Luther steht im Bauernkriegsmuseum auf dem Sockel: Cornelia Wenzel (rechts) erklärt die neue Ausstellung. Foto: factum/Granville

In der Böblinger Zehntscheuer wird der Reformator in einer Ausstellung von mehreren, durchaus auch kritischen Seiten betrachtet.

Böblingen - Luther sitzt in einer kargen Kammer an einem Holztisch: In dem Raum auf der Wartburg hat er die Bibel ins Deutsche übersetzt. Im Böblinger Bauernkriegsmuseum ist die Szene als Diorama nachgestellt – in einem mit Zinnfiguren ausgestatteten, kleinen Schaukasten. In 32 solcher dreidimensionaler Bilder stellt die neue Ausstellung die Lebens- und Reformationsgeschichte von Martin Luther dar. Die Tafeln stammen aus dem städtischen Museum von Halberstadt und werden nun erstmals in Baden-Württemberg gezeigt. Aus dem Bestand des Bauernkriegsmuseums sind sie ergänzt worden mit einer kritischen Betrachtung des Reformators anhand seiner Freunde und Feinde, seiner fortschrittlichen Erkenntnisse und althergebrachten Vorurteile. „Luthers Spuren gevolkt“ ist der Titel der Schau, die am Sonntag, 26. Februar, eröffnet wird.

Widersprüchliche Aussagen

„Die Bauern fühlten sich von Martin Luther fallen gelassen“, sagt Cornelia Wenzel. In ihrem Krieg ist die Rolle des Reformators weniger ruhmreich. Erst habe er die Bauern durch seine Schrift „Freiheit des Christenmenschen“ ermutigt, sagt die Museumsleiterin. Dann habe er erklärt, dass diese Freiheit nur auf den persönlichen Glauben bezogen sei. „Dass nichts Giftigeres, Schädlicheres, Teuflischeres sein kann als ein aufrührerischer Mensch“, bekundete er dazu. Martin Luther hat Böblingen zwar nicht bereist, und die Reformation erreichte die Stadt ebenso wie ganz Württemberg erst im Jahr 1534. Seine Forderung nach Freiheit und der Bauernkrieg stünden in einem engen Zusammenhang, erläutert Cornelia Wenzel. In der Entscheidungsschlacht am Goldberg im Mai 1525 habe er dann sein blutiges Ende genommen. Solche Widersprüche finden sich bei dem Reformator einige, das macht die Ausstellung deutlich. Einerseits forderte Martin Luther auch die partnerschaftliche Ehe, sieht aber „wenig Weisheit“ bei den Frauen. Er setzt sich für Bildung ein, glaubt andererseits aber an die Gerechtigkeit von Hexenverbrennungen und bezeichnet Juden als Feinde der Christen. Böblingens früherer Kulturamtsleiter Günter Scholz hat für diesen Teil der Ausstellung Texte aus seinem neuen Luther-Buch geliefert. Und Cornelia Wenzel hat sich den Protagonisten um den Reformator gewidmet. Seine Feinde wie Papst Leo X. oder der Ablasshändler Johann Tetzel werden ebenso vorgestellt wie seine Freunde Philipp Melanchthon und Lukas Cranach.

Auch andere Reformatoren kommen zu Wort

So wird beispielsweise die Rolle von Johannes Brenz, Luthers Mann in Süddeutschland, erläutert, ebenso der Einfluss von Herzog Ulrich von Württemberg, der das Land protestantisch machte. Anhand von zahlreichen Porträts können sich die Besucher ein Bild dieser prägenden Persönlichkeiten machen. In Replikaten der Bibel-Übersetzungen aus dem 16. Jahrhundert darf auch geblättert werden.

Als „Konzentration auf die inhaltliche Information“ beschreibt Museumsleiterin Cornelia Wenzel die Ausstellung über die vor 500 Jahren initiierte Reformation. Die Tafeln aus Halberstadt bezeichnet die Museumsleiterin hingegen als Bilderbuch.

Ein Diorama stellt eine Mine im Mansfelder Land im Querschnitt dar, weil der Reformator in dieser Gegend aufwuchs, ein anderes seine Hochzeit mit Katharina von Bora. Die Schaubilder sind originalgetreu und detailreich und verleihen der zum Teil düsteren Reformationsgeschichte durch ihr Miniaturformat einen fast lieblichen Anschein.