Kaillie Humphries ist heiß auf den Viererbob. Foto: Getty

Olympiasiegerin Kaillie Humphries startet bei der WM in Winterberg im Viererbob – und bricht damit in eine Domäne ein

Winterberg - Nichts deutet auf etwas Besonderes hin. Ein kurzes Abklatschen, laute Schreie – dann setzt sich der Bob in Bewegung. Nach und nach verschwinden die vier Athleten in der langen Kiste. Erst der Blick in die Startliste verrät, dass dieser Bob aus Kanada eine ganz besondere Fuhre ist: An den Steuerseilen sitzt mit Kaillie Humphries eine Frau. Die 29-jährige zweimalige Olympiasiegerin sorgt an diesem Samstag bei den Weltmeisterschaften in Winterberg für eine Premiere. Denn erstmals dürfen auch Frauen im Viererbob teilnehmen – und fahren in einem Wettbewerb mit den Männern.

„Ob Mann oder Frau an den Seilen – das macht für mich keinen Unterschied“, sagt Kaillie Humphries, die in den vergangenen Weltcuprennen immer wieder Unterstützung von der US-Amerikanerin Elena Meyers-Taylor erhielt. Bei den Titelkämpfen in Winterberg verzichtet die Zweier-Weltmeisterin aber wegen mehreren leichten Verletzungen.

Im vergangenen Sommer hat der internationale Bobverband FIBT seine Regeln dahingehend geändert, dass Männer und Frauen in einem Wettbewerb an den Start gehen dürfen. Dies gibt’s sonst nur noch bei den Reitern.

„Die Jungs im Vierer sind so stark, das sieht so toll aus“, sagt Humphries. Deshalb wollte sie das auch machen. Doch das Eindringen der Frauen in die letzte Männerbastion bei den Bobfahrern stößt nicht allenthalben auf Zustimmung. „Die FIBT muss aufpassen, dass wir uns mit dem Mischmasch nicht lächerlich machen“, warnte Bundestrainer Christoph Langen schon vor der Saison.

Unterstützung bekam er von Beat Hefti. Der Schweizer wollte sich nur auf den Zweier konzentrieren, wurde dann aber von der FIBT durch eine kurzfristige Regeländerung gezwungen auch im Vierer zu fahren. In St. Moritz besetzte er seinen Schlitten mit Triathlon-Olympiasiegerin Nicola Spring und Siebenkämpferin Linda Züblin. „Er wollte der FIBT damit zeigen, dass sie auf dem falschen Weg ist“, erklärte Langen. Hefti sagte lapidar: „So kriegt der Bobsport wenigstens etwas Aufmerksamkeit.“

Den beiden Frauen Kaillie Humphries und Elena Meyers-Taylor sind diese Diskussionen egal. Beide haben ganz egoistische Ziele. „Ich teste gerne meine Grenzen aus“, sagt Humphries. Und die Weltmeisterin erklärt: „Als Pilotin kann ich mich so besser weiterentwickeln.“ Was sie eindrucksvoll im Wettbewerb der Frauen belegt hat.

Nicht nur aus grundsätzlichen Überlegungen kommt für Bundestrainer Christoph Langen der Start einer Frau im Vierer nicht in Frage. Er hat schon unter den Männern einen heftigen Konkurrenzkampf um die Startplätze. Im Gegensatz zu den Kanadiern und den USA.

Auch deshalb kann Heike Größwang nicht verstehen, dass die Männer ihr Revier Vierer so vehement verteidigen. Die FIBT-Generalsekretärin verweist auf die Geschichte. „Als es erstmals einen Damenbob gab, hieß es auch: Damenbob, na ja.“ Seit 2002 gehört diese Disziplin zum olympischen Programm. Und nun geht’s eben um die Bastion Vierer. „Wir dürfen die Entwicklung nicht verhindern“, sagt Größwang, „es gab die Anfrage, und wir bieten den Damen die Plattform.“

Bis es allerdings einen eigenen Wettbewerb für Frauen im Vierer geben wird, wird es wohl noch einige Zeit dauern. Bis dahin fährt Kaillie Humphries mit drei Männern Schlitten.