Die Zahlen der Tempoverstöße auf der A 8. Foto: Yann Lange

Die Zentrale Bußgeldstelle des Landes hat letztes Jahr fünf Millionen Euro mehr eingenommen, obwohl deutlich weniger Temposünder auf den Autobahnen geblitzt wurden. Der Grund: Die Polizei hat die Jagd auf Abstandssünder verstärkt, dadurch wurden die Strafzettel gleich viel teurer.

Stuttgart - Eigentlich dürfte der Audi-Fahrer am Montagmorgen auf der A 8 beim Stuttgarter Flughafen Tempo 120 fahren. Doch er belässt es auf der Mittelspur Richtung Karlsruhe bei 100 km/h – und bremst auch noch, als er die stationäre Anlage passiert. Sicher ist sicher.

Offenbar hat es sich herumgesprochen. Über eine Million Blitze an der Autobahn zwischen Flughafen und Leonberg, elf Millionen Euro Bußgeld in die Landeskasse – diese Zahlen aus dem Jahr 2014 haben viele Autofahrer auf der A 8 den Fuß vom Gas nehmen lassen. 2015 gab es an den vier stationären Anlagen nur noch 780 000 Blitze, und in der Kasse der Zentralen Bußgeldstelle des Landes landeten lediglich 7,1 Millionen Euro. „Die Autofahrer haben sich wohl darauf eingestellt“, sagt Wilfried Schramm, Leiter der Zentralen Bußgeldstelle des Landes. Die Fallzahlen seien rückläufig.

Spitzenreiter unter den vier stationären Blitzern der A 8 ist die jüngste Anlage. Zwischen dem Kreuz Stuttgart und dem Dreieck Leonberg in Fahrtrichtung Karlsruhe, unmittelbar zu Beginn der langen Gefällstrecke, sind im letzten Jahr 275 000 Fahrzeuge geblitzt worden. Nicht alle wurden auch belangt. Oft war ein Omnibus mit einem Lkw verwechselt worden, manchmal war das Kennzeichen nicht lesbar oder der Fahrer nicht erkennbar, häufig handelte es sich um ein Kennzeichen aus einem Land, mit dem es kein Bußgeldabkommen gibt. Und doch blieben dort knapp 143 000 Verfahren übrig, mit Verwarnungen und Bußgeldern über 2,9 Millionen Euro.

Autofahrer im Land sind vorsichtiger unterwegs

Dass die Blitzanlagen an der A 8 diesmal etwa vier Millionen Euro weniger eingebracht haben, ist für Bußgeldverwalter Schramm aber kein Zeichen dafür, dass die Autofahrer im Land vorsichtiger unterwegs sind. Denn insgesamt hat die Behörde mehr Bußgelder als je zuvor eingenommen: 30,3 Millionen Euro – das sind knapp fünf Millionen mehr als im Vorjahr. Das liegt vor allem am qualitativen Unterschied: Die Zahl der Ordnungswidrigkeitenverfahren nach kleineren Verstößen ging von 960 000 auf 946 000 zurück, dafür stiegen die teureren Bußgeldverfahren an – von 115 000 auf 155 000 Fälle.

Für Schramm ist weniger der kleine Temposünder eine Unfallgefahr, der mal mit sechs km/h netto zu schnell erwischt wird – sondern vor allem der Drängler, der mit zu geringem Sicherheitsabstand an seinem Vordermann klebt. Deshalb gibt es dafür auch schnell Punkte, ein Fahrverbot und höhere Bußgeldbeträge.

Das neue Abstands- und Geschwindigkeitsmesssystem VKS wird von der Polizei inzwischen fast landesweit eingesetzt. Die Zahl der erwischten Abstandssünder hat sich fast vervierfacht – auf knapp 49 000. Das ließ die Bußgelder in die Höhe schießen: von 1,5 Millionen auf 5,3 Millionen Euro. Zuletzt ging die Sache mit dem Abstand auf der A 8 zwischen Möhringen und Kreuz Stuttgart für einen 18-Jährigen schief. Der fuhr am Samstag auf einen Lkw auf. Es gab zwei Leichtverletzte und 15 000 Euro Schaden. Welche Rechnung die Bußgeldbehörde da noch präsentieren wird?