 Mitglieder und zahlen rund 3500 Euro pro Jahr an den BDS, dafür könnte man eine Aushilfskraft beschäftigen, die uns ein, zwei Tage im Monat unterstützt. Damit kämen wir weiter.“

Sind wir für den BDS da, oder der BDS für uns?

Seinem Gefühl nach sei der BDS mehr mit sich selbst und der Politik beschäftigt als damit, die Handels- und Gewerbevereine vor Ort zu unterstützen. „Ich stelle mir schon die Frage: Sind wir für den BDS da, oder der BDS für uns?“ Ueberschär beklagt fehlendes Interesse von Seiten des BDS: „Dass wir über einen Austritt nachdenken, ist sei längerem bekannt, doch in den vergangenen Wochen hat sich keiner vom BDS nach uns erkundigt.“ Zunächst stehe der Beschluss über den Austritt aus dem Dachverband im März an, eine Mitgliedschaft bei den „Aktiven Stuttgartern“ hält der Stammheimer Vorsitzende für möglich: „Darüber denken wir ernsthaft nach.“

Der Botnanger GHV ist seit vielen Jahren nicht mehr Mitglied im BDS-Kreisverband. „Wir sind noch vor meiner Zeit als Vorsitzender ausgetreten. Das ist also mehr als elf Jahre her“, sagt Matthias Oechsner. „Ich glaube ich war damals der Einzige, der dafür war, drin zu bleiben.“ Der Kosten-Nutzen-Faktor wurde damals in Frage gestellt. „Wir hatten einen Jahresbeitrag von 50 Euro. Die Hälfte ist an den Kreisverband gegangen. Dafür war die Unterstützung einfach nicht groß genug“, sagt Oechsner. Ob der GHV Botnang nun beim Verein „Aktive Stuttgarter“ mitmache, werde in der Mitgliederversammlung im Februar thematisiert. „Kostenlos ist die Mitgliedschaft dort aber auch nicht“, sagt Oechsner.

Von den einst 23 Gewerbe- und Handelsvereinen seien nur noch fünf Mitglied im BDS Stuttgart, sagt Jochen Heidenwag. Der Vorsitzende des Gewerbe- und Handelsvereins (GHS) Feuerbach ist gleichzeitig stellvertretender BDS-Kreisvorsitzender. Als er vor fünf Jahren sein Amt antrat, sei der Erosionsprozess in vollem Gange gewesen. „Wir haben nicht alle Mitglieder in den letzten fünf Jahren verloren.“ Beim GHV Feuerbach gebe es momentan keine Bestrebungen, aus dem BDS auszusteigen. Und in Mühlhausen sei ein derartiger Antrag zuletzt von den Mitgliedern mehrheitlich abgeschmettert worden. Heidenwag stellt sich dennoch der Kritik: „Die Ortsvereine wollen konkrete Hilfen und Unterstützung haben. Unterm Strich kommt da zu wenig Leistung vom BDS-Landesverband.“ Es genüge einfach nicht, wenn BDS-Vertreter lediglich als Lobbyist bei hochrangigen Politikern in Erscheinung treten: „Dann wird zum 100. Mal die Forderung gestellt, dass die Gewerbesteuer endlich abgeschafft werden müsse“, sagt Heidenwag. Der BDS-Landesverband tue zu wenig für die Vereine vor Ort. Andersherum sei es aber auch schwierig: „Wenn wir die Ortsvereine fragen, welche konkreten Hilfen und welche Unterstützung wollt ihr denn haben: Dann wissen sie oft nicht, wie diese Aktivitäten aussehen sollen.“