Baden-Württemberg setzt sich für die blaue Plakette ein. Foto: dpa

Grün-Schwarz in Baden-Württemberg setzt sich im Sinne der Luftreinhaltung für die blaue Plakette ein – steht damit aber bundesweit ziemlich alleine da.

Stuttgart - Das zweitägige Treffen der Verkehrsminister im Haus der Wirtschaft in Stuttgart wird am Donnerstag harmonisch beginnen. Schließlich geht es um so zukunftsweisende Themen wie die „Ladesäulenverordnung“ oder die Wirkung des autonomen Fahrens. Aber am Freitag, wenn auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) als Gast hinzukommt, wird es wohl hitziger zugehen: Das grün geführte Landesverkehrsministerium in Stuttgart will mit aller Macht für die Einführung der blauen Plakette kämpfen, um die Luftverschmutzung in den Griff zu bekommen. Die blaue Plakette sollen nur Dieselfahrzeuge erhalten, die so sauber sind, dass sie die Euro 6 Norm erfüllen, und Benziner ab Euronorm 3. Älteren Dieselfahrzeugen könnte von 2020 oder 2021 an die Einfahrt in die Umweltzonen untersagt werden.

Die Südwest-CDU macht eine Kehrtwende

„Ohne die blaue Plakette geht es nicht“, sagte Uwe Lahl, Amtschef im Verkehrsministerium, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Er vertrat dort den an einer Lungenentzündung erkrankten Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Hermann will versuchen, zeitweise an der Fachministerkonferenz teilzunehmen. Sicher war das am Mittwoch aber nicht. Zufrieden hatte sein Ressort zur Kenntnis genommen, dass sich überraschenderweise auch die CDU-Fraktion im baden-württembergischen Landtag zur blauen Plakette bekennt – eine Kehrtwende. „Wir sehen sie als letztes Mittel zur Luftreinhaltung an“, erklärte die CDU-Verkehrsexpertin Nicole Razavi. Sie knüpfte ihre Zusage aber an Bedingungen: Es müsse Ausnahmeregelungen für Anwohner geben. Außerdem dürfe die Regelung nicht einem „Berufsverbot“ für Pendler und Handwerker gleichkommen, wenn man diese nicht mehr in die Städte lasse.

Dass Grün-Schwarz in Stuttgart seine Reihen schließt zugunsten der blauen Plakette, bringt die Sache bundesweit auch nicht voran. Die Einführung dieser ökologischen Einfahrterlaubnis ist nämlich eine Bundesangelegenheit. Mehrfach hatte sich Bundesverkehrsminister Dobrindt gegen die Plakette ausgesprochen. Im August ging auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) den Befürwortern der Plakette – sie wird seit zwei Jahren von Umweltverbänden verlangt – von der Fahne. Sie legte Pläne für eine Einführung der blauen Plakette vorerst auf Eis, beauftragte eine Arbeitsgruppe mit Alternativideen.

„Die Einführung der Plakette bestraft Millionen Autofahrer“

Nicht nur CDU-Minister, auch SPD-Landesverkehrsminister wie Olaf Lies aus Niedersachsen oder Michael Groschek aus Nordrhein-Westfalen sind vehement gegen das blaue Gebotsschildchen. „Die Einführung der Plakette bestraft Millionen deutscher Autofahrer und Handwerker, die nicht mehr in die Innenstädte fahren dürfen. Von mir gibt es definitiv kein grünes Licht für die Plakette“, sagte Olaf Lies kürzlich in Hannover. Michael Groschek sieht das ganz ähnlich: Es sei wichtig, die Stickoxidbelastung zu senken, aber bei der blauen Plakette hätten „ausgerechnet diejenigen die Zeche zu zahlen, die im guten Glauben auf den Kohlendioxid sparenden Dieselmotor gesetzt haben“. Besser sei es, meint Groschek, die Citybusflotten von Diesel auf Elektroantrieb umzustellen.

In Stuttgart weiß man allein den grünen Verkehrsminister in Hessen, Tarek Al-Wazir, der neben Hermann der zweite Grüne bundesweit in diesem Ressort ist, als Plakettenbefürworter an seiner Seite – sowie das rot-grün regierte Bremen. Und man hofft, dass sich die Verkehrsministerrunde von Argumenten überzeugen lässt. „Keiner sagt, wie wir die Luftreinhaltung ohne Plakette hinkriegen sollen“, sagt ein Ministeriumssprecher in Stuttgart.