Blink-182 treten am 18. August in Stuttgart in der Schleyerhalle auf Foto: promo

Langeweile kennt Tom DeLonge nicht. Der Mann lebt für Kunst, Mode, Ufos und Musik. Die größte aller Baustellen hat er mittlerweile auch in den Griff bekommen: Seine Punk-Pop Band Blink-182. Irgendwann wird er vielleicht auch Veganer

„Meine größte Angst war, dass unsere Reunion nur von kurzer Dauer sein könnte“, sagt Tom DeLonge. „Die Gefahr war durchaus da, dass wir nicht in der Form miteinander klarkommen würden, wie das für eine gesunde Band notwendig wäre.“ Denn vor neun Jahren kam es genau deshalb zum Bruch. Nach Streitigkeiten, kleinen bis übergroßen Egoproblemen und ein paar Missverständnissen zog die US-Band die Handbremse und legte eine Pause ein, die bis 2009 andauern sollte.

Der 38-Jährige lacht: „Manchmal kommt es mir so vor als hätten wir uns in der Zwischenzeit auch schon wieder drei- bis viermal getrennt. Am Anfang war es wirklich nicht leicht und tatsächlich die harte Arbeit an uns selbst, die wir befürchtet hatten. Aber nun, fünf Jahre später, kann ich wirklich sagen, dass wir besser miteinander klarkommen als jemals zuvor. Das hat sich also gelohnt.“

Ob’s an der Reife, dem Alter oder einfach an etwas weniger Hitze liegt, vermag auch der Gitarrist und Sänger nicht zu erklären. „Wir haben mittlerweile mehr Gemeinsamkeiten als früher. Wir sind Eltern, älter und etwas gescheiter als früher und lassen uns genügend Raum und Zeit für andere Projekte. Wir wissen aber trotzdem, dass Blink-182 unsere Priorität ist.“ Worte aus dem Mund eines Kerls, der vor Jahren noch nackt durch das eigene Musikvideo rannte, die Band Boxcar Racer gründete, um etwas mehr Ernsthaftigkeit zeigen, sich bei seiner Zweitband Angels & Airwaves austobt und neben weiteren Projekten auch die Modefirmen Atticus und Macbeth Footwear betreibt. „Ich war noch nie der Typ, der zu Hause rumsitzt und wartet, dass er endlich wieder auf Tour gehen kann. Das schaffe ich nicht“, versucht er seinen Aktivismus zu erklären, räumt aber trotzdem ein, dass auch sein Arbeitsdrang Grenzen kennt: „Es ist ja auch nicht so, dass ich diese ganzen Firmen führe und da jeden Tag reinschaue. Ich bin eher der Kreative.“

Aber wenn es ein Zeichen von Reife bei Blink-182 gibt, dann das, dass die Mitglieder Tom DeLonge, Mark Hoppus und Travis Barker nicht mehr ständig versuchen, sich durch anderweitige Projekte vom lustigen Image ihrer Band zu distanzieren, sondern es mittlerweile ohne Murren und Knurren annehmen. „Am besten sind wir tatsächlich, wenn wir uns in einem Raum treffen und jeder in der Zwischenzeit etwas Neues gelernt hat. Es ist wichtig, dass jeder von uns all seine neuen Einflüsse einbringt, sonst wird das hier doch schnell eine ganz langweilige Veranstaltung werden.“

Und dazu gehört eben auch, die eigene Vergangenheit anzuerkennen beziehungsweise „unten auf dem Planeten zu bleiben“, lacht DeLonge. „Auf der einen Seite sind wir Künstler und müssen in erster Linie uns selbst gerecht werden, können auf der anderen Seite aber auch nicht einfach alles zurücklassen, was wir früher einmal waren. Fans wollen immer, dass ihre Lieblingsbands wachsen und sich weiterentwickeln – aber sie wollen eben auch niemals das Gefühl verlieren, das sie hatten, als sie uns zum ersten Mal gehört haben.“ Im Fall des kalifornischen Trios sind das aber unter anderem drei Typen, die keine Pointe aus- und oft die Bekleidung wegließen und deren spätere Ernsthaftigkeit von Fans und Zweiflern nur missmutig oder gar nicht erst wahrgenommen wurde.

Dabei ist gerade DeLonge durchaus einer, der nicht nur bis zur nächsten Pointe denkt. Mit seiner Firma Macbeth Footwear produzierte er als einer der Ersten todschicke vegane Turnschuhe – hergestellt ohne tierische Produkte. „Viele Bands, mit denen wir früher abhingen, waren Veganer. Bane oder AFI zum Beispiel – so entstand das Ganze. Sie wollten vegane Schuhe, und wir haben einfach ausprobiert, ob das machbar wäre, bei der Produktion vollkommen auf tierische Produkte zu verzichten. Und plötzlich wurde das zum größten Erfolg unserer Firma.“ DeLonge selbst tut sich mit dem veganen Lebensstil dagegen noch schwer. Er ächzt: „Mir fehlt es da ein wenig an Ausdauer und Konsequenz, komplett vegan zu leben. Ich bin trotzdem der Meinung, dass die Zukunft der Menschheit zumindest vegetarisch ist. Spirituell beziehungsweise in der Theorie bin ich da allerdings ein bisschen weiter als im echten Leben. Ich bin noch nicht so weit, Käse aufzugeben.“

DeLonge überlegt. „Manchmal rede ich mir auch ein, dass Kühe, die Milch geben, wenigstens nicht getötet werden.“ Und wenn wir schon bei der Spiritualität sind – mit „Strange Times“ unterhält DeLonge auch eine Info-Website, die sich mit außerordentlichen Wahrnehmungen, Verschwörungstheorien und Ufos beschäftigt. Er zögert kurz: „Ja, ich bin durchaus ein Verschwörungstyp. Aber ich möchte betonen: ein gut belesener, der sich mehr für die Fakten als für die Verschwörung an sich interessiert. Und Ja: ich habe schon Ufos gesehen.“

Zeit also, mit dem letzten großen Missverständnis über Blink-182 aufzuräumen: „Dass wir uns nicht ernst nehmen würden. Was wir da machen, nehmen wir sehr ernst, und im Studio machen wir überhaupt keine Witze. Erst wenn wir auf der Bühne stehen, werden wir zu diesen Witzfiguren, die sich wie komplette Idioten benehmen“, sagt DeLonge. „Das ging uns früher aber auch etwas leichter von der Hand.“

Blink-182 spielen am 18. August in Stuttgart in der Schleyerhalle; Tickets unter 07 11 / 22 11 05 und www.musiccircus.de.