Für diesen Brandanschlag in Nauen müssen sich fünf Angeklagte verantworten. Foto: dpa-Zentralbild

In Brandenburg wird gegen fünf Angeklagte wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung verhandelt. Die Radikalisierung am rechten Rand der Gesellschaft erreicht jetzt die Gerichtssäle.

Berlin - Die politische Klimaverschärfung und Radikalisierung am rechten Rand erreicht nun die Gerichtssäle: Erst kürzlich hat der Generalbundesanwalt nach der Anschlagsserie in der sächsischen Stadt Freital Anklage erhoben. Sieben Männern und einer Frau wird die Gründung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen, die Anschläge auf Asylbewerberheime und politisch Andersdenkende verübt haben soll. Auch in Brandenburg wird von diesem Donnerstag an gegen eine rechte Zelle verhandelt – in diesem Fall allerdings blieb die Anklage bei den Landesbehörden, obwohl der Generalstaatsanwalt die Einstufung als Terrorzelle als naheliegend betrachtet hatte.

Ein Klima der Angst verbreitet

Die Taten und die Zielrichtung ähneln den Geschehnissen in Freital: Mit Brandanschlägen und Druck auf Kommunalpolitiker soll eine Neonazitruppe in der Stadt Nauen über Monate ein Klima der Angst verbreitet haben. Die Gemeinde stand förmlich unter Schock, als im August 2015 die nagelneue Sporthalle, in der eine Flüchtlingsunterkunft geplant war, in Flammen aufging. Eine Sonderkommission mit mehr als 40 Polizisten ermittelte, die Zelle flog schließlich auf.

Wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung müssen sich nun von Donnerstag an der Nauener NPD-Stadtverordnete Maik Schneider und vier weitere Angeklagte vor Gericht verantworten. Lang hatte der Generalbundesanwalt abgewogen, ob er wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Die politische Motivation für die angeklagten Taten ist unbestritten. Die Staatsanwaltschaft wirft der Vereinigung als Ziel vor „Straftaten mit ausländerfeindlichem Hintergrund“ begangen zu haben. Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter spricht – in Anlehnung an die Wortwahl der RAF – von einer „rechten Stadtguerilla“.

Eine Gemeindeversammlung wurde sabotiert

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft sollen sich die Angeklagten über eine Whatsapp-Gruppe zu dem Brandanschlag auf die Sporthalle verabredet und den Bau angezündet haben. Die Halle brannte in Windeseile ab, es entstand Sachschaden in Höhe von 3,5 Millionen Euro. Dem NPD-Kommunalpolitiker wird vorgeworfen, bereits im Februar 2015 die Stadtverordnetenversammlung mit dem Brüllen ausländerfeindlicher Parolen sabotiert zu haben. Damals soll Schneider gemeinsam mit einer ganzen Truppe anderer Rechtsextremisten vor dem Gemeindezentrum erst gebrüllt und dann so bedrohlich gegen die Scheiben getrommelt haben, dass die Sitzung aus Sorge vor einer Eskalation abgebrochen wurde. An dem Tag sollte dort der Verkauf eines Grundstücks für ein Asylbewerberheim an den Landkreis beschlossen werden.

Eine Bombe vor einem Supermarkt

Einzelne Angeklagte müssen sich wegen unterschiedlicher Vorwürfe verantworten – dazu gehören ein Axt- und Brandanschlag auf das Fahrzeug eines polnischen Ehepaars, mehrere Anschläge auf das Büro von Abgeordneten der Linkspartei, das Zünden einer Zylinderbombe vor einem Supermarkt und eine Brandstiftung auf der Baustelle für ein Asylbewerberheim. Die auf zunächst elf Tage angesetzte Hauptverhandlung findet unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen statt. Es ist der erste Prozess am Potsdamer Landgericht wegen eines Brandanschlages auf ein Asylbewerberheim.

Schon seit Jahren liegt im Havelland ein Schwerpunkt der rechtsextremen Szene in Brandenburg. Nach Erhebungen des Verfassungsschutzes in Brandenburg gibt es nirgendwo im Land so viele gewaltbereite Rechtsextremisten und NPD-Ortsvereine wie in diesem Landkreis westlich von Berlin. Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten hat sich 2015 verdoppelt und liegt bei 129. Die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten stieg demnach 2015 um 50 auf 470. www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.nauen-in-brandenburg-geplante- fluechtlingsunterkunft-brennt-aus.c54300ec-75f5-46da-9466-c5e6415f02d