Im Zuge des Biltzmarathons stellt sich die Frage, wie sich Unfälle am besten vermeiden lassen. (Symbolbild) Foto: dpa

Die Polizei nimmt beim dritten Blitz-Marathon auch im Südwesten wieder Raser ins Visier. Im Zuge dessen stellt sich die Frage, was Autofahrer vor schlimmen Unfällen schützt. Der Verband ACE fordert Assistenzsysteme, Behörden setzen auf Kontrollen.

Stuttgart/Rostock - Im Rahmen einer europaweiten Blitz-Aktion ist die Polizei auch im Südwesten auf die Jagd nach Temposündern gegangen. An mehr als 1000 Kontrollstellen im Land legten sich Beamte mit Radarpistolen, Lichtschranken oder sonstigen Tempo-Messgeräten auf die Lauer. Bei Politikern und Verbänden löste die Aktion derweil eine Debatte darüber aus, wie sich darüber hinaus die Zahl der Unfälle durch Raser reduzieren lässt. Der Einsatz sogenannter Fahrerassistenzsysteme ist auch wegen technischer Mängel umstritten.

Am Donnerstagmorgen startete die Polizei den 18 Stunden dauernden Blitz-Marathon. Von 06.00 Uhr morgens bis Mitternacht sollten im Südwesten rund 2100 Beamte an knapp 1100 Kontrollstellen im Einsatz sein, wie das Innenministerium ankündigte. Bei ähnlichen Aktionen in den vergangenen zwei Jahren waren den Beamten jeweils mehr als 16 000 Raser in die Radarfalle gegangen.

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Im Ostalbkreis wurden bis zum Mittag knapp 5000 Fahrzeuge kontrolliert und 135 Raser geblitzt. Ein Autofahrer in Aalen geriet den Beamten mit 92 Stundenkilometern in die Falle - erlaubt waren 50.

Noch schneller unterwegs war ein Fahrer im Kreis Ludwigsburg: Er wurde mit 161 statt erlaubten 120 Stundenkilometern gemessen. Insgesamt kontrollierte die Polizei in der Region mehr als 31 000 Autos, bei rund 500 Fahrzeugen blitzte es wegen zu hohem Tempo.

Temposünder sorgen dafür, dass Bußgelder von jährlich mehreren Millionen Euro in die Kassen von Städten und Kommunen fließen. Allein die Stadt Stuttgart nahm 2014 mehr als zehn Millionen Euro durch statische und mobile Geschwindigkeitskontrollen ein - rund drei Millionen mehr als in den Jahren zuvor. In Karlsruhe zahlten Raser vergangenes Jahr rund fünfeinhalb Millionen Euro in den Stadtsäckel, in Freiburg waren es immerhin mehr als drei Millionen Euro.

Automobilclub ACE spricht sich für neue Fahrzeugtechnik aus

„Selbstverständlich sind alle Maßnahmen hilfreich, die die Verkehrssicherheit erhöhen, müssen aber auf ihre Alltagstauglichkeit hin geprüft sein“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Bei der allgemeinen Verkehrsüberwachung im täglichen Dienst sei der „absolute Fokus auf der Geschwindigkeitsüberwachung“. Die Behörde appellierte an Autofahrer, geltende Verkehrsvorschriften zu beachten.

Der Automobilclub ACE wünscht sich einen flächendeckenden Einsatz neuer Fahrzeugtechnik. Mit dem Assistenzsystem „Intelligent Speed Adaption“ (ISA) ließen sich beispielsweise folgenschwere Unfälle um ein Viertel, tödliche Unfälle um ein Drittel reduzieren, sagte Rainer Hillgärtner vom ACE den „Stuttgarter Nachrichten“ (Donnerstag). Assistenzsysteme sollen Fahrer bei der Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit unterstützen oder vor Kollisionen warnen.

Das Verkehrsministerium begrüßt den Einsatz von Technik, verweist jedoch auf eine Studie des European Transport Council (ETSC). Demnach wird ISA von Autofahrern abgelehnt. Zudem soll die Untersuchung gezeigt haben, dass das GPS-gelenkte ISA-System nur in Ländern mit einer einfachen Straßenstruktur funktioniert, wie Finnland oder Schweden. Es sei nicht absehbar, wann Assistenzsysteme im Auto verbreitet angeboten werden.

Auf Anregung der norddeutschen Bundesländer soll es künftig mehr Tempo-30-Zonen vor Schulen und Kitas an Hauptverkehrsstraßen geben. Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) hatte mit seinen Amtskollegen aus Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern Gesetzesänderungen angemahnt. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) kündigte im Gespräch mit der „Rheinischen Post“ (Donnerstag) den Abbau noch bestehender bürokratischer Hürden für zusätzliche Tempolimits an.