Marius Broening (2. v. re.) im A-Team von Pius Meyerhans (li.) Foto: A-Team

Für deutsche Bobs fehlte angeblich die Erfahrung, also wechselte Marius Broening ins Nachbarland – in der Schweiz ist der Ex-Sprinter nun Teil eines außergewöhnlichen Teams.

Stuttgart - Weltcup-Finale oder nationale Meisterschaften – früher wäre Marius Broening die Entscheidung leicht gefallen. Doch der Ex-Sprinter setzt mittlerweile die Schwerpunkte anders. Deshalb fährt er am Freitag nach St. Moritz statt an den Königssee. „Billi würde gerne zwei Goldmedaillen holen“, sagt Bröning.

Billi heißt in Wirklichkeit Pius Meyerhans und ist der neue Chef von Marius Brning. Ende September hat der Bobpilot aus der Schweiz den Leichtathleten aus Deutschland angerufen und gefragt: „Willst Du bei mir fahren?“ Nach drei Tagen Bedenkzeit sagte Bröning: „Ja.“ Damit komplettiert der dunkelhäutige Sprinter, einst für die LAV Tübingen am Start, eine recht bunte Crew. „Bei uns ist jeder auf seine Art verrückt, wir sind eine coole Truppe“, sagt Broening.

Pilot Meyerhans ist 48 Jahre alt, Landwirt und fährt seit vielen Jahren mäßig erfolgreich im Europacup. Für den nötigen Schub am Start sorgen Marcel Dobler (der ehemalige Zehnkämpfer ist Unternehmer und Schweizer Nationalrat), der russische Profi Nikolai Ekimow und eben Broening. Der arbeitet mittlerweile als privater Fitnesstrainer und im Verkauf bei einem Fernsehsender. Zusammen nennt sich das Quartett nennt „ A-Team“, in Anlehnung an die amerikanische Kult-TV-Serie.

Der WM-Start im Bob war ein Traum

Bereits im vergangenen Winter hatte der Leichtathlet Marius Broening sich in den Eiskanal gestürzt. Animiert von Ex-Weltmeister Manuel Machata beschleunigte der Sprinter den zweimaligen Vize-Weltmeister Johannes Lochner. Zum Saisonfinale nach Sotschi wurde der Novize, der für den Bob-Club Stuttgart-Solitude antritt, jedoch nicht mitgenommen. Grund: zu geringe Praxis. „Von seiner Leistungsfähigkeit würde Marius super reinpassen“, sagte Bundestrainer Christoph Langen, „aber er ist in seiner Ausbildung noch nicht so weit, dass er auf allen Positionen laufen kann.“ Broening war entsetzt: „Das war ein Schock.“

Die mangelnde Erfahrung spielte für Pius Meyerhans keine Rolle. Für den Landwirt, der auf seinem Hof die einzige Anschubbahn in der Schweiz gebaut hat, sind Brönings Sprintqualitäten ausschlaggebend. Auch weil er den schnellen Mann für die Position vier vorgesehen hat. Da kann Broening relativ einfach in den Schlitten springen.

Nach drei WM-Starts als Leichtathlet kam Broening am vergangenen Wochenende in Innsbruck-Igls zu seinem vierten Einsatz bei Welt-Titelkämpfen. „Mit der Nominierung ist für mich ein Traum in Erfüllung gegangen“, sagt der Ex-Sprinter. Ihm habe als Leichtathlet schon der Start in der Staffel sehr gut gefallen. Nicht nur wegen der Bronzemedaille bei der EM 2010, sondern wegen des Teamgeistes. Und trotz WM-Platz 23 „gibt’s den Adrenalinkick“, sagt der schnelle Mann mit Begeisterung in der Stimme, „der ist etwa eineinhalb mal so groß wie in der Leichtathletik.“

Broening brauchte Wohnsitz und Arbeitsgenehmigung in der Schweiz

Nicht nur der Ex-Sprinter, sondern auch Pilot Meyerhans gab in dieser Saison seine Weltcup-Premiere. Dabei fährt er schon seit 18 Jahren durch die Eiskanäle. „Ich wurde vom Verband eher verhindert denn gefördert“, sagt der Landwirt aus Emmen in der Nähe von Luzern. Weil Beat Hefti, WM-Dritter im Zweier, keine Vierer-Besatzung hat, kam der ehemalige Kraftsportler gerade recht. Denn mit seinem Einsatz sichert er der Schweiz den zweiten Startplatz im Weltcup.

Meyerhans nutzt seine neue Situation, um sich nicht nur über seine Leistungen ins Gespräch zu bringen. Vollmundig bezeichnet er sich als Hannibal im Eiskanal. „Die Idee war ein Türöffner und ist extrem gut angekommen“, sagt Pilot Meyerhans nicht ohne Stolz. Bei der Sponsorensuche seien auch die Kontakte von Dobler hilfreich gewesen.

Damit der in Herrenberg geborene Broening überhaupt im Weltcup für die Schweiz antreten kann, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen benötigt er einen Wohnsitz in unserem Nachbarland, zum anderen eine Arbeitsgenehmigung. Für beides hat Meyerhans gesorgt.

Nach seinem ersten WM-Start hat Pius Meyerhans bereits das nächste Ziel im Visier. „Wenn ich gesund bleibe und weiterhin Spaß habe, können die Olympischen Spiele 2018 schon ein Thema werden“, sagt der Pilot. Allerdings ohne Broening – denn die Nationalität will er nicht wechseln.