Die Geschäftsführer Bettina Klett, Norbert Daldrop und Petra Kiedaisch Foto: Kathrin Thimme

In die Senefelderstraße im Stuttgarter Westen ist vor kurzem der AV Edition-Verlag eingezogen. Das neue Domizil ist ein Standort mit Tradition im Druck- Buchgewerbe.

S-West - Die Entscheidung richtig. Die drei Geschäftsführer des Architektur-Verlags av edition – av steht für audio-visuell – fühlen sich pudelwohl in ihrem neuen Domizil an der Senefelderstraße 109. Die Sonne scheint ins helle, offene Büro; Bettina Klett, Petra Kiedaisch und Norbert Daldrop genießen das erste Eis des Jahres aus der im Erdgeschoss liegenden Eisdiele. „Je länger wir hier sind, desto besser wird es“, sagt Petra Kiedaisch.

Der Verlag besteht seit 1992; bis Ende vergangenen Jahres war er in Ludwigsburg, wo nach wie vor die Agentur av communication des Firmengründers Daldrop ihren Sitz hat. Der Umzug des Verlags in den Westen hatte aber berufliche wie private Vorteile für die Geschäftsführer. „Wir wohnen alle hier“, sagt Klett, die aus der gleichnamigen Stuttgarter Verlagsfamilie stammt. „Auch die Vertriebspartner sitzen hier, und außerdem ist im Westen die Dichte an Kreativschaffenden sehr hoch“, fügt Kiedaisch hinzu.

Alois Senefelder hat die Lithografie erfunden

Dass die neue Heimat des Verlags das Gebäude 109 an der Senefelderstraße/Ecke Schwabstraße geworden ist, stand nicht von Anfang an fest, passt aber gut. Denn mit dem Umzug des Verlags ist das Buchgewerbe in eine Straße und ein Haus zurückgekehrt, dessen Historie in eben dieser Branche liegt. „Alois Senefelder, nach dem die Straße benannt ist, ist der Erfinder der Lithografie“, sagt Kiedaisch, „und Gustav Schwab war ein schwäbischer Dichter“. Doch nicht nur die beiden Straßennamen weisen auf eine Vergangenheit des Buchgewerbes in dieser Ecke hin. Seit dem Bau des Hauses um die Jahrhundertwende bis in die 1980er Jahre hatte die Verlagsdirektion der Aktiengesellschaft Evangelische Gemeinschaft in Deutschland dort ihren Sitz. „In den Räumen des heutigen Eiscafés Flori & Palma war die evangelische Buchhandlung“, sagt Kiedaisch. Über die Stockwerke verteilt gab es neben Wohnungen eine Setzerei, eine Druckerei und eine Buchbinderei. „Der Getränkeladen nebenan war ein Papierladen und -lager“, sagt Kiedaisch.

Hier will der Verlag seine Tradition des gedruckten Buchs fortsetzen, in der neuen Konstellation der drei gleichberechtigten Geschäftsführer. Den Schritt erklärt Norbert W. Daldrop: „Ich bin nicht mehr der Hupf ins Feld“, sagt der 70-Jährige. „Deshalb habe ich die zwei Damen mit reingenommen und einen Neustart gemacht.“ Das Dreiergespann kennt sich schon viele Jahre. Petra Kiedaisch war bereits von 1996 bis 2011 Geschäftsführerin des Verlags und zuletzt als Verlegerin in Potsdam. Bettina Klett ist seit dem Neustart dabei, bleibt aber auch in der Wirtschaftsförderung der Region Stuttgart, wo sie seit 1996 arbeitet.

Bekenntnis zum gedruckten Buch

Das Bekenntnis zum gedruckten Buch ist den drei Geschäftsführern wichtig. Gewisse digitale Zusatzangebote seien nicht auszuschließen. Doch Bildbände leben durch große Bilder; es gehe auch um Haptik und um die maßstabsgetreue Abbildung von Architekturplänen- und skizzen. „Gerade im Fachbuchbereich setzt sich das Buch weiter durch“, sagt Kiedaisch. Und Klett ergänzt: „Es geht auch um die Wertigkeit des Lesbaren.“

Etwa 30 Bücher verlegt av edition pro Jahr. Davon 30 Prozent Unternehmensliteratur und 70 Prozent für den Einzelhandel. Seit 1998 erscheint in dem Verlag das Jahrbuch Messedesign. „Das war damals unser Durchbruch“, sagt Daldrop, der selbst Architekt ist mit „Liebe zum Buch“, wie er sagt. Damals sei diese Form der Architektur noch weitgehend unbekannt. Er selbst hat Messestände für namhafte Firmen aus Stuttgart entworfen. Durch das Jahrbuch hätte dieses Thema mehr Beachtung unter Architekten gefunden.

Mittlerweile ist es ein Selbstläufer. „Aus der ganzen Welt reichen sie Vorschläge bei uns ein für das Jahrbuch“, sagt Kiedaisch. „Zwei Herausgeberinnen des Magazins Plots sind die Jury.“ Und aus der Messe-Architektur haben sich längst weitere Trends der Inszenierung im Raum ergeben, beispielsweise die Museografie, die Gestaltung und Architektur von erlebbaren Ausstellungen oder die Architektur von Shops. „Dafür haben wir ein Buch in Planung“, sagt Kiedaisch, „denn die Szene wächst“.

Und der Verlag nutzt das aus. Das kreative Umfeld ihrer neuen Räume kann da nicht von Nachteil sein. „Man trifft hier auf der Straße so viele Designer, Architekten und andere Kreative“, sagt Kiedaisch, „es ist die perfekte Umgebung“.