Beim Bürgerhaushalt können Bürger Vorschläge machen, doch der Gemeinderat entscheidet Foto: Leif Piechowski

Der von der Stadt praktizierte Bürgerhaushalt ist aus Sicht des Stuttgarter Haus- und Grundbesitzervereins dringend reformbedürftig.

Stuttgart - Der von der Stadt praktizierte Bürgerhaushalt ist aus Sicht des Stuttgarter Haus- und Grundbesitzervereins dringend reformbedürftig. Anstatt in der Gesamtstadt Projektvorschläge zu sammeln und über diese per Internetklicks abstimmen zu lassen, sei die direkte Zuweisung von Geld an die Bezirksbeiräte sinnvoller. Wie in München solle das Budget der Beiräte um zwei Euro pro Einwohner erhöht werden. In den Bezirken könne die Entscheidung über örtliche Projekte bürgernah fallen.

Zum Bürgerhaushalt 2016/17 reichten 40 000 Teilnehmern 3700 Vorschläge ein. Sie erhielten 1,2 Millionen Bewertungen. Die Zahlen erschienen beeindruckend, relativierten sich aber gemessen an der Einwohnerzahl (600 000), sagt Haus-und-Grund-Geschäftsführer Ulrich Wecker.

Das Bürgervotum bleibe unverbindlich, weil nur der Gemeinderat die Entscheidung treffe. Beim jetzigen System landeten Einzelinteressen systembedingt vorne, brennende kommunale Themen wie zum Beispiel Wohnungsbau rangierten in der Hitliste ganz hinten und fielen damit in die Bedeutungslosigkeit.

„So wie der Bürgerhaushalt jetzt gehandhabt wird, bringt er einen hohen finanziellen und personellen Aufwand“, kritisiert Vereinsvorsitzender Klaus Lang – früher Finanzbürgermeister – die Vorgaben.

Allein die Sachkosten erreichten 210 000 Euro. Dazu käme über Monate ein erheblicher Personalaufwand.

Haus und Grund hatte selbst 2013 versucht, über eine Postkartenaktion den Gemeinderat zur Senkung der Grundsteuer zu bewegen, war aber bei der öko-linken Mehrheit nicht durchgedrungen. Ein weiterer Versuch werde nicht gestartet, sagt Lang.

Für sinnvoller, gerechter und befriedigender für die Bezirke halten Lang und Wecker das Münchner Beispiel. Dort erhielten die Bezirke entsprechend der Einwohnerzahl mehr Mittel, die für eigene Themen eingesetzt werden könnten.

„So besteht eine realistische Aussicht, dass Vorschläge auch umgesetzt werden, der Entscheidungsweg ist gerechter und überschaubarer“, sagt Lang. Die Stadtverwaltung hat sich mit dem bisherigen Verfahren zufrieden gezeigt. Es wurde für dieses Jahr nur bei den Abstimmungsmöglichkeiten leicht verändert.