Blick in den Handelssaal der Börse Stuttgart: Nachrichten aus Griechenland beeinflussen das Geschehen auf dem Börsenparkett Foto: Börse Stuttgart

Griechische Aktien und Anleihen werden an deutschen Börsen nicht gehandelt. Warum das so ist, erklärt Oliver Hans, Geschäftsführer der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse.

Griechische Aktien und Anleihen werden an deutschen Börsen nicht gehandelt. Warum das so ist, erklärt Oliver Hans, Geschäftsführer der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse.
Herr Hans, die Stuttgarter Börse hat den Handel mit griechischen Papieren ausgesetzt. Passiert so etwas automatisch bei einem gewissen Schwellenwert oder ist das eine bewusste Entscheidung?
Wenn der Handel ausgesetzt wird, ist das nie ein Automatismus, sondern immer eine sehr bewusste Entscheidung. Als nach der Ankündigung des griechischen Referendums klar war, dass die Börse in Athen geschlossen bleibt, habe ich mich mit den Verantwortlichen im Handel besprochen und dann entschieden, dass wir den Handel mit griechischen Papieren bis auf weiteres aussetzen.
Welche Rolle spielt die Börse Athen?
Athen ist der Heimatmarkt. Wenn dort keine Preise festgestellt werden, haben wir keine Preisorientierung, sondern können Preise nur nach unserer Auftragslage in Stuttgart feststellen. Treten dann noch Marktverwerfungen wie aktuell in Griechenland hinzu, können wir nicht mehr von geordneten Marktverhältnissen sprechen.
Welche Wertpapiere handeln Sie derzeit nicht?
Griechische Staatsanleihen, griechische Unternehmensanleihen und Aktien mit dem Heimatmarkt Athen. Weiter gehandelt werden dagegen Papiere, die für griechische Aktien stehen, aber eine amerikanische Wertpapierkennnummer haben, deren Heimatbörse also nicht Athen ist, sondern in den USA liegt.
Was bedeutet das konkret für den Anleger?
Die Aufträge – wir sprechen von Orders – die er bei seiner Bank aufgegeben hat, werden beim Aussetzen des Handels gelöscht. Der Anleger kann in diesen Papieren auch keine neuen Orders aufgeben oder bisherige Orders ändern. Es bringt also auch nichts, seiner Bank jetzt neue Aufträge zu schicken. Wenn der Handel wieder aufgenommen wird, startet quasi alles wieder bei null.
Sie hätten auch die Möglichkeit gehabt, den Handel zu stoppen. Wo liegt der Unterschied?
Bei einem Handelsstopp werden zwar ebenfalls keine Preise mehr festgestellt. Die bis dahin erteilten Orders aber bleiben erhalten. Wird der Handel wieder fortgesetzt, werden diese Aufträge abgearbeitet. Uns erschien es die sauberere Lösung zu sein, dass die Aufträge gelöscht werden. Bis zur Wiederaufnahme haben Anleger Zeit, die neue Nachrichtenlage auf sich wirken zu lassen, und können dann neue Aufträge erteilen.
Aber Sie sind frei in Ihrer Entscheidung?
Im Prinzip ja. Im Fall von Griechenland erging nach unserer Entscheidung auch eine Aufforderung der Finanzaufsicht Bafin an alle hiesigen Börsenplätze zu bestätigen, dass der Handel mit griechischen Papieren ausgesetzt ist.
Gibt es viele Anleger, die Griechenland-Anleihen oder -Aktien halten, oder ist das etwas für Leute, die den Nervenkitzel lieben?
Es gibt durchaus Privatanleger, die hier bewusst ein Risiko eingehen, meist geht es aber nicht um große Summen. Die Kurse griechischer Staatsanleihen etwa bieten hohe Gewinnchancen – falls sie jemals zum Nennwert zurückgezahlt werden. Das ist aber eine hoch spekulative Sache. Für den normalen Anleger ist das nichts.
Wann handeln Sie wieder?
Voraussichtlich, wenn die Athener Börse wieder aufmacht und die Preise sich dort wieder eingependelt haben. Bis jetzt heißt es, dass Athen bis 6. Juli geschlossen bleibt. Danach ist alles offen.
Kommt es oft vor, dass der Handel in bestimmten Papieren ausgesetzt wird?
Bei Anleihen kommt eine Handelsaussetzung häufiger vor, weil etwa ein Unternehmen mit den Zinszahlungen in Verzug ist. Aktien im regulierten Markt, wo die Unternehmen höhere Anforderungen zu erfüllen haben, werden nur sehr selten ausgesetzt.