Die Obertürkheimer haben bei der Bürgerversammlung viele Fragen gestellt. Foto: Claudia Leihenseder

Bei der Bürgerversammlung sind viele Probleme angesprochen worden. Die Verwaltung hat Antworten gegeben und Lösungen versprochen.

Obertürkheim - Für Fritz Kuhn ist es am Montagabend ein halbes Heimspiel gewesen. Nicht nur, weil er von seinem einstigen Wohnort Luginsland aus oft nach Obertürkheim und Uhlbach gelaufen ist, sondern auch, weil der Bezirksvorsteher Peter Beier ihn vor 22 Jahren getraut hat.

Diese Anekdote wurde aber nur am Rande erzählt. Für die Obertürkheimer war es am Montagabend bei der Bürgerversammlung das erste Mal, dass der noch relativ neue Oberbürgermeister die Versammlung in ihrem Bezirk leitete – und das in einer sehr offenen Atmosphäre: „Wir wollen hören, wo der Schuh drückt, und schauen, was wir tun können“, sagte Kuhn vor Beginn der Diskussionsrunde. „Denn der Souverän sind Sie.“ Die Verwaltung sei lediglich ein Dienstleister.

Den Kreisverkehr endlich umsetzen

Die Bürger von Obertürkheim nahmen ihren OB beim Wort und sprachen viele Probleme an – angefangen vom Verkehr über fehlende Kita-Plätze bis zur Infrastruktur. So mahnte Uwe Reiff, der Vorsitzende des Bürgervereins Obertürkheim-Uhlbach, die Stadtverwaltung, den gewünschten Kreisverkehr an der Kreuzung Otto-Hirsch-Brücken/Imweg/Göppinger Straße endlich umzusetzen: „Wir hätten gern eine Reduzierung des Lärms und des Schadstoffausstoßes, außerdem eine angenehme Gestaltung des wesentlichen Eingangs von Obertürkheim“, sagte Reiff und forderte gleichzeitig die Umgestaltung der Göppinger Straße zwischen Bahnhof und Otto-Hirsch-Brücken. „Das liegt seit 25 Jahren auf dem Tisch.“ Damit rannte Reiff teilweise offene Türen ein: „Der Kreisverkehr muss umgesetzt werden“, sagte Kuhn. Nur die Finanzierung würde noch fehlen. Baubürgermeister Matthias Hahn gab noch zu bedenken: Sollte der Bau des Kreisverkehrs jetzt beschlossen werden, so sei kein Raum für die Umgestaltung der Göppinger Straße: „Das müssten wir um zwei Jahre verschieben.“

Fezer bot Transparenz und Gespräche an

Susanne Belz drückte der Schuh allerdings an einer ganz anderen Stelle. Die zweifache Mutter und Leiterin einer Krabbelgruppe machte ihrem Unmut in der Versammlung Luft: „Ich muss Ihnen mitteilen, dass wir als Eltern extrem unzufrieden mit der Arbeit des Jugendamts sind“, sagte die Obertürkheimerin und forderte eine zentrale Vergabe von Kita-Plätzen. „Das hat mit Gerechtigkeit nichts zu tun, wie das derzeit läuft.“ Hintergrund ist die schon seit Jahren schlechte Versorgung des Stadtbezirks mit Kita-Plätzen sowie die Vergabepraxis der Einrichtungen. Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer verteidigte ihr Jugendamt, erteilte jedoch dem vorgebrachten Vorschlag eine klare Absage: „Eine zentrale Vergabe wird es nicht geben, das gibt es auch nirgendwo anders“, sagte Fezer. In Stuttgart könne jeder Träger und jede Einrichtung selbst entscheiden, wer in die entsprechende Kita kommt. „Da gibt es keine Ungerechtigkeit“, betonte Fezer – und auch keinen „Nasenfaktor“, wie ein Zwischenrufer in der Versammlung vermutete. Fezer bot Transparenz und Gespräche an: „Sagen Sie mir, wo konkret Ungerechtigkeiten passieren“, sagte Fezer. Und der OB wiederholte das Angebot, über Kriterien der Vergabe zu reden: „Frau Fezer kommt gern zu Ihrer Elterngruppe.“

Ulrich Schlumberger, der Vorsitzende der Evangelischen Kirchengemeinde machte in Sachen Kita-Plätze einen konstruktiven Vorschlag, der seinen Aussagen zufolge vor Jahren im Sand verlaufen war: Er brachte Räume in der Andreaskirche direkt neben dem Bezirksrathaus ins Gespräch und fragte, „ob da nicht die Möglichkeit besteht, Raum für eine Kita zu schaffen“ und regte eine Zusammenarbeit mit der Kita Heidelbeerstraße an. Fezer griff das Angebot gerne auf: „Wir überprüfen gerade alles, was bei drei nicht auf den Bäumen ist, was sich als Kita eignet“, sagte die Bürgermeisterin.

Auch Verkehrsprobleme waren ein zentrales Anliegen der Obertürkheimer, wie etwa der Schleichverkehr durch die Weinberge oder die zu schnell fahrenden Autos in der Asangstraße: „Vor einem halben Jahr ist dort ein Kleinkind angefahren worden“, sagte eine Obertürkheimerin. Ordnungsbürgermeister Martin Schairer verteidigte erst die geltenden 50 Stundenkilometer und betonte, dass Verkehrszählungen nichts anderes rechtfertigen würden. Die Bürger blieben bei der Asangstraße jedoch beharrlich, bis Schairer zusicherte, dass die Stadt statistische Messgeräte – also keine Blitzer – anschaffen und eines davon an der Asangstraße einsetzen werde. „Da wird Tag und Nacht gemessen. Dann schauen wir mal, was dabei herauskommt.“

Bei der Bürgerversammlung kamen auch kleinere Anliegen zur Sprache, wie ein seit Jahren bestehendes Bushaltestellenprovisorium an der Serachstraße, ein vergessener Zaun am Trogwiesle, eine nicht abgeschrägte Bordsteinkante am Zebrastreifen vor der Grundschule Obertürkheim oder fehlende Beschilderungen für den Friedhof. „Wir haben uns viel notiert. Da geht nichts unter“, versprach Fritz Kuhn am Ende.

Rund um die Bürgerversammlung

Zahlen:
Obertürkheim hat derzeit 8342 Einwohner. Davon leben 5420 in Obertürkheim und 2922 in Uhlbach. Im Vergleich zu Dezember 2005 sind das 5,4 Prozent mehr Einwohner. Der Anteil ausländischer Mitbürger beträgt 24,5 Prozent (2005: 23,6 Prozent). 39,5 Prozent der Obertürkheimer haben einen Migrationshintergrund.

Kindertagesstätten:
Seit der letzten Bürgerversammlung 2006 sind zwei Kitas gebaut worden (Uhlbacher Straße 52 und Franz von Assisi). Zudem ist 2001 in der Augsburger Straße 695 ein weiterer Gruppenraum geschaffen worden. Zur Diskussion steht derzeit, die Interimskita Trollinger Straße dauerhaft zu nutzen.

Versorgung:
Innerhalb von zwei Jahren ist die Versorgungsquote von Kindern zwischen null und drei Jahren von 17 Prozent (2011) auf 24 Prozent (2013) geklettert. Bei der Ganztagesbetreuung für dieses Alter ist die Zahl von 14 auf 17 Prozent gestiegen. Kinder zwischen drei und sechs Jahren sind zu 91 Prozent in Obertürkheim versorgt (2011: 95 Prozent). Dafür gibt es durch eine Angebotsumstellung mehr Ganztagesplätze.

Nachbericht
: Zu den Themen, die bei der Versammlung besprochen wurden, wird die Stadt von November an Informationen im Internet veröffentlichen. Unter der Internetadresse www.beteiligungsportal-stuttgart.de wird es auch eine Kommentarfunktion geben. Die im Vorfeld vor der Versammlung gestellten Fragen auf dem Portal sind bereits beantwortet worden