Im Böblinger Birkenweg sind fünf Sozialwohnungen gebaut worden. Foto: factum/Granville

Der Bedarf kann nicht gedeckt werden, weil es zu wenige geeignete Baugrundstücke gibt und der Kostendruck wächst . Darüber war man sich bei einer Podiumsdiskussion einig.

Böblingen - Die Nachfrage nach Wohnungen, die sich ein Durchschnittsverdiener noch leisten kann, ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Menschen mit einem nur geringen Einkommen finden so gut wie keinen bezahlbaren

Wohnraum mehr. Bei der Böblinger Baugesellschaft (BBG) stehen 500 Interessierte auf einer Warteliste. Es seien aber nur zehn neue Wohnungen mit einer abgesenkten Miete in diesem Jahr geplant, sagt der BBG-Geschäftsführer Hans Heinzmann. Er wie auch die anderen Teilnehmer bei einer Podiumsdiskussion der Liga der Freien Wohlfahrtspflege beklagten die verschärften Bauvorschriften, die von der Energieeinsparverordnung bis hin zu Fahrradstellplätzen reichen. Das alles lasse die Baukosten steigen und mindere für die kommunalen Baugesellschaften, die günstige Mietwohnungen schaffen wollten, die finanziellen Spielräume, sagte der BBG-Chef Heinzmann.

Die BBG hat im vergangenen Jahr fünf Sozialwohnungen in einem Neubau im Böblinger Birkenweg fertiggestellt. „Sie waren natürlich ratzfatz weg“, berichtet Heinzmann. Die BBG habe dort aber „wenigstens ein bissle was tun können“. Das Kernproblem sei jedoch, dass die Grundstücke und die Häuser eine gewisse Größe haben müssten, damit die Bauträger einigermaßen auf ihre Kosten kämen. Die fünf Wohnungen im Birkenweg vermietet die BBG mit 6,70 Euro pro Quadratmeter. In der Böblinger Schafgasse, wo zehn Sozialwohnungen gebaut werden, verlangt die BBG sieben Euro je Quadratmeter. „In beiden Fällen sind wir platzmäßig zu sehr beschränkt, sodass wir bei diesen Objekten unter dem Strich drauf legen“, bilanziert Heinzmann. Den Ausgleich erzielt er mit Eigentumswohnungen für gehobene Ansprüche. Heinzmann hat kein Problem, für diese rasch Käufer zu finden.

Zahl der Haushalte stark angestiegen

Es fehlten immer mehr Wohnungen, weil die Zahl der Haushalte enorm zugenommen habe, erklärte Tilman Harlander, Wohn- und Architektursoziologe an der Stuttgarter Universität. Im Jahr 1961 seien in der Stadt Böblingen noch knapp 10 000 gezählt worden, 50 Jahre später seien es rund 21 000 Haushalte gewesen. Nach Harlanders Recherchen gehörten vor 50 Jahren im Schnitt drei Personen zu einem Haushalt, im Jahr 2011 waren es durchschnittlich zwei. Das liege auch an der wachsende Zahl der Single-Haushalte und alleinerziehenden Mütter und Väter. Die meisten von ihnen seien auf der Suche nach einer erschwinglichen Behausung.

„In Böblingen haben 130 Haushalte zuletzt binnen Jahresfrist einen Berechtigungsschein für eine Sozialwohnung erhalten“, sagte Harlander, „aber höchstens in jedem zehnten Fall konnte eine vermittelt werden.“ Mit den Asylsuchenden – rund 4000 leben derzeit im Kreis Böblingen – wachse die Wohnungsnot noch. Denn es sei davon auszugehen, dass fast jeder zweite anerkannt werde, sagte Harlander.

Landrat verspricht raschere Baugenehmigungen

Axel Burkhardt, der Beauftragte für Wohnen bei der Stadt Tübingen, berichtete von Genossenschaftsmodellen, Baugemeinschaften von Bürgern und kommunalen Bauträgern, die erfolgreich bezahlbaren Wohnraum in seiner Stadt schüfen. Anders als bei den privaten Baugesellschaften gehe es dabei nicht um Gewinnmaximierung. Der Holzgerlinger Bürgermeister Wilfried Dölker arbeitet deshalb mit der BBG zusammen und plant günstige Mietwohnungen. Um die anstehenden Bauprojekte zu beschleunigen, möchte der Landrat Roland Bernhard dafür sorgen, dass in seiner Behörde die Genehmigungen künftig noch rascher erteilt werden.