Einweisung von Azubis an einer Universaldrehmaschine Foto: Bosch

Lehrlinge sind künftig zunehmend mit Smartphone und Tablet in der Werkhalle unterwegs, denn Digitalisierung und Vernetzung halten immer mehr Einzug in die Ausbildung. Das Unternehmen Bosch bindet das Thema verstärkt in die Ausbildung ein und sucht für Herbst 2016 erneut 1400 Azubis.

Stuttgart - Neue Berufsfelder sind in der vernetzten Fertigung, der Industrie 4.0, derzeit nicht erforderlich. „Die bestehenden Berufsbilder sind in der Regel so flexibel, dass sich benötigte Fach- und Methodenkompetenzen in die Lehrpläne integrieren lassen“, sagt Siegfried Czock, der beim Technologiekonzern Bosch für die Aus- und Weiterbildung in Deutschland verantwortlich ist.

Bosch wird das Thema Digitalisierung mehr und mehr in die Ausbildung einbinden – das reicht etwa von der Bedienung von Tablets bis hin zu Wissen um Netzwerk- und Funktechnologien. Das kann sogar so weit gehen, dass Azubis mit dem Smartphone unterwegs sind, um sich in der vernetzten Fertigung online Hilfe zuzuschalten.

Der Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften wachse, sagte Czock bei einer Online-Pressekonferenz. Zusätzliche Anforderungen wie umfassendes Wissen um Produktionsprozesse würden durch bestehende Ausbildungsberufe abgedeckt.

Neue Ausbildungsplätze zum Produktionstechnologen

Beispiel: die Produktionstechnologe. Den Ausbildungsberuf gibt es erst seit wenigen Jahren, bundesweit gibt es erst 40 bis 50 Ausbildungsstellen. Bosch bildet dafür erstmals aus. Im Ausbildungsjahr 2015, das im Herbst beginnt, werden es am Standort Stuttgart-Feuerbach vier Azubis sein, im nächsten Jahr sind sechs Ausbildungsplätze zum Produktionstechnologen geplant. Die planen, betreuen und dokumentieren industrielle Produktionsprozesse, richten Anlagen ein und nehmen diese in Betrieb. Dieses prozessorientierte Denken werde in der vernetzten Welt immer wichtiger, heißt es bei Bosch.

Dass wegen der zunehmenden Digitalisierung in den kommenden Jahren Berufsbilder wegfallen, damit rechnet Czock nicht. Industriemechaniker würden auch noch in zehn Jahren gebraucht – wenngleich mit Kompetenzen im IT-Bereich.

Fürs Ausbildungsjahr 2016 ist bereits Bewerbungsstart. Bosch sucht rund 1400 Azubis – etwa so viele wie ein Jahr zuvor. Unter den 30 Berufsbildern ist der größte Bedarf bei Mechatronikern, Industriemechanikern und Elektronikern. Außerdem bietet Bosch gut 300 Ausbildungsplätze in dualen Studiengängen. Für den Ausbildungsstart in diesem Jahr gingen rund 20 000 Bewerbungen ein.

Bosch kann sich noch immer Lehrlinge aussuchen

Trotz des demografischen Wandels und allgemein zurückgehender Bewerberzahlen kann sich Bosch noch immer seine Lehrlinge aussuchen. Auf eine Ausbildungsstelle kommen im Schnitt 16 Bewerber, und oft nehmen die jungen Leute dafür auch lange Anfahrtswege in Kauf. Derzeit absolvieren knapp 4300 junge Leute eine Ausbildung an rund 50 Standorten und 100 Niederlassungen in Deutschland.

Jeder fünfte Azubi ist weiblich. Im vergangenen Jahr hatte Bosch auch noch 45 Azubis aus Spanien eine Perspektive geboten. Die Erfahrungen sind gut, nur drei haben die Lehre abgebrochen. Fürs Ausbildungsjahr 2016 hat Bosch wieder ähnliche Pläne.

Wer nicht so weit in die Zukunft blicken will und für den Ausbildungsstart 2015 noch keine Lehrstelle hat, muss den Kopf nicht hängen lassen. Bei Konzernen wie Bosch, Daimler und Trumpf sind die Plätze zwar längst belegt, doch anderweitig gibt es noch Tausende unbesetzte Lehrstellen. Allein bei der IHK Region Stuttgart sind noch 570 freie Ausbildungsplätze gemeldet. Bis Ende Juli wurden knapp 8000 Ausbildungsverträge abgeschlossen – ein leichtes Plus gegenüber dem Vorjahr. Im August werde sich da noch viel tun, sagte eine IHK-Sprecherin.

Auch im baden-württembergischen Handwerk sind noch ein Monat vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres allein bei den Kammern im Land rund 4000 offene Stellen gemeldet. Unterm Stich dürfte es sogar noch 7000 bis 8000 unbesetzte Lehrstellen im Handwerk geben, schätzt Stefan Schütze vom Baden-Württembergischen Handwerkstag, weil viele Betriebe ihre offenen Lehrstellen gar nicht den Kammern meldeten. Bis Ende Juli seien 12 400 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen worden – etwa 300 mehr als Ende Juli des vergangenen Jahres. Vor allem Berufe im Elektronikbereich seien gefragt sowie im Gesundheitshandwerk wie etwa Hörgeräteakustiker, Orthopädiemechaniker oder Augenoptiker.