Auch Peter Aue hält die Fernwärmegebühr für zu hoch – und hat sie auf der Basis der alten Berechnung beglichen.Foto:factum/Archiv Foto:  

Laut den Stadtwerken haben 36 Kunden aus Protest ihre Rechnung nur teilweise oder gar nicht beglichen. Ob die Forderungen gerichtlich eingetrieben werden, ist offen. Nun haben die Bürger einen Verein gegründet.

Böblingen - Peter Aue lässt es darauf ankommen. Der Böblinger Bezieher städtischer Fernwärme hat seine Gebührenrechnung nur zum Teil bezahlt, weil er mit der Erhöhung nicht einverstanden ist. „Ich habe die Forderung auf der Grundlage des alten Preises beglichen“, erklärt Aue. Zum 1. August des vergangenen Jahres war der Grundpreis um durchschnittlich 21 Prozent oder 173 Euro angehoben worden. Je nach Verbrauch bedeutet die Anhebung für die rund Haushalte in einzelnen Fällen eine Kostensteigerung von mehr als 200 Prozent. Nach den Angaben der Stadtwerke haben bisher 36 Kunden ihre Rechnungen nur teilweise oder auch gar nicht beglichen. „Ich warte nun ab, was passiert“, sagt Aue. Während die Stadtwerke verlauten lassen, die Zahlungsversäumnisse noch intern prüfen zu lassen.

Für seinen 10,7 Kilowatt-Anschluss hat Aue bisher eine Grundgebühr von 9,10 Euro ohne Mehrwertsteuer entrichtet. Nun verlangten die Stadtwerke 28,82 Euro, auf die noch die Mehrwertsteuer draufgeschlagen werde. Dass in der Preistabelle die Gebühren jeweils als Nettobeträge stünden, sei bereits das erste Ärgernis, stellt Aue fest. Darüber hinaus halte er die Preiserhöhung für unverhältnismäßig. So sehen es auch andere Bürger, die sich zunächst in der Interessengemeinschaft Fernwärme zusammengeschlossen und nun einen Verein gegründet haben. „Als juristische Person können wir unseren Widerstand besser nach außen vertreten, einen Rechtsanwalt einschalten und uns finanzieren“, berichtet Aue. Hundert Mitglieder hat der jüngst ins Leben gerufene Verein, der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt 50 Euro.

1500 Bürger wenden sich an Energiekartellbehörde

„Wir rühren jetzt die Werbetrommel, damit wir noch schlagkräftiger werden“, verspricht Aue. Die IG Fernwärme legte im Februar bereits Beschwerde bei der Energiekartellbehörde des Landes ein, 1500 Bürger hatten sich in eine Unterschriftenliste eingetragen. Auch die Verbraucherzentrale schalteten sie ein, denn der Geschäftsführer der Stadtwerke, Gerd Hertle, hatte behauptet, die Verbraucherschützer hätten gegen die Erhöhung des Fernwärmepreise nichts einzuwenden. „In Briefen der Stadtwerke stand das zunächst drin“, berichtet Aue, später sei der Hinweis dann entfernt worden.

Nachdem die Verbraucherzentrale dementiert hatte, mit der Preisanhebung einverstanden gewesen zu sein, entschuldigte sich der Stadtwerke-Geschäftsführer Gerd Hertle für die Äußerung und räumte „einen Fehler“ ein. Eine Begründung für die Preiserhöhung sei Hertle seinen Kunden dennoch schuldig geblieben, monieren die Widerständler. Die Stadtwerke lieferten keinerlei Einblick in ihre Kostenkalkulation. „Das ist ein Betriebsgeheimnis“, sagt Aue.

Leitungen sind sanierungsbedürftig

Der Verbraucherzentrale indes sind die Hände gebunden. Der Verbraucherschützer Eckhard Benner teilte mit, dass „keine Möglichkeit besteht, rechtlich gegen die Preiserhöhung vorzugehen“. Benner begründete das damit, dass die Stadtwerke gegenüber den Verbrauchern keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen verfasst haben. Ein Vertragsverhältnis bestehe quasi durch die Lieferung der Fernwärme. Auf Nachfrage unserer Zeitung hatte Hertle erklärt, dass jährlich etliche Millionen Euro in das sanierungsbedürftige Leitungsnetz gesteckt werden müssten.

Ob die ausstehenden Gebühren eingetrieben werden und ein Gericht damit beauftragt wird, werde gegenwärtig noch geklärt, sagt die Stadtwerke-Sprecherin Martina Smekal. „Ich und wohl auch die anderen säumigen Zahler haben bisher nur eine Zahlungserinnerung erhalten“, sagt Aue. Die gesetzte Frist sei inzwischen längst verstrichen. „Wir müssen erst noch prüfen, ob sich juristische Schritte überhaupt lohnen“, erläutert Smekal. Für Aue geht es jedoch keineswegs um unerhebliche Summen. In diesem Jahr behält er rund 250 Euro ein, für das vergangene Jahr hat er rund hundert Euro weniger überwiesen. Peter Aue und seine Mitstreiter lassen es darauf ankommen.