Ein Wanderer steht beim Ruhestein am Aussichtspunkt Wildseeblick. Foto: dpa

Beim Thema Nationalpark setzen die betroffenen Gemeinden auf die Meinung ihrer Einwohner.

Bad Wildbad - Die Bürger im Nordschwarzwald können sich vor Bürgerbeteiligungen kaum retten. Im vergangenen Sommer fing es an mit einer Postkartenaktion der Landesregierung. 120.000 Haushalte wurden angeschrieben, wer wollte, durfte Fragen und Anmerkungen zu dem geplanten Nationalpark loswerden. Es folgte eine Tagung in Bad Wildbad mit 350 Teilnehmern zu dem Thema. Mitte Mai dann setzte Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Grüne) sieben Arbeitskreise ein. Experten aus der Region sollen dabei ihr Fachwissen einbringen und Vorarbeit leisten für das Gutachten, das die Landesregierung in Auftrag gegeben hat und das Ende dieses Jahres vorliegen soll. Zusätzlich startete man im zuständigen Ministerium die Internetseite www.nordschwarzwald-nationalpark.de, auf der Neuigkeiten und Termine stehen. Auch ein Info-Telefon wurde eingerichtet.

Die großangelegte Überzeugungs-Offensive der Landesregierung lässt mittlerweile auch die betroffenen Gemeinden nicht mehr kalt. Zwar hat rein rechtlich der Landtag in Stuttgart das letzte Wort. Nur er kann die Einrichtung eines Nationalparks beschließen. Doch in Gemeinden wie Baiersbronn möchte man zumindest ein Wörtchen mitreden. Der geplante Nationalpark im Nordschwarzwald soll 10.000 Hektar groß werden und könnte – in Teilen zumindest – Baiersbronn mit einschließen. „Viele Bürger sind auf mich zugekommen und haben mich gefragt: ‚Wie soll sich die Stadt verhalten?‘“, sagt Bürgermeister Klaus Mack. Das Stadtoberhaupt ist selbst noch hin- und hergerissen. „Wenn ich in einer Veranstaltung der Nationalpark-Gegner sitze, höre ich gute Argumente.“ Unterhält er sich hingegen mit einem Befürworter des Nationalparks, könne er dessen Argumente genauso gut nachvollziehen.

Auch in Enzklösterle und Hofen gibt es Bürgerbefragungen

Für Mack steht nur eines fest: „Irgendwie muss sich die Stadt ja positionieren.“ Und das tut sie nun mit Hilfe ihrer Bürger. Im vergangenen Herbst veranstaltete die Gemeinde eine Bürgerversammlung – ebenso wie die Nachbarkommunen Enzklösterle und Hofen. Befürworter und Gegner kamen zu Wort. Im Internet kann man sich weiterhin melden: auf einer eigens eingerichteten Seite (hhtp://blog.bad-wildbad.de/category/nationalpark). Vor wenigen Tagen nun hat der Gemeinderat beschlossen, dass es zudem eine Bürgerbefragung geben soll – ebenfalls wie in Enzklösterle und Hofen. Einer regulären Wahl ähnlich werden die Bürger per Post angeschrieben und gebeten, ihre Stimme in einem Wahllokal abzugeben. Stattfinden sollen die Befragungen kurz nachdem die Landesregierung ihr Gutachten präsentiert hat. Rechtlich bindenden Charakter hat die Bürgerbefragung übrigens nicht. Sie soll vor allem dazu dienen, die Gemüter in Baiersbronn zu beruhigen. „Die Emotionen kochen teilweise sehr hoch“, sagt Mack.

Wie sich die Landesregierung verhält, sollten die Bürgerbefragungen eine klares Nein zum Nationalpark ergeben? Das kann derzeit niemand sagen, Landwirtschaftsminister Bonde hält eine Antwort auf diese Frage derzeit für verfrüht. In der Vergangenheit hatte er jedenfalls immer wieder betont, in Sachen Nationalpark werde es keine Entscheidung geben, die der betroffenen Region ein Konzept „überstülpe“.

Die Forderung nach einem Nationalpark ist nichts Neues in Baden-Württemberg. Sie fand sich bereits in der Naturschutzstrategie der schwarz-gelben Vorgängerregierung wieder. Grün-Rot schwebt nun ein sogenannter Entwicklungsnationalpark vor. Im Lauf der nächsten 30 Jahre sollen dabei rund 7500 Hektar Kernzone sich selbst überlassen werden. Die Grünen-Partei sieht darin große Chancen für Tourismus und regionale Wirtschaft. Die FDP befürchtet hingegen eine „Käseglocke über der Region“.