Mit der Arbeit im Stuttgarter Rathaus sind die Bürgervereine überraschend zufrieden Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Exklusiv: Die Stuttgarter Bürgervereine wollten OB Fritz Kuhn die größten Ärgernisse im Umgang mit der Stadtverwaltung schreiben. Doch nach einer Umfrage ist die Zufriedenheit größer als erwartet.

Stuttgart - Eigentlich hätte Oberbürgermeister Fritz Kuhn einen geharnischten Brief bekommen sollen. Einen, in dem die Bürgervereine der Stadt auflisten, welche Erschwernisse ihnen die Stadtverwaltung auferlegt. Wie groß der Ärger über die Ämter ist. Doch der Briefkasten dürfte leer bleiben: Die Liste wäre zu kurz.

Die Arbeitsgemeinschaft Stuttgarter Bürgervereine hat ihre 33 Vereine mit 6000 Mitgliedern angeschrieben und sie gebeten, ihre Beschwerden aufzuschreiben. Auslöser waren verschiedene Ereignisse, die manchem Ehrenamtlichen den Eindruck vermittelt haben, er sei verzichtbar. So gab es etwa beim Hofener Bürgerverein immer wieder Ärger mit der Stadt. Zuletzt kam von dort die Ankündigung, den traditionellen Weihnachtsmarkt nicht mehr auszurichten – unter anderem, weil die Ämter dem Verein „jedes Jahr aufs Neue Knüppel zwischen die Beine werfen“, so die Vorsitzende. Andere Vereine äußerten ähnliche Erfahrungen.

Doch der Rücklauf auf das Anschreiben ist übersichtlich. Es habe nur eine konkrete Reaktion gegeben, sagt Sonja Jäger, die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft: „Davon sind wir selbst etwas überrascht. Aber es freut uns natürlich, wenn die Bürgervereine offenbar mit der Zusammenarbeit mit der Stadt zufrieden sind.“ Sie lobt ausdrücklich die Bemühungen der Verwaltung in den vergangenen Monaten. So habe etwa Hans-Jörg Longin vom Ordnungsamt einen Vortrag bei den Vereinen gehalten und das Angebot gemacht, Fragen auf kurzem Weg unkompliziert zu klären.

Der Ärger ist dennoch nicht vorüber

Ganz ausgeräumt ist der Ärger vieler Ehrenamtlicher damit aber nicht. Nach wie vor klagen viele von ihnen über hohe Auflagen und unüberwindliche Hürden etwa bei Veranstaltungen. „Die Bürokratie wird immer mehr. Aber oftmals kann auch die Stadtverwaltung nichts dafür“, sagt Sonja Jäger. Auf ihren Aufruf hin kamen von den angeschlossenen Bürgervereinen zwar kaum Beschwerden über die Stadt, allerdings hätten sich einige andere Vereine gemeldet, die sich beklagt hätten. „Für die können wir aber nicht sprechen“, sagt die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft.

Für Ärger sorgt zudem weiterhin, dass die Stabsstelle für bürgerschaftliches Engagement sparen muss. Deshalb fallen kleinere Leistungen weg – etwa die kostenlose Zustellung des Amtsblatts an insgesamt 23 Bürgervereine. Auch solche Aktionen zeigten, dass bei der Wertschätzung der Ehrenamtlichen in der Stadt noch Luft nach oben gebe, heißt es bei den freiwillig Engagierten.

Reinhold Halder, der Leiter der Stabsstelle, hatte zuletzt bedauert, sparen zu müssen. Der Etat für Sachmittel sei bei 123 500 Euro im Jahr gedeckelt, eine dringend benötigte Personalstelle sei nicht genehmigt worden, sagte er unserer Zeitung. Man würde gern mehr für das Thema tun, könne es aber nicht: „Ideen und neue Projekte sind da. Wir fühlen uns jedoch wie ein Fechter, der nach vorne laufen will, aber am Gummiband zurückgehalten wird.“ Manche Projekte seien nur möglich, weil man seit Jahren selbst finanzielle Mittel eintreibe.