Auch Reisen, die sich der Kunde im Internet zusammenstellt, sollen rechtlich wie Pauschalreisen behandelt werden. (im Bild: Mallorca-Urlauber im Mai dieses Jahres) Foto: dpa

Die Bundesregierung muss eine EU-Pauschalreisenrichtlinie umsetzen: Sie ermöglicht eine kurzfristige Preiserhöhung von acht Prozent – zum Beispiel, wenn das Flugbenzin teurer oder der Wechselkurs schlechter wird.

Berlin - Die Bundesregierung will den Verbraucherschutz bei Pauschalreisen neu regeln – nicht immer zum Vorteil der Urlauber. Wer künftig eine Pauschalreise bucht, muss damit rechnen, dass der Preis von längst gebuchten und bezahlten Reisen noch kurz vor Reisebeginn um bis zu acht Prozent steigen kann. Ein Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums, der unserer Zeitung vorliegt, sieht in Umsetzung einer EU-Richtlinie vor, dass der Aufpreis bis 20 Tage vor Reisebeginn verlangt werden kann, wenn die Erhöhung vertraglich vorbehalten wurde. Allerdings nur dann, wenn der Reiseveranstalter sich auf genau beschriebene Ursachen berufen kann. Dazu zählen nach dem Entwurf zum Beispiel gestiegene Treibstoffpreise, erhöhte Hafen- oder Flughafengebühren oder Änderungen der für die Pauschalreise geltenden Wechselkurse.

Sieht der Vertrag die Möglichkeit zur Erhöhung des Reisepreises vor, kann aber der Reisende auch seinerseits eine Senkung verlangen, wenn die genannten Kriterien zu niedrigeren Kosten für den Veranstalter führen. Nur eine Erhöhung über acht Prozent hinaus begründet künftig ein Rücktrittsrecht. Der Haken: Wer so kurz vor Urlaubsantritt aus Preisgründen von der Reise Abstand nimmt, wird kaum noch ein gleichwertiges Angebot finden können.

Verbraucherschützer befürchten massive Verschlechterungen

Dunja Richter, Juristin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, spricht von einer „massiven Verschlechterung für den Verbraucher“. Tatsächlich ist die Acht-Prozent-Regelung das Ergebnis eines komplizierten Kompromisses auf EU-Ebene. Die Bundesregierung muss mit dem Gesetz eine EU-Richtlinie aus dem vergangenen Jahr umsetzen. In anderen europäischen Ländern war bislang eine Preiserhöhung von mehr als acht Prozent möglich, beispielsweise zehn Prozent in Großbritannien. Die Bundesregierung hatte bis zuletzt versucht, die bisherigen fünf Prozent Preiseerhöhung beizubehalten. Das neue Gesetz soll noch in diesem Jahr im Bundestag verabschiedet werden.

Die Acht-Prozent-Regelung ist allerdings nur ein Detail der Neuregelung, die im Referentenentwurf immerhin 116 Seiten lang ist. Ein Kernstück der Reform ist die Anpassung der Gesetzgebung zu Pauschalreisen an die Buchungsgewohnheiten der Kunden in Zeiten der Digitalisierung. Längst hat sich neben der klassischen, vom Reisebüro kompakt angebotenen Pauschalreise eine andere Kundenpraxis eingebürgert: die vom Reisenden selbst im Netz – ausgehend von einem Angebot eines Portals – nach Modulen zusammengestellte Reise. Der Kunde bucht auf einer Seite einen Flug, klickt dort gleich das Mietwagen-Angebot an und wird schließlich gleich auf Hotels verwiesen. Der modische Fachbegriff heißt „Click-Through-Buchungen“.

Verbundene Reiseleistungen werden wie Pauschalreisen behandelt

Der Entwurf des Justizministeriums sieht vor, dass solche verbundenen Reiseleistungen, die binnen 24 Stunden nacheinander gebucht werden, rechtlich ähnlich wie eine Pauschalreise behandelt werden. Das heißt auch, das Reisevermittler (also Reisebüros oder Portale) solcher verbundenen Reiseleistungen die eigene Insolvenz absichern müssen, wenn die Zahlungen an sie gehen. Die Kunden erhalten so also die Sicherheit, Zahlungen an das Reisebüro auch im Falle der zusammengestückelten Urlaubsreise zurückzuerhalten. Darin sieht Elisabeth Winkelmeier-Becker, die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, die eigentliche Leistung der Reform. „Ein großer Anteil der Reisen wird heute über Onlineportale gebucht, die neben Flügen zugleich weitere separate Reiseleistungen, wie Hotels oder Mietwägen, anbieten. Daher muss klar sein, dass das Portal auch der Ansprechpartner für den Verbraucher für alle gebuchte Leistungen ist und ihm gegenüber dafür haftet.“

Dunja Richter von der Verbraucherzentrale im Südwesten bemängelt dagegen, dass im Referentenentwurf keine Insolvenzabsicherungspflicht der Luftfahrtunternehmen festgeschrieben sei. „Gerade vor dem Hintergrund, dass man bei einer Flugbuchung schon Monate vorher den kompletten Flugpreis bezahlen muss, ist das Risiko für den Verbraucher sehr groß, dass er sein Geld verliert, wenn ein Luftfahrtunternehmen Insolvenz anmeldet.“

Der Deutsche Reiseverband befürchtet, dass die kleinen Reisebüros rechtlich zum Reiseveranstalter werden könnten, wenn sie künftig mehrere Einzelleistungen zu einem Angebot zusammenstellen würden – mit erheblichen Konsequenzen für die Haftung. Hier dürfte es im weiteren Beratungsverfahren noch Klarstellungen geben.