WBA-Weltmeister Gennady Golowkin (re.) ist der König der Knockouter – das bekam auch der australische Herausforderer Daniel Geale zu spüren Foto: Getty

Nächste Nachtschicht für die K.-o.-Maschine. Gennady Golowkin trifft in Los Angeles auf Marco Antonio Rubio, und er weiß: Schlägt er auch den Mexikaner, kommt er seinen großen Zielen wieder einen Schritt näher.

Los Angeles/Stuttgart - Gennady Golowkin (32) sieht nicht nur so aus, als könne er niemandem weh tun, er spricht auch so. Wenn er gefragt wird, was ihn so stark macht, dann antwortet er nicht wie im Kampfsport üblich mit markigen Sprüchen, sondern sagt in leisem Ton mit großen Augen: „Ich liebe Boxen. Das ist mein Leben.“

Doch Golowkin kann auch anders. Im Ring lässt er die Fäuste sprechen. 30 Kämpfe, 30 Siege, 27 Knockouts – der Kasache, der in Stuttgart lebt, gehört zweifelsohne zu den vier, fünf spektakulärsten Boxern, die es derzeit gibt. In der Nacht auf diesen Sonntag (ca. 4 Uhr/Sat. 1 live) hat der WBA-Weltmeister im Mittelgewicht (bis 72,5 kg) seinen nächsten Auftritt. Im Stub-Hub-Center in Los Angeles, das mit 8000 Zuschauern seit einem Monat ausverkauft ist, boxt er gegen den Mexikaner Marco Antonio Rubio, der es in 66 Kämpfen auf 59 Siege (51 durch K. o.) gebracht hat. „Das ist ein harter Brocken, ein richtiger Schläger“, sagt Oleg Hermann, „es wird ein Duell mit offenem Visier. Action ist garantiert – und das ist genau das, was wir wollen. Wir suchen die Herausforderung.“

Oleg Hermann ist der Manager von Golowkin. Er hat zusammen mit Tom Loeffler, dem Promoter aus der Klitschko-Firma K2, bei der Golowkin unter Vertrag steht, die Fäden in der Hand. Das Duo hat nicht nur den nächsten Kampf im Blick – es lenkt die Karriere des Kasachen. Schritt für Schritt. Oder besser: Schlag auf Schlag. „Die Leute wollen wissen, wer die Nummer eins im Mittelgewicht ist“, sagt Hermann, „und wir werden es ihnen zeigen.“

Bisher ist die Lage noch etwas verwirrend. Golowkin ist Titelträger des Verbandes WBA, doch auch Miguel Cotto (Puerto Rico/WBC) und Jermain Taylor (USA/IBF) nennen sich Weltmeister, um den WBO-Titel soll demnächst der Russe Matt Korobow boxen – gegen wen, das hat der Verband allerdings noch nicht festgelegt. Was das mit Golowkin zu tun hat? Einiges, denn er erklärt: „Mein Traum ist es, alle Titel zu vereinigen.“

Ob das klappen wird, ist schwer zu sagen, schließlich liegt es nicht allein in Golowkins Hand. Er kann noch so oft beteuern, sich jedem Gegner zu stellen – nicht jeder Gegner will sich ihm stellen. Vor allem nicht, wenn er dabei einen WM-Titel zu verlieren hat. „Wir können niemanden zwingen“, sagt Hermann, „Boxen ist ein Geschäft. Deshalb habe ich sogar Verständnis für Leute, die Golowkin lieber aus dem Weg gehen. Auch Felix Sturm war immer damit zufrieden, seinen Titel gegen leichte Gegner zu verteidigen, die er sich selbst ausgesucht hat.“

Einem wird das allerdings kaum mehr gelingen: Miguel Cotto. Golowkin liegt die feste Zusage des Verbandes WBC vor, dass der Puerto Ricaner gegen ihn antreten wird, falls er nun Rubio schlägt. Weil daran kaum jemand zweifelt, hat Hermann einen Zeitplan aufgestellt. Nach dem Kampf geht es zurück nach Stuttgart und nächsten Samstag weiter nach Monte Carlo. Dort stehen Verhandlungen mit dem Briten Martin Murray an, am 21. Februar könnte es in dem Fürstentum die Generalprobe für den Cotto-Kampf geben – live auf Sat. 1, dann zur besten Sendezeit. Und spätestens im Herbst 2015 soll die erste Titelvereinigung folgen. Gegen Cotto, falls dieser seinen Gürtel bis dahin nicht an den Mexikaner Saúl Alvarez verloren hat. „Beide sind ganz große Namen in Nord- und Mittelamerika“, sagt Hermann, „je größer der Kampf, desto besser für unseren Sport.“ Und den Geldbeutel.

Ende Juli hat Golowkin einen neuen TV-Vertrag über sechs Kämpfe mit dem Bezahlsender HBO unterschrieben. Pro Auftritt dürfte er rund eine Million Euro kassieren. Das ist ordentlich, aber kein Vergleich zu dem, was Boxer bei Pay-per-view-Kämpfen verdienen können. Pro Jahr gibt es bei HBO vier oder fünf Boxübertragungen, für die Zuschauer noch einmal extra bezahlen müssen, in der Regel rund 43 Euro. Am Gewinn sind die Athleten beteiligt. Obwohl Golowkin, der in Deutschland jahrelang für den Universum-Boxstall kämpfte und dort als Schutzschild für Felix Sturm diente, erst vor zwei Jahren in die USA ging, erzielt er bei HBO mit die besten Quoten. Deshalb besteht die berechtigte Hoffnung, dass ein Duell gegen Cotto oder Alvarez sein erster Pay-per-view-Kampf werden könnte. Es wäre der nächste Meilenstein auf dem Weg nach ganz oben. Und dort will Golowkin hin.

Dazu muss er seine K.-o.-Quote halten und noch mehr Titel holen, vielleicht auch eine Klasse höher. Im Supermittelgewicht (bis 76,2 kg) gibt es nicht nur Stars wie WBA-Champion Andre Ward (USA) oder IBF-Weltmeister Carl Froch (England), sondern auch WBO-Titelträger Arthur Abraham (Berlin). „Ich würde gerne gegen ihn boxen, glaube aber nicht, dass er will“, sagt Golowkin, „auf jeden Fall wäre ich bereit, für einen großen Kampf eine Klasse aufzusteigen.“

Schließlich sind seine Ziele so hoch, dass er sich von einem Gewichtslimit nicht aufhalten lassen kann. „Gennady“, meint Manager Hermann, „hat die Chance, sich zu einem Superstar des Boxens zu entwickeln.“ Eine schöne Perspektive für einen, der aussieht, als könne er niemandem weh tun.