Nicht wenige Besucher des Aktionstages interessierten sich für E-Bikes (oben). Am Stand von Car2Go konnten sich Interessierte als Neukunde registrieren lassen. Foto: Ralf Recklies

Die Stadt wirbt in den Bezirken für E-Mobility und alternative Mobilitätskonzepte. Das Thema ist oft negativ besetzt wegen hoher Kosten und geringer Reichweiten. Dabei spielt letzteres in der Stadt gar keine Rolle.

S-West - Wir müssen das Thema Elektromobilität vor allem emotional an die Menschen heranbringen“, sagte Patrick Daude. Der Mitarbeiter der Abteilung Mobilität im Referat Koordination und Planung des Oberbürgermeisters zeichnet für die Organisation der Informationsveranstaltungen verantwortlich, mit denen die Stadt derzeit in den Bezirken im Rahmen des von der EU geförderten Projektes „2move2“ für E-Mobility und alternative Mobilitätskonzepte wirbt.

„Wir wollen mit den Veranstaltungen die Menschen dort erreichen, wo sie leben, ihnen nahebringen, wie die Infrastruktur für Elektromobilität vor der eigenen Haustür aussieht und welche Carsharing-Modelle es gibt“, sagte Daude. Ein Schwerpunkt liege dabei auf dem Thema E-Bikes. Dass beim jüngsten Aktionstag im Stuttgarter Westen am vergangenen Samstag der große Run ausgeblieben ist, hat Daude betrübt, aber wenig überrascht. Auch bei den beiden vorangegangenen Infoveranstaltungen – zuletzt in der Zehntscheuer in Zuffenhausen – sei der Zuspruch eher verhalten gewesen.

Nicht aber, weil sich die Menschen für einen Mobilitätswandel nicht interessierten. Das Thema sei oft negativ besetzt, weil von zu hohen Kosten und zu geringen Reichweiten gesprochen werde, wie Hendrik Handke, Verkaufsleiter im Autohaus von der Weppen, sowie Luigi Zullo vom Netzwerk „Emobility Experts“ erklärten.

„Dabei spielt gerade im Stadtverkehr das Thema Reichweite fast keine Rolle“, erklärteHandke. Luigi Zullo glaubt, dass „zu wenig und vor allem zu wenig sexy“ über das Thema informiert werde. So habe die Stadt ein Programm aufgelegt, mit dem der Kauf von Taxis mit Elektromotor mit 15 000 Euro gefördert werde. In anderthalb Jahren sei davon nur dreimal Gebrauch gemacht worden. „Wir haben uns des Themas jetzt angenommen und in fünf Wochen schon 13 Anschaffungen von E-Taxis auf den Weg gebracht“, sagte Zullo.

„Die Stadt hat die richtigen Ansätze, nur ist E-Mobility für viele Menschen noch immer ein Thema für Freaks“, sagte Zullo. Wichtig sei es daher, schon die Jüngsten zu erreichen. Bei einem Projekt an einer Grundschule habe er erlebt, dass Kinder „offen und interessiert“ sind und wissen wollen „ob man sein Elektroauto direkt an ein Windkraftrad anschließen kann“.

Auch beim Aktionstag am Bürgerzentrum West setzte Zullo daher auf die Kinder der Familien, die den Platz, auf dem die E-Mobile stehen, meist zufällig passierten. Immer wieder forderte er die Eltern auf, ihre Kleinen doch mal in einem der ausgestellten Fahrzeuge Platz nehmen zu lassen. Blieben die Passanten erst mal stehen, kam Zullo leicht mit ihnen ins Gespräch.

Ins Gespräch kommen wollten die Fachleute am Samstag mit den Bürgern aus dem Westen auch bei Vorträgen und Diskussionen. Mangels Teilnehmer fielen diese aber aus. „Wir holen die Leute jetzt eben direkt auf der Straße ab“, so Patrick Daude. Trotz oder gerade wegen des schleppenden Interesses der Bürger, soll es rund 20 weitere Veranstaltungen geben, darunter Aktionstage in Degerloch und Bad Cannstatt.

Für Edgar Augel von Stadtmobil ist jeder Aktionstag wichtig, selbst wenn sich die Einsätze nicht immer gleich in Neuanmeldungen niederschlagen. Allein im Stuttgarter Westen habe man aktuell rund 280 Fahrzeuge zur Verfügung, die im Carsharing genutzt werden könnten. Während Stadtmobil vor Ort keine Anmeldungen entgegennimmt, ist eine Registrierung am Stand von Car2Go direkt möglich. Dies nutzen – angesichts einer verringerten Startgebühr – auch einige Besucher des Aktionstags. So auch eine Westbewohnerin, die sich mit ihrem Mann ein Fahrzeug teilt, hin und wieder im Stadtgebiet aber ein Fahrzeug benötigt – „und da ist so ein Smart echt gut“, mutmaßt sie, nachdem sie sich das Prinzip hat erläutern lassen.

Dass außer den ebenfalls präsentierten E-Bikes keines der Fahrzeuge zur Probe gefahren werden konnte, bedauerte ein Besucher. „Das können wir bei einem solchen Aktionstag aber nicht leisten“, sagte Daude. „Sonst müssten wir beispielsweise auf die Messe gehen, wo wir den entsprechenden Platz hätten. Aber wir wollen ja möglichst nah an den Bürgern sein.“