Die Bundespolizei nutzt Bodycams am Stuttgarter Hauptbahnhof bereits seit knapp einem Jahr. Jetzt folgen auch die Kollegen von der Landespolizei. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Wer Polizisten attackiert oder bei anderen Straftaten erwischt wird, muss von April an damit rechnen, dass der Einsatz gefilmt wird. Stuttgart ist eine von drei Städten im Land, in denen ein Probelauf beginnt. Die Technik könnte schon bald Standard werden.

Stuttgart - Die Stimmung war beschwingt, als Innenminister Thomas Strobl (CDU) vor wenigen Tagen die Kriminalstatistik für das vergangene Jahr präsentierte. Kein Wunder, gab es doch einiges an frohen Botschaften zu verkünden: Die Zahl der Straftaten in Baden-Württemberg ist gesunken, die Aufklärungsquote hat sich leicht verbessert. Doch nicht alle Zahlen bereiteten Grund zur Freude. Gewalttaten gegen Polizisten etwa haben erneut zugenommen, und zwar um zwölf Prozent auf 4394 Fälle. 2030 Ordnungshüter wurden teils schwer verletzt.

Eine Zahl, die im Ministerium zunehmend Sorge auslöst. Doch zumindest eine Möglichkeit, etwas Abhilfe zu schaffen, steht jetzt in den Startlöchern. Nachdem der Landtag im vergangenen Herbst die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen hat, beginnt die Landespolizei in den nächsten Wochen mit der Erprobung von sogenannten Bodycams. In Stuttgart, Mannheim und Freiburg werden Beamte von April an die kleinen Kameras auf der Schulter oder auf Brusthöhe tragen. Bei Bedarf können sie zugeschaltet werden und Angriffe auf Polizisten oder andere Straftaten filmen. Man erhofft sich davon, dass schon allein die Möglichkeit des Filmens Straftäter abschreckt und brenzlige Situationen entschärft.

Die Testphase wird allerdings lediglich sechs Wochen betragen. „Die Erprobung dient vor allem dazu, das beste und praktikabelste Modell zu finden“, sagt Renato Gigliotti vom Innenministerium. Drei unterschiedliche Modelle von verschiedenen Herstellern werden im Einsatz sein. Man wolle sich dann bis zum Sommer für eine Variante entscheiden, denn man gehe davon aus, dass – eine erfolgreiche Testphase vorausgesetzt – die Technik zügig zum Standard werden könne. Über Kosten und Stückzahlen könne man noch nichts sagen. „Natürlich wird dann nicht jeder Polizist mit Kamera ausgestattet“, so Gigliotti. Sinnvoll sei diese Möglichkeit vor allem „für Kollegen an Brennpunkten“.

Einsatz in der Innenstadt und auf dem Wasen?

In diese Richtung gehen die Überlegungen auch beim Stuttgarter Polizeipräsidium. „Wir wissen noch nicht genau, welche und wie viele Kameras wir bekommen“, sagt Sprecher Stefan Keilbach. Klar sei, dass „bei weitem nicht jedes Revier und jede Streife ausgestattet werden können“. Infrage kämen Orte, an denen es vermehrt zu Aggressions- und Beleidigungsdelikten komme, also besonders die Innenstadt. Denkbar sei auch ein Einsatz bei Veranstaltungen, insbesondere beim Frühlingsfest, das genau in den Versuchszeitraum fällt. Die Einzelheiten und den genauen Starttag werde man aber erst noch festlegen, so Keilbach.

Einen großen Schritt weiter ist da schon die Bundespolizei. Weil die auf einer anderen rechtlichen Grundlage agiert und vor allem für Bahnhöfe und Flughäfen zuständig ist, gibt es dort bereits länger die Möglichkeit zum Einsatz von Bodycams. Neben München, Düsseldorf, Köln und Berlin läuft auch in Stuttgart schon seit vergangenem April eine Erprobung. Die sollte nun eigentlich nach einem Jahr zu Ende gehen. Doch auf Bundesebene ist entschieden worden, noch weiter zu machen. „Die Testphase ist auf unbestimmte Zeit verlängert worden“, sagt Sprecherin Cora Thiele. Dabei gibt es seit wenigen Tagen die gesetzliche Grundlage für einen Dauereinsatz: Der Bundestag hat beschlossen, dass die kleinen Kameras bei der Bundespolizei künftig immer eingesetzt werden dürfen.

Bei der Stuttgarter Inspektion sind zwölf Polizistinnen und Polizisten mit den Kameras unterwegs – und dafür vorher speziell geschult worden, sowohl in technischer als auch rechtlicher Hinsicht. Sie tragen auf der Uniform einen Aufnäher mit dem Hinweis „Videoüberwachung“ und weisen vor dem Einschalten auch mündlich darauf hin, dass sie jetzt filmen. Getestet werden eine Kamera für die Schulter und eine, die auf Höhe der Brusttasche angebracht ist.

Gute Erfahrungen bei der Bundespolizei

Eine komplette Auswertung des Projekts soll es erst geben, wenn die Erprobung offiziell abgeschlossen ist. Bei der Stuttgarter Bundespolizei macht man aber keinen Hehl daraus, dass der Verlauf – wie auch in den anderen Städten – bisher erfreulich ist. „Wir haben grundsätzlich gute Erfahrungen gemacht“, sagt Cora Thiele. In mehreren Fällen sind Aufnahmen zur Strafverfolgung gesichert worden. Einmal ging es dabei beispielsweise um eine Gruppe Männer, die am Bahnhof Bad Cannstatt Frauen belästigt haben. In einem anderen Fall wurden drei Täter in der Klett-Passage beim Stehlen eines Feuerlöschers erwischt und gingen daraufhin mit einem Messer auf Sicherheitsleute los. Die Täter wurden festgenommen.

Im Innenministerium setzt man darauf, dass die Kameras künftig mit dafür sorgen, dass sinkende Zahlen bei der Gewalt gegen Polizisten verkündet werden können. „Ich erhoffe mir auch, dass die der Polizei in bestimmten Einsatzsituationen entgegenschlagende Gewalt und Aggression damit besser sanktioniert werden kann“, sagt Innenminister Strobl. Die Praxis wird nun den Beweis erbringen müssen.