Geteilte Meinungen, getrennte Tische: links vorn sitzen die Befürworter der Pläne, rechts die Gegner. Foto: factum/Bach

Die Stadt unternimmt den Versuch, mit einer für jeden offenen Diskussionsrunde den erbitterten Streit um ihre Spielplatzpläne zu schlichten. Die Veranstaltung verdeutlicht vor allem, wo die Bürgerbeteiligung an ihre Grenzen stößt.

Herrenberg - Das Schlusswort lautet: „Wir sind uns nicht in allen Punkten einig geworden. Das wussten wir vorher.“ So sagt es Theo Rombach, der eigens als Moderator engagiert wurde. Seine vordringliche Aufgabe sollte sein, Ruhe im Saal zu wahren. Gut 150 Herrenberger sind in ihre Stadthalle gekommen, um ein Thema zu diskutieren, an dem sich Proteste und erbitterter Streit entzündet haben – entgegen aller Erwartungen: Herrenberg soll einen knapp 30 000 Quadratmeter großen Freizeitpark bekommen, fünf von insgesamt 74 Spielplätzen sollen vergrößert und erneuert werden. Dies allerdings nicht am gleichen Ort, sondern jeweils einige hundert Meter entfernt. Mit dem Verkauf der alten Standorte als Bauland soll das Projekt bezahlt werden. Die Nachbarn wollen ihre Spielplätze behalten. Dies ist der Anlass des Streits, der heute befriedet werden soll.

Jedenfalls ein wenig. In allen Punkten Einigkeit herzustellen, ist allein deswegen unmöglich, weil im Grundsatz Uneinigkeit herrscht: Darf eine Stadt zum Vorteil der Mehrheit eine Minderheit benachteiligen? Ja, meinen diejenigen, die links vorn im Saal auf dem Podium sitzen. Nein diejenigen, die rechts sitzen. In anderen Städten wäre die Frage längst beantwortet, vom Gemeinderat oder der Verwaltungsspitze. Aber Herrenberg nennt sich eben Mitmachstadt. Dass diesen Anspruch zu erfüllen nicht immer eine Freude ist, hat in den vergangenen Monaten zuvorderst ihr Oberbürgermeister Thomas Sprißler erfahren.

Schon zuvor waren die Bürger eingeladen, zu diskutieren

Schon vor diesem Abend waren die Bürger eingeladen, sich zu beteiligen, mitzuplanen, ihre Meinung zu sagen, eben mitzumachen. Nichts an den Plänen „war jemals geheim“, sagt Sprißler. Auch in diesem Punkt wird keine Einigkeit herzustellen sein, trotz dieses womöglich nicht bundesweit einmaligen, aber doch ungewöhnlichen Versuchs, Frieden zu stiften.

Jeder darf sich zu Wort melden, nicht nur die Pro- und Kontragruppen auf dem Podium. Beifall ist erlaubt, Missfallensbekundungen sind verboten. Ab und an muss Rombach die Regeln anmahnen. Die Vertreter der Stadtverwaltung sind – abgesehen von zwei einleitenden Reden – nur als Beobachter hier. Die Bürger sollen den Zwist im Austausch der Argumente unter sich ausmachen.

Letztlich offenbart der Abend vor allem die Grenzen der Bürgerbeteiligung. Kompromissvorschläge sind die Ausnahme. Vorwiegend wechseln beide Seiten die Für- und Gegenargumente, die seit Monaten gewechselt werden. „Die neuen Spielplätze werden großartig“, sagt Brigitte Stämmler-Fricke, und „Entfernung ist immer eine Frage des Standorts“. Soll heißen: Wenn der Weg sich für die einen verlängert, verkürzt er sich für andere. „Die neuen Standorte entsprechen nicht den Qualitätszielen der Stadt“, sagt Frank von Meißner. „Sie liegen am Rand, sind nicht sicher erreichbar und haben eine störende oder gefährliche Nachbarschaft.“ Auch diese Standpunkte dürften unvereinbar sein.

Die Entscheidung sollte längst gefallen sein

Eigentlich sollte die Entscheidung schon gefallen sein. Ursprünglich war ein Beschluss über die Pläne noch vor der Sommerpause geplant. Formal ist das gesamte Vorhaben um mindestens Monate verschoben. Das Ergebnis dieser Diskussion soll in die Pläne eingearbeitet werden und womöglich in einen Kompromiss münden.

Der kann letztlich nur eine Belastung für die Stadtkasse bedeuten. Mit zwei Millionen Euro sind die Pläne veranschlagt. 500 000 davon sollen aus dem laufenden Etat für die Spielplätze bezahlt werden. Die restlichen 1,5 Millionen soll eben der Verkauf der bisherigen Spielplatz-Grundstücke bringen. Alternativ die angepeilte Ersatzgrundstücke zu versilbern, ist laut Oberbürgermeister keine Lösung. Sie würden, da nicht mitten in Wohngebieten gelegen, keinen vergleichbaren Erlös bringen.

„Am Ende wird der Gemeinderat entscheiden.“ So hat Sprißler es schon vor Beginn der Debatte gesagt. Müssen – ließe sich anfügen angesichts der aufgeheizten Stimmung, zumal die inzwischen auch unter den Stadträten herrscht.